Dunkler Engel
lange durchgehalten.« Sie hielt einen Moment inne und fragte dann:
»Du bist mir nicht mehr böse, oder? Ich war ganz durcheinander ...«
»Nein, natürlich bin ich dir nicht böse«, antwortete er, und seine Stimme wurde wärmer. »Wie ich schon gesagt habe, es ist etwas dazwischengekommen. Ich rufe dich morgen an.« Erlegte auf. Mit einem bangen Gefühl klappte Rachel ihr
Handy zu. Sie sagte sich selbst, dass Zanus ein Geschäftsmann war, ein Mann, der weltweit agierte. Natürlich gab es in seinem Leben Dinge, die »dazwischenkamen«. Es war nur seltsam, dass das ausgerechnet nach dem Abend passierte, an dem sie ihren ersten Streit gehabt hatten.
Sie war extrem wütend gewesen, als er in seinem Wagen vor ihrer Wohnung gewartet hatte, bis sie nach Hause kam, wie ein Vater nach dem Zapfenstreich auf seine jugendliche Tochter. Außerdem war sie ein wenig besorgt gewesen, dass er Derek sehen würde, also hatte sie ihn in ein Gespräch verwickelt und ihm unmissverständlich klargemacht, dass das Problem mit Derek, dem Portier, ihre Sache war und er sich da raushalten solle. Sie war sehr gut in der Lage, mit ihm fertig zu werden, und brauchte keinen großen, starken Mann, der sie beschützte. Sie hatte alles unter Kontrolle. Er war derjenige gewesen, der die Schlägerei angefangen hatte. Er hatte den ersten Schlag ausgeteilt und so weiter und so fort. Sie war unglaublich erleichtert, als sie gesehen hatte, dass Dereks Taxi wegfuhr. Das war sehr klug von ihm gewesen.
Zanus hatte ihr zugehört und sich bei ihr entschuldigt. Sie war absolut im Recht. Er hatte ganz klar Grenzen überschritten. Er hatte sogar gesagt, wie sehr er es genossen habe, ihre Freundinnen kennengelernt zu haben und dass er sich schon darauf freue, sie wieder zu treffen. Dann hatte er ihr einen Kuss gegeben und war gegangen.
Und nachdem er sich den ganzen Tag nicht gemeldet hatte, hatte er nur deshalb angerufen, um ihre Verabredung abzusagen.
Sie fragte sich, ob sie ihn anrufen solle, ermahnte sich dann aber selbst, nicht dumm zu sein. Sie würde anhänglich und hilfsbedürftig klingen. Wenn er ihre Beziehung wegen so etwas beenden würde, dann sollte sie es besser sofort erfahren. Sie würde sich zu Hause einen ruhigen Abend machen. Vielleicht würde sie sich beim Chinesen etwas bestellen und einen der alten Doris-Day-Filme gucken, die ihre Mutter ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Ihre Mutter hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Rachel eines Tages zur Besinnung kommen und sich in Doris Day verwandeln würde.
Sie hatte in der letzten Nacht kein Auge zugetan, deshalb entschied sie sich, direkt nach Hause zu gehen und nach Börsenschluss nicht noch in ihrem Büro vorbeizuschauen, wenn sie dort nicht gebraucht würde. Man brauchte sie nicht. Das überraschte sie nicht. Mr.
Freeman spielte freitagnachmittags fast immer Golf, wenn schönes Wetter war, und heute schien die Sonne. Es war kaum eine Wolke am Himmel. Rachel nahm sich ein Taxi.
Auf dem Nachhauseweg entschied sie, nicht beim Chinesen zu bestellen, sondern sich etwas zu gönnen. Sie war so nervös gewesen, als sie mit Zanus und ihren Freundinnen aus war, dass sie am letzten Abend kaum etwas gegessen hatte. Sie sagte dem Taxifahrer, er solle sie zum Drake bringen, einem kleinen alten Hotel am Seeufer.
Die Bar war voller junger Geschäftsleute. Zuerst hatte sie einen trockenen Martini getrunken, dann bestellte sie sich einen Salat, eine Schüssel der berühmten Bookbinder-Suppe mit Sherry und ein Glas Weißwein. Und weil es ein schöner Abend war, entschied sie, zu Fuß nach Hause zu gehen. Vielleicht würde ihr die Bewegung ja gut tun.
Als sie sich ihrem Haus näherte, war es schon stockdunkel. Rachel verlangsamte ihr Tempo, während sie auf ihr Haus zuging. Sie fragte sich, ob Derek wohl noch im Dienst war.
Sie hoffte, dass das nicht der Fall war. Er war heute Morgen sehr höflich und aufmerksam gewesen, aber sie war seinetwegen noch ziemlich verwirrt; je weniger sie von ihm sah, desto besser. Alles in allem war er gestern Abend richtig süß gewesen. Er war zweifellos attraktiv und stark. Jedes Mal, wenn sie daran dachte, wie er den Arm um sie gelegt hatte, nachdem sie sich den Fuß verstaucht hatte, hatte sie Schmetterlinge im Bauch. Und sie ertappte sich dabei, dass sie viel an ihn dachte, mehr, als es für jemanden, der in einer festen Beziehung lebte - noch dazu mit einem Mann, der der Traum einer jeden Frau war ~, gut war.
Derek hatte etwas Mysteriöses an sich,
Weitere Kostenlose Bücher