Dunkler Engel
zubereitete.
»Guten Morgen, mein Engel«, sagte er zu ihr.
Rachel stand da und starrte ihn an: »Wo kommt das ganze Essen her ? Ich hatte weder Schinken noch Eier und auch kein Brot im Haus. Und wie spät ist es eigentlich?«
Zanus reichte ihr eine Tasse Kaffee. »Hier, setz dich und trink das.
Du bist ja noch gar nicht richtig wach, oder?« Er ging wieder zum Herd. »Um deine erste Frage zu beantworten: Ich habe den traurigen Inhalt deines Kühlschranks gesehen. Lebst du tatsächlich von Taco-Dip und Diät-Cola? Ich bin zum Supermarkt gegangen und hab einen kleinen Vorrat besorgt. Und die zweite Frage: Es ist acht Uhr.
Ich bin ein Frühaufsteher und wollte dich nicht wecken.«
Rachel trank ihren Kaffee und dachte, dass das wahrscheinlich der verrückteste Morgen ihres Lebens war. Sie saßen am Küchentisch und tranken ihren Kaffee, als Zanus anfing, über ihre Arbeit zu reden.
»Hast du schon eine Entscheidung getroffen?«
»Eine Entscheidung worüber ?«, fragte sie, obwohl sie ganz genau wusste, was er meinte.
»Du weißt genau, worüber - über diese Aktien, von denen ich mochte, dass du sie platzierst. Wir haben an einem unserer letzten Abende darüber gesprochen. Das Timing stimmt. Der Markt ist heiß, und du weißt das. Erinnerst du dich daran, wie wir über deine Zukunft gesprochen haben? Du verschwendest dein Talent in dieser Firma. Und Freeman ist sich dessen gar nicht bewusst. Du bist brillant an der Börse. Stell dir nur vor, du könntest dort völlig uneingeschränkt agieren, ohne die Firma im Nacken.«
Rachel hatte das alles schon einmal gehört. Am letzten Abend hatten sie und Zanus genau diese Unterhaltung geführt. Plötzlich wurde ihr klar, dass das ihre Aussprache gewesen war. Es sollte gar nicht um ihre persönliche Beziehung gehen, sondern um ihre geschäftliche Verbindung.
Na, wenigstens hatte er sich nicht mit einem Kuss auf die Wange verabschiedet und gesagt, dass er anrufen wurde. Zumindest dachte er an die Zukunft. Jetzt fühlte sie sich wegen der letzten Nacht ein bisschen besser.
»Freeman nutzt dich aus«, sagte Zanus eindringlich. »Er zahlt dir einen Hungerlahn und macht ein Vermögen durch dich. Du solltest kündigen und es auf eigene Faust versuchen.«
»Wie ich dir schon erklärt habe, mein Lieber, die einzige Möglichkeit, das zu erreichen, wäre, einen eigenen Sitz an der Börse zu haben, und das Geld habe ich einfach nicht. Der letzte Sitz dort hat Millionen gekostet.«
»Was, wenn es einen Weg gäbe, dieses Kapital aufzubringen?
Würdest du es dann machen?« Zanus horte auf, den Schinken in Stücke zu schneiden, drehte sich um und schaute Rachel an.
»Sofort!«, sagte sie lachend. »Aber in Bankraub bin ich nicht so gut.
Und diese Gefängniskleidung steht mir einfach nicht.«
Sie lächelte ihn über ihre Kaffeetasse hinweg an.
Zanus lächelte nicht. Er war todernst.
Er machte den Herd aus. »Es gibt einen Weg, Rachel. Zumindest für den Anfang. Ich habe einen Freund, der einen Globex-Computer besitzt. Du könntest damit am elektronischen Handel teilnehmen.«
»Du hast tatsächlich ernsthaft darüber nachgedacht, oder?«
Zanus sprach so überzeugend, dass Rachel anfing, selber daran zu glauben. Schon nach ihrem ersten Jahr auf dem Parkett hatte sie davon geträumt, ihren eigenen Sitz zu haben.
Sie war immer erfolgreich gewesen. Sie hatte immer an der Spitze mitgemischt. Sie war gut. Verdammt gut.
Sich von der engstirnigen, jedes Risiko vermeidenden kon-servativen Art, mit der sich Freeman dem Markt näherte, zu befreien, war extrem reizvoll für Rachel. Wenn sie ihren eigenen Sitz hätte, könnte sie ihre eigenen Geschäfte betreiben. Sie würde das ganze Risiko alleine tragen, aber auch die
Belohnung dafür kassieren. Das war der Traum eines jeden erfolgreichen Börsenmaklers.
Aber die Sitze waren limitiert, und es war extrem schwer, einen zu ergattern. Normalerweise wurden sie innerhalb der Familie weitergegeben, vom Vater an den Sohn oder in seltenen Fällen auch vom Ehemann an seine Frau. Das lag daran, dass ein unabhängiger Börsenmakler in Abhängigkeit vom Wert des Sitzes Handel treiben, ihn als Druckmittel benutzen konnte. Auf diese Weise könnte sie so viel Geld machen, dass sie in der Lage wäre, sich mit dreißig zur Ruhe zu setzen. Oder vielleicht ein Risikokapitalanleger werden.
Rachel könnte ihr eigener Boss werden.
Alles, was sie zu tun hatte, war, Zanus' Vorschlag zuzustimmen.
Lass ihn mich noch einmal verführen, sagte sie
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