Dunkler Engel
schon einmal Gedanken darüber gemacht, was passiert, wenn sie sich in dich verliebt?«
»Ich glaube nicht, dass da große Chancen bestehen«, murmelte Derek.
»Da hast du wahrscheinlich recht«, sagte William.
»Da hättest du jetzt aber nicht so schnell zustimmen müssen.«
Derek warf dem Engel einen vorwurfsvollen Blick zu.
»Derek«, sagte William ernst, »du möchtest ihr Vertrauen gewinnen und nicht ihre Zuneigung. Du bist nur für eine kurze Zeit auf der Erde. Wenn dieser Auftrag hier erledigt ist, wirst du zu deinen Pflichten zurückkehren. Du wirst aus ihrem Leben verschwinden, und sie wird nicht wissen, wie oder warum. Du könntest ihr unendlich wehtun.«
»Ich denke, ich kann dir versichern, es besteht keine Gefahr, dass Rachel Duncan sich in mich verlieben wird ...«, fing Derek an.
Von einem Klopfen an der Tür wurde er unterbrochen. Es waren zwei der Hausbewohner. An den verärgerten Gesichtsausdrücken konnte Derek erkennen, dass sie beide wohl schon eine geraume Zeit vor der Tür standen. Derek, der froh war, Williams durchdringendem Blick zu entkommen, eilte los, um sie hereinzulassen. »Was wollen sie?«, fragte William irritiert. »Sie wollen herein«, sagte Derek über seine Schulter hinweg. »Sie wohnen hier. Das gehört zu meinem Job ...«
»Oh ja, richtig«, William fing an, den Hut in seinen Händen zu drehen. Fassungslos schüttelte er seinen Kopf und murmelte etwas in seinen Bart.
Das Pärchen, beide in Tennisklamotten, sauste mit einem eisigen Blick des Missfallens durch die Tür. Derek entschuldigte sich, aber der Mann ging einfach darüber hinweg.
»Ist Ihnen eigentlich klar, wie lange wir schon da draußen gestanden haben?«, fragte er Derek wütend.
»Ganz abgesehen davon, dass Sie nicht draußen waren, um uns die Wagentür zu öffnen«, fügte die Frau hinzu.
»Und das alles nur, weil Sie so sehr damit beschäftigt waren, sich mit einem ... einem Obdachlosen zu unterhalten.« Der Mann warf William einen vernichtenden Blick zu.
»Diese Person hat hier nichts zu suchen.« Die Frau zog ein Taschentuch aus ihrer Tasche und hielt es sich vor die Nase. »Dieses Haus ist kein Unterschlupf für Obdachlose!«
»Na ja, vielleicht sollte es das sein, Lady!«, schrie William und sprang auf.
Derek versuchte einzulenken, aber William schob ihn zur Seite. Der Erzengel war aufgebracht.
»Sie sollten wissen, dass es eine Schande ist, wie Sie die Obdachlosen in dieser Stadt behandeln.« William richtete seinen Finger auf das Pärchen. »Eine absolute Schande! Besonders für Sie, Jimmy Raye Cyrus.«
Dem Mann fiel die Kinnlade herunter. Er war vor Wut rot angelaufen, aber jetzt verschwand alle Farbe aus seinem Gesicht. Er war so blass wie die Unterseite eines toten Fisches. Er schluckte.
»Sie müssen mich mit jemandem verwechseln. Das ist nicht mein Name ...«
»Oh doch, das ist er. So hat man Sie nach Ihrer Rückkehr genannt.
Es ist nichts dran an dem hochtrabenden James-Ray-mond-Cyrus-der-Dritte-Quatsch. Sie sind als schlichter Jimmy Raye geboren worden, und Ihr Großvater war ein obdachloser Landstreicher, auch wenn sie in den Tagen der großen Depression Nichtsesshafte genannt wurden. Ihr Großvater sprang auf fahrende Züge auf, als er jung war, und übernahm hier und da seltsame Jobs, bis er genug Geld zusammengekratzt hatte, um die kleine Werkstatt zu eröffnen.
Dann kam Ihr Vater, und durch harte Arbeit ist es ihm gelungen, aus der kleinen Werkstatt eine Kette von Shops für Autoersatzteile zu machen, die man in jeder größeren Stadt von hier bis Kalifornien findet. Nicht dass Sie das wüssten, Jimmy Raye, oder? Sie haben sich ja niemals für die Geschäfte Ihrer Familie interessiert. Sie sind viel zu sehr damit beschäftigt, Tennis zu spielen.«
»Das tut mir wirklich sehr leid, Mr. Cyrus«, sagte Derek, als er versuchte, den tobenden Erzengel zu fassen, um ihn aus der Tür zu zerren.
Mr. Cyrus sagte gar nichts. Er starrte William mit einem verstörten Gesichtsausdruck an. Seine Frau glich sein Schweigen wieder aus. Sie plapperte wütend drauflos.
William riss sich von Derek los und startete einen neuen Angriff.
»Und lassen Sie sich noch eins sagen, Jimmy Ray«, fuhr William fort. »Wenn Ihr Vater während des Vietnamkriegs nicht die Dinge mit der Einberufungsbehörde geregelt hätte, dann wären Sie heute wahrscheinlich einer von den obdachlosen Veteranen, die draußen unter der Brücke schlafen.«
»James! Warum stehst du hier herum und hörst dir das alles an?«,
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