Dunkler Rausch der Sinne
die Barriere, die sie im Haus festhielt, aufgehoben worden war.
Sie legte Waffe und Fernglas auf die oberste Stufe und lief die breite Wendeltreppe
hinunter ins Erdgesehoss.
Lucian machte ihr Angst - die Macht, die er ausübte, die Tatsache,
dass er Leben so leicht auslöschen konnte, dass er über den Himmel selbst
herrschen konnte, dass er Feuer in seiner Hand halten konnte, ohne sich zu
verbrennen. Und doch wollte sie ihn berühren - nein, sie musste ihn berühren, um zu wissen,
dass er nicht einen einzigen Kratzer abbekommen hatte.
Lucian kam ins Haus geschlendert, groß und mächtig und gefährlicher als
alles, was ihr je im Leben begegnet war. Sein Gesicht war ausdruckslos, ruhig,
wie immer vollkommen beherrscht. Aber etwas an der Art, wie er sich bewegte,
verriet ihn, und Jaxon hielt im Laufen inne und blieb mitten im Wohnzimmer
abrupt stehen. Lucian bewegte sich ohne zu zögern mit geschmeidigen Schritten
weiter, floss durch das Zimmer wie Wasser. Nur in seinen Augen flackerte etwas,
das sie nie zuvor gesehen hatte.
»Lucian.«
Ihre Hand legte sich schützend an ihre Kehle.
Er gab keine Antwort, nahm nur ihr schmales Handgelenk in seinen
unbarmherzigen, eisernen Griff und ging mit ihr durch den Flur in sein privates
Arbeitszimmer. Als sie hereinkamen, schwenkte er leicht eine Hand, und sofort
loderten Flammen im Kamin auf. Mit einer einzigen Bewegung drehte er sich zu
ihr um und legte seine Finger um ihren Hals, drängte sie mit einem Schritt an
die Wand und hielt sie dort mit der überlegenen Kraft und Größe seines Körpers
gefangen.
Jaxons Herz setzte einen Schlag aus. Hilflos starrte sie ihn aus weit
aufgerissenen Augen an. Plötzlich sah er wie das gefährliche Raubtier aus, das
er tatsächlich war.
»Du wirst dich meinen Befehlen nicht noch einmal widersetzen und dich
in Gefahr begeben.« Seine Stimme war so leise, dass sie ihn kaum verstehen
konnte, aber sie hörte die eiserne Härte, die in seinen Worten mitschwang. Sein
dunkler Blick glitt über ihr Gesicht, düster, besitzergreifend und mit diesem
neuen, unbekannten Ausdruck, der ihr Herz vor Angst hämmern ließ. Im nächsten
Moment senkte er abrupt seinen Mund auf ihren und ihr Herz hörte gänzlich auf
zu schlagen.
Der Boden unter ihren Füßen bebte. Sie spürte seine ungeheure Kraft in
den Fingern, die sich um ihre Kehle schlössen, fühlte die harte Aggressivität
seines Körpers und erkannte seinen plötzlichen Entschluss. Sie sollte ihn
aufhalten ... musste ihn aufhalten, aber sein Körper war so heiß und schwer vor
Verlangen und sein Hunger überwältigte sie. Sie würde hier und jetzt in
Flammen aufgehen, sein Mund auf ihrem, seine Hand an ihrem Hals, als wollte er
sie für ihren Wunsch, ihn zu beschützen, bestrafen. Außerstande, einen klaren
Gedanken zu fassen, stieß sie einen kleinen Protestlaut aus, obwohl sich ihr
Körper schon an seinen schmiegte.
»Hör zu, meine kleine Liebste.« Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und
legte seine Stirn an ihre. »Noch liebst du mich nicht, ich weiß. Aber du bist
eine starke Frau, und obwohl du das Untier in mir gesehen hast, hat dein erster
Gedanke meinem Wohlergehen gegolten. Ich mache dir nur Angst, weil du nicht
begreifen kannst, was ich bin.«
»Du bist mein Leben«, fuhr er
nach einer kurzen Pause fort, »der einzige Grund für mein Dasein, mein Herz und
meine Seele, die Luft, die ich atme. Ich habe über zweitausend Jahre ohne Freude
gelebt, und in der kurzen Zeit, die wir zusammen sind, hast du jede einzelne
dieser dunklen, endlosen Minuten nachträglich lebenswert gemacht. Im Augenblick
kannst du unmöglich die Tiefe meiner Gefühle für dich ermessen, das ist mir
klar, aber du musst es versuchen. Du gehörst zu mir. Das weiß ich ohne den
Hauch eines Zweifels. Und meine Gefühle werden im Lauf der Zeit immer stärker
werden.«
Seine
Fingerspitzen glitten über ihr geliebtes Gesicht und vergruben sich in ihrem
seidenweichen Haar. »Ich brauche dich voll und ganz, Jaxon, für alle Zeiten.
Ich brauche dich sicher und beschützt, damit ich nie wieder mit dem Wissen aufwache,
dass du dich in Gefahr begeben hast. Und das würdest du tun, immer wieder. Es
ist keine Auflehnung; es entspricht einfach deiner Natur, andere zu beschützen.
Und wenn ich sage, dass ich dich voll und ganz brauche, musst du wissen, dass
ich mich geradezu verzweifelt nach deinem Körper sehne.«
Ihre
Furcht verriet sich in ihren Augen, in dem verräterischen Hämmern ihres Herzens.
»Ich war noch nie mit
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