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Dunkler Rausch der Sinne

Dunkler Rausch der Sinne

Titel: Dunkler Rausch der Sinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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leere Ausdruck von Wahnsinn.
    Immer wieder hieb er mit den Händen an die hohe Steinmauer. Jedes Mal
sprühten Funken, und Rauch stieg auf, und jedes Mal riss er mit einem schrillen
Schrei seine Hände weg, nur um einen Schritt weiterzugehen und es von Neuem zu
versuchen, mit genau demselben Ergebnis. Die Mauer konnte unmöglich unter
Strom stehen, und doch schien es so zu sein, da sie jedes Mal knisterte, wenn
der Fremde sie berührte. Er war hartnäckig und ließ sich nicht im Geringsten
davon abschrecken, dass seine Haut versengt wurde.
    Jaxon stand auf und stieg auf die Balkonbrüstung, um aufs Dach zu
klettern. Sie war zu klein; ihre Finger verfehlten ihr Ziel um mehrere
Zentimeter. Gereizt starrte sie zur Dachrinne hinauf. Wenn sie nur eine Minute
nachdachte, würde ihr schon noch etwas einfallen. Sie wollte dieses abartige
Geschöpf auf keinen Fall aus den Augen lassen. Es führte nichts Gutes im
Schilde, und es machte ihr eine Gänsehaut. Als sie sich umdrehte und dabei
automatisch ihr Körpergewicht verlagerte, um nicht das Gleichgewicht zu
verlieren, warf sie einen Blick auf den Himmel, um den Stand der Sonne zu
beobachten.
    Zu spät entdeckte sie das feine, silbrige Spinngewebe, das aus den
Wolken hervorleuchtete und sich von oben auf sie herabsenkte, wie ein Netz,
das sie umschließen sollte.
    Lucian! Wie von selbst, fast zwanghaft, nicht wie aus eigenem
Antrieb stieß sie den Ruf nach ihm aus. Außer in ihrem Job würde sie so etwas
nie tun - einen anderen um Hilfe rufen. Das seltsame, glitzernde Netz verharrte
mitten in der Luft, blieb dort einen Moment lang hängen und fiel schließlich
wirkungslos auf den Boden.
    Jaxon spürte, wie ihre schmächtige Gestalt von unsichtbaren Händen auf
den sicheren Boden des Balkons zurückgestellt wurde. Sie konnte Lucians Finger
tatsächlich um ihre Taille spüren. Gleich darauf drängte er sie mit sanfter
Gewalt ins Haus zurück. Die Schiebetür schloss sich, und der Riegel wurde energisch
vorgeschoben. Jaxon stemmte beide Hände gegen das dicke Glas und spähte nach
unten zu der grotesken Erscheinung, die immer noch die Stärke der Mauern
überprüfte. Statt seine Hände zu benutzen, warf sich der Mann jetzt mit seinem
ganzen Körper an die harte Oberfläche, und rings um ihn herum sprühten im
schwindenden Tageslicht Funken auf.
    Er schaute zu ihr hoch, sodass seine toten Augen ihrem Blick
begegneten, und seine Bemühungen wurden noch entschlossener. Immer härter
schmetterte er seinen Körper an die Steine. Jaxon stand wie angewurzelt da und
beobachtete hilflos die Szene des Grauens, die sich tief unter ihrem sicheren
Standort abspielte. Als die Sonne am Horizont zu versinken begann, stieß der
Fremde ein leises Knurren aus und fing an, die Erde unter der Mauer
aufzugraben, wobei er ängsdich gen Himmel spähte.
    Jaxons Herz klopfte laut, als sie die hohe, elegante Gestalt aus dem
dichten Buschwerk auf der Nordseite des Gebäudes treten sah. Lucian ging weder
schnell noch langsam. Sein makelloses, schiefergraues Jackett betonte die
breiten Schultern, sein Haar fiel lose herab, und die Augen glitzerten in
seinem unbewegten Gesicht. Wenige Schritte vom Tor entfernt blieb er stehen und
hob eine Hand. Der Funkenregen versiegte sofort, und der Fremde erkannte, dass
das Grundstück ungeschützt war. Die Tore schwangen auf.
    Jaxons Aufmerksamkeit wurde durch Unheil verkündende, finstere
Wolkenberge abgelenkt, die sich gerade am Himmel auftürmten. Irgendetwas ging
ganz furchtbar schief! Sie versuchte die Tür zu öffnen, geriet in Panik vor
Angst um Lucian, vor Angst, er könnte die Gefahr, die vom Himmel drohte, übersehen,
weil das Geschöpf unten auf der Erde so zielsicher auf ihn zustrebte. Hilflos
hämmerte sie an die Glasscheiben, versuchte, sich umzudrehen und nach unten zu
laufen, aber sie war nicht in der Lage, mehr als ein, zwei Schritte zu machen.
Sie schluckte schwer und zog ihren Browning in der Hoffnung, dass Lucian kein
kugelsicheres Glas verwendet hatte.
    Im Geist suchte sie verzweifelt Kontakt zu ihm. Lucian! Irgendetwas
kommt von oben und es ist wesentlich schlimmer als dieses Monster bei dir! Lass
dir von mir helfen! Ihm konnte nichts passieren, redete sie sich verzweifelt ein. Ihm
durfte nichts passieren.
    Sie empfand sofort ein Gefühl von Wärme, von Beruhigung, das sie in
Wellen zu überfluten schien. Einen kurzen Moment lang spürte sie sogar, wie sie
von seinen Armen umschlossen wurde. Jaxon legte eine Hand ans Glas, in der
anderen Hand den

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