Dunkler Engel
Kamera gingen aus. Die Nacht war plötzlich unglaublich dunkel.
»Okay, das war's erst einmal, Leute«, sagte Ron zu seiner Crew.
»Lasst uns nach Hause fahren und dieses Baby überarbeiten. Wir haben gerade noch genug Zeit, um es bis zu den 22-Uhr-Nachrichten zu schaffen. Frohes Schaffen, Mr. de Molay.«
Er schüttelte wieder Dereks Hand, der jetzt auch von Leuten aus der Menge und von dem Polizeibeamten beglückwünscht wurde. Zu Rachels Verdruss schloss Mr. Fraym sich diesen Leuten an. Er schüttelte Dereks Hand und posierte mit ihm für ein Foto, das ein Reporter für die Chicago Tribune machte.
Mein Gott! War denn jeder Nachrichtenreporter Chicagos heute Abend hier? Bis jetzt hatte sie so ein ruhiges, normales, friedliches Leben gelebt... Was war bloß auf einmal los ... ?
»Gnädige Frau, würden Sie vielleicht jetzt gerne einen Kommentar abgeben?« Die Reporterin tauchte wieder vor Rachel auf.
»Oh, nein, kein Kommentar«, sagte Rachel. Sie drehte sich um und wollte gerade wieder ins Haus zurückgehen, als ein Polizist auf sie zukam.
»Gnädige Frau, wenn Sie uns bitte zum Streifenwagen begleiten würden. Wir brauchen eine Aussage ...«
Rachel machte ihre Aussage. Sie hatte eigentlich nicht viel zu erzählen. Es war alles so schnell gegangen. Als der Polizist mit ihr fertig war, ging Rachel langsam die Stufen vor dem Haupteingang hinauf. Sie erblickte Fraym, der einen Arm um Derek gelegt hatte und ihm eine Gehaltserhöhung versprach. Rachel schüttelte den Kopf. Sie wollte gerade die Tür aufmachen, als Derek kam, um sie für sie zu öffnen. Das war sein Job.
»Rachel«, sagte er ernst, »ich möchte, dass Sie wissen, dass ich den jungen Mann nicht zusammengeschlagen habe. Ehrlich. Er muss mit dem Kopf aufgeschlagen sein, als er hingefallen ist...«
»Vergessen Sie es«, sagte sie und hatte Schwierigkeiten, ihm in die Augen zu sehen. Sie erinnerte sich an die Angst, die sie um ihn gehabt hatte. »Jetzt sind Sie ein Held. In den Nachrichten und überall. Oh, danke, dass Sie meine Handtasche zurückgebracht haben. Sie haben sie als Beweismittel mitgenommen, sonst würde ich Ihnen eine Belohnung geben ...«
Derek sah sie verletzt an. »Ich will Ihr Geld nicht haben«, sagte er kühl. »Ich dachte, wir wären Freunde.«
Rachel schüttelte den Kopf. Sie konnte mit dem Kloß, den sie im Hals hatte, nicht sprechen. Dereks Züge entspannten sich. Er legte seine Hand auf ihre.
»Sie sind in Sicherheit, Rachel. Das ist das Wichtigste«, sagte er.
Seine Hand war stark und warm, und seine Nähe tat ihr gut.
Wieder einmal war sie versucht, so wie letzte Nacht, den Kopf an seine Schulter zu legen und all ihre Sorgen und ihren Frust herauszuheulen. Dann kam ihr in den Sinn, dass die Hand, die die ihre gerade hielt, möglicherweise noch Blutspuren seines Opfers aufwies. Sie war sich nicht ganz sicher, ob sie mehr über Derek oder über sich selbst enttäuscht war, weil sie sich eingebildet hatte, dass sie vielleicht Gefühle für ihn hatte. Er hatte sie verraten. Zanus hatte sie verraten.
Rachel löste ihre Hand aus seinem Griff und ging durch die Tür, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Schließlich löste sich die Menschenmenge auf, die Leute kümmerten sich wieder um ihre eigenen Angelegenheiten. Mr. Fraym ging in sein Apartment zurück und war ganz scharf darauf, seine Mutter anzurufen, um ihr zu erzählen, dass sein Bild morgen in der Zeitung wäre. In Rachels Apartment ging das Licht aus. Derek stand auf der Treppe und sprach mit William.
»Das ist ja gerade noch einmal gut gegangen«, sagte William und wischte sich mit dem, was noch von seinem Hut übrig war, über die Stirn. »Du warst schon wieder ganz schön nah dran, gefeuert zu werden. Gut, dass ich in der Nähe war, um auf dich aufzupassen.
Trotzdem sind wir noch nicht aus dem Schneider. Du hast es wieder einmal geschafft, Rachels Vertrauen zu verlieren.«
»Ich habe diesen Mann nicht verletzt«, sagte Derek halbherzig. »Ich schwöre dir, William, bei meiner Ehre, dass ich so etwas niemals tun würde! Kein wahrer Ritter würde jemals jemanden schlagen, der schutzlos ist, ganz egal, was er getan hat.«
»Ich glaube dir«, sagte William und sah ihn ernst an.
»Was ist denn dann passiert? Der Dieb hat sich ja nicht selbst verprügelt ...«
»Oh doch, auf eine gewisse Art und Weise hat er das getan.«
»Red nicht so einen Unsinn ...«, fing Derek an, hielt dann inne und starrte William entsetzt an. »Zanus!«
»Ich fürchte, ja. Das war
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