Dunkler Dämon
sein.
[home]
11
U nd so geduldete ich mich. Es war keine einfache Sache, aber es war eine Harry-Sache. Die glänzende Stahlfeder im Inneren bleibt gespannt, man verhält sich ruhig und wartet, beobachtet, die süße heiße Erlösung ist in ihrer Kühlbox fest verschlossen, bis es Harry-richtig ist, sie freizusetzen und durch die Nacht zu rollen. Früher oder später würde sich eine Chance ergeben, die wir nutzen konnten. Früher oder später würde ich eine Möglichkeit finden, Doakes abzuschütteln.
Ich wartete.
Natürlich ist das für einige von uns schwerer als für andere, und nur ein paar Tage später, an einem Samstagmorgen, klingelte mein Telefon.
»Gottverdammt«, meldete sich Deborah ohne jede Einleitung. Ihr altes, mürrisches Selbst zu hören war beinahe eine Erleichterung.
»Gut, danke, und dir?«, fragte ich.
»Kyle macht mich wahnsinnig«, sagte sie. »Er meint, wir könnten nichts tun, außer zu warten, aber er will mir nicht sagen, worauf. Er verschwindet zehn oder zwölf Stunden lang und sagt mir nicht, wo er gewesen ist. Und dann warten wir weiter. Ich habe es so verdammt satt zu warten, dass ich Zahnweh davon kriege.«
»Geduld ist eine Tugend«, sagte ich.
»Ich hab es auch satt, tugendhaft zu sein«, meinte sie. »Und Kyles herablassendes Lächeln, wenn ich ihn frage, was wir tun können, um diesen Kerl zu finden, kotzt mich total an.«
»Nun, Debs, ich weiß nicht, was ich da tun könnte, außer dich meines Mitgefühls zu versichern.«
»Ich glaube, dass du eine verdammte Menge mehr tun kannst, Bruderherz«, sagte sie.
Ich seufzte tief, hauptsächlich ihr zu Gefallen. Seufzer machen sich immer nett am Telefon. »Das ist das Ärgerliche an einem Ruf als Revolverheld, Debs«, sagte ich. »Jedermann glaubt, ich könnte einer Dohle jederzeit auf dreißig Schritt ein Auge herausschießen.«
»Das glaube ich auch«, sagte sie.
»Dein Vertrauen ist herzerwärmend, aber von dieser Sorte Abenteuer habe ich nicht die geringste Ahnung, Deborah. Es lässt mich total kalt.«
»Ich muss diesen Kerl finden, Dexter. Und ich will es Kyle unter die Nase reiben.«
»Ich dachte, du magst ihn.«
Sie schnaubte. »
Jesus
, Dexter. Du weißt überhaupt nichts über Frauen, oder? Natürlich mag ich ihn.
Darum
will ich es ihm ja unter die Nase reiben.«
»Oh, gut,
jetzt
ergibt es Sinn«, sagte ich.
Sie schwieg, dann äußerte sie sehr beiläufig: »Kyle hat ein paar interessante Sachen über Doakes gesagt.«
Ich spürte, wie mein reißzahniger Freund im Inneren sich ein bisschen räkelte und definitiv schnurrte. »Ganz plötzlich bist du sehr subtil, Deborah«, erwiderte ich. »Du hättest mich nur fragen müssen.«
»Ich habe gerade gefragt, und du hast mir diesen ganzen Mist erzählt, warum du mir nicht helfen kannst«, sagte sie, unvermittelt wieder die gute, alte offenherzige Debs. »Also, wie sieht es aus? Was hast du?«
»Momentan gar nichts«, sagte ich.
»Scheiße«, fluchte Deborah.
»Aber ich könnte vielleicht etwas herausfinden.«
»Wie bald?«
Ich gebe zu, Kyles Verhalten mir gegenüber hatte mich geärgert. Was hatte er gesagt? Ich würde »in der Scheiße stecken«, und jemand würde mich »runterspülen«? Ernsthaft – wer schrieb seinen Text? Und Deborahs plötzlicher Versuch, subtil zu sein, wo das doch traditionell mir zustand, hatte nichts dazu beigetragen, dass ich mich abregte. Ich hätte es nicht sagen sollen, aber ich tat es. »Wie wäre es gegen Mittag?«, sagte ich. »Um cirka dreizehn Uhr habe ich was für dich. Im Baleen’s, Kyle kann ja die Rechnung übernehmen.«
»Das muss ich noch sehen«, antwortete sie und fügte dann hinzu: »Die Sache über Doakes? Sie ist ziemlich gut.«
So, so,
sagte ich mir. Plötzlich machte mir der Gedanke an ein wenig Samstagsarbeit gar nichts mehr aus. Schließlich bestand die einzige Alternative darin, bei Rita herumzuhängen und zuzusehen, wie Sergeant Doakes Moos ansetzte. Aber wenn ich etwas für Debs entdeckte, mochte sich am Ende endlich die kleine Chance eröffnen, auf die ich schon so lange hoffte. Ich musste einfach nur der kluge Junge sein, für den wir alle mich hielten.
Aber wo beginnen? Es gab nur sehr wenig, an das man anknüpfen konnte, da Kyle die Abteilung von dem Fall abgezogen hatte, bevor wir wesentlich mehr tun konnten, als nach Fingerabdrücken zu suchen. In der Vergangenheit hatte ich bei meinen Polizeikollegen häufig Pluspunkte gesammelt, indem ich ihnen half, die kranken und verrückten Dämonen
Weitere Kostenlose Bücher