Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
Vom Netzwerk:
waren untrügliche Zeichen, dass ich keine einzige Inhaberschuldverschreibung und auch keinen Krügerrand für ihn hatte.
    Das Restaurant selbst war dunkel, kühl und so ruhig, dass man eine American-Express-Platinkarte fallen hören konnte. Die hintere Wand bestand aus getöntem Glas mit einer Tür, die zur Terrasse führte. Und dort saß Deborah an einem kleinen Ecktisch und sah über das Wasser. Und ihr gegenüber, mit dem Gesicht zum Restaurant, saß Kyle Chutsky, der die Rechnung übernehmen würde. Er trug eine sehr teure Sonnenbrille, demnach tat er es vielleicht wirklich. Ich erreichte den Tisch, und ein Kellner materialisierte sich, um mir einen Stuhl heranzuziehen, der mit Sicherheit für jeden, der es sich leisten konnte, hier zu essen, viel zu schwer war. Der Kellner verbeugte sich nicht wirklich, aber ich erkannte, wie schwer ihm diese Zurückhaltung fiel.
    »Hi, Kumpel«, sagte Kyle, als ich mich setzte. Er streckte mir über den Tisch die Hand entgegen. Da er mich für seinen neuen besten Freund zu halten schien, beugte ich mich vor und schüttelte sie. »Wie läuft das Blutspurengeschäft?«
    »Jede Menge Arbeit«, erwiderte ich. »Und wie läuft das Geheimnisvoller-Besucher-aus-Washington-Geschäft?«
    »War nie besser«, antwortete er. Er hielt meine Hand einen Augenblick zu lang. Ich sah hinunter; seine Knöchel waren geschwollen, als hätte er zu oft mit einer Betonmauer trainiert, und sein rosa Diamant stach mir kurz ins Auge. Er wirkte verblüffend unmännlich, beinahe wie ein Verlobungsring. Als er meine Hand schließlich losließ, lächelte er und drehte den Kopf zu Deborah, wobei man wegen seiner Sonnenbrille nicht erkennen konnte, ob er sie ansah oder nur seinen Hals lockerte.
    Deborah lächelte ihn an. »Dexter hat sich Sorgen um mich gemacht.«
    »He«, sagte Chutsky, »wofür sind Brüder sonst da?«
    Sie warf mir einen kurzen Blick zu. »Das frage ich mich manchmal«, bemerkte sie.
    »Nun, Deborah, ich will eben nicht, dass dir jemand in den Rücken fällt«, sagte ich.
    Kyle kicherte. »Kein Problem, ich halte mich an die Vorderseite«, sagte er, und beide lachten. Sie langte hinüber und ergriff seine Hand.
    »Diese ganze hormonelle Glückseligkeit geht mir durch und durch«, sagte ich. »Sagt mal, versucht jetzt eigentlich jemand, dieses unmenschliche Ungeheuer zu erwischen, oder sitzen wir einfach nur so rum und machen unglückliche Wortspiele?«
    Kyle wandte mir wieder sein Gesicht zu und zog eine Augenbraue hoch. »Was interessiert dich das, Kumpel?«
    »Dexter hat eine Vorliebe für unmenschliche Ungeheuer«, warf Deborah ein. »Eine Art Hobby.«
    »Ein Hobby«, wiederholte Kyle, die Sonnenbrille noch immer auf mein Gesicht gerichtet. Ich nehme an, das sollte mich einschüchtern, aber seine Augen konnten ebenso gut geschlossen sein. Irgendwie gelang es mir, nicht zu zittern.
    »Er ist eine Art Amateurprofiler«, ergänzte Deborah.
    Er regte sich nicht, und einen Moment lang überlegte ich, ob er hinter seinen dunklen Gläsern wohl eingeschlafen war. »Aha«, sagte er endlich und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Nun, was meinst du zu diesem Typ, Dexter?«
    »Ach, bis jetzt nur die üblichen Grundzüge«, sagte ich. »Jemand mit viel Übung im medizinischen Bereich und heimlichen Aktivitäten, der durchgedreht ist und eine Art Aussage treffen möchte, irgendetwas zu Mittelamerika. Er wird es vermutlich wieder tun, und zwar so, dass er maximale Aufmerksamkeit erregt, nicht, weil er das Gefühl hätte, er
müsste
es tun. Demnach ist er eigentlich kein typischer Serienmörder. Was?«, sagte ich.
    Kyle hatte sein entspanntes Lächeln verloren und saß aufrecht mit geballten Fäusten vor mir.
    »Was meinst du damit, Mittelamerika?«
    Ich war verdammt sicher, dass wir beide wussten, was ich mit Mittelamerika meinte, aber ich dachte, El Salvador namentlich zu nennen wäre vielleicht ein wenig zu viel; es brachte nichts, wenn ich meine lässige Nur-ein-Hobby-Glaubwürdigkeit verlor.
    Aber der ganze Zweck meines Kommens war, etwas über Doakes herauszufinden, und wenn man eine Chance erkennt – nun, ich gebe zu, es war ein wenig offensichtlich, aber es hatte anscheinend funktioniert. »Oh«, sagte ich. »Stimmt das nicht?« Die langen Jahre der Übung menschlicher Mimik machten sich in diesem Moment bezahlt, als ich mein unschuldig neugieriges Gesicht aufsetzte.
    Kyle konnte sich anscheinend nicht entscheiden, ob das stimmte. Er mahlte mit den Kiefern und lockerte seine

Weitere Kostenlose Bücher