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Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Titel: Dunkler Schlaf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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Verbrechensrate in der Stadt, Themen gibt es genug. Die unbrauchbaren jungen Leute, den Müll in den Straßen. Den ganzen synthetischen Dreck im Essen, Sie wissen schon, was ich meine. Sie nickte und trank. Es tut gut, einer Meinung zu sein.
    Obwohl wir gute Plätze hatten, konnte ich streckenweise nicht hören, was auf der Bühne gesagt wurde. In der Pause tranken wir noch einen Portwein. Ich verstand das Stück nicht, aber das erwähnte ich nicht. Ich zuckte erbarmungslos mit den Schultern und sagte, na ja, schlecht ist es vielleicht nicht, aber ich habe wirklich schon Besseres gesehen. Und Runi war meiner Meinung. Das Theater allerdings war prachtvoll. Rot und gelb. Der Kronleuchter ein Traum aus Kristall. Hunderte von winzig kleinen Prismen. Und durch jede einzelne Fläche fiel Licht. Runi sagte, er sei in Tschechien hergestellt worden. Ein Geschenk der Sparkasse. Der alte von 1870 brannte mit Gas, war 1910 aber elektrifiziert worden. Georg Resch, sagte Runi wichtig, habe die Initiative ergriffen. Das bißchen, was sie weiß, zeigt sie gern. Es dauerte einige Zeit, bis wir draußen standen. An allen Ausgängen quollen die Leute aus dem Saal und versperrten den Weg. Ich war zwischen fremden Menschen eingezwängt und wurde weitergeschoben. Ich nahm die vielen unterschiedlichen Gerüche wahr, schweres Parfüm und Rauch von den ersten Zigaretten. Das Stimmengewirr. Ein wogendes Rauschen, das sich hob und senkte. Wenn ich die Augen zumachte, hätte ich mich treiben, mich einfach fallen lassen können. Aber solchen Versuchungen kann ich problemlos widerstehen. Ich richtete meinen Blick fest auf Runis Mantel; ich hatte das Gefühl, jeden Moment von Menschen zerquetscht zu werden, die Luft wurde mir knapp. Da ist es doch besser, fernzusehen oder ein Buch zu lesen. Aber dann waren wir endlich draußen, und die Menge zerstreute sich in alle Richtungen. Ich sagte, ich wolle ein Taxi nehmen. Und hoffte auf einen norwegischen Fahrer. Ich bin keine Rassistin, aber ich verstehe das gebrochene Norwegisch dieser Leute nicht. Und dann ärgern sie sich. Die sind ja ohnehin leicht reizbar; nein, ich wollte einfach keinen von ihnen Irma Funder aussetzen. Also hoffte ich auf einen Norweger.
    Der Marktplatz mit dem Taxistand war zwei Blocks entfernt. Ich ging am Fluß entlang und blieb an der Ecke stehen. Starrte die endlose Schlange aus jungen Menschen an, die sich gegenseitig knufften und pufften, die fluchten und schrien. Da konnte ich mich nicht anstellen, nicht um alles in der Welt. Eine Weile blieb ich stehen, zweifelnd und fröstelnd, und konnte einfach keinen Entschluß fassen, was mir gar nicht ähnlich sieht. Ich mußte also zu Fuß gehen. Es war fünf vor Mitternacht. Als ich zu der in Flutlicht getauchten Kirche hinüberschaute, dachte ich wie ein Kind: Jetzt fängt die Geisterstunde an. Ich schaute mich ratlos um, konnte aber nur die lärmende Meute am Taxistand und einige einzelne, umherirrende Gestalten entdecken. Ein freies Auto glitt heran, löschte die Lichter und war schon verschwunden. Ich erwog, an der Ecke stehen zu bleiben, bis die Schlange kürzer war. In diesem Moment kam ein Paar und stellte sich hinten an. Steckte Zigaretten an. Ich überquerte den Platz und ging weiter durch die Hauptstraße. Auf der Hauptstraße konnte mir nichts passieren, und die führte bis zum Park. Erst danach wurde es wirklich dunkel. Ich ging, so schnell ich konnte, auf der rechten Straßenseite, aber meine Schuhe störten. Ich bemühte mich, uninteressant zu erscheinen, was ich ja auch bin, aber meine Schuhe verrieten mich. Da hätte ich auch gleich eine Glocke um den Hals tragen können. Komm, greif mich an, komm, greif mich an, schrien meine Schuhe. Ich hatte Geld in der Handtasche, aber nicht viel. Ich bin doch nicht blöd. Gerade genug für ein Taxi. Ich kam am Optiker und am Fahrradladen vorbei. Glaubte, hinter mir Schritte zu hören, drehte mich aber nicht um. Sollte ich dabei jemanden sehen, das wußte ich, würde ich in Panik geraten. Ich hatte es nicht weit bis nach Hause. Nach wenigen Minuten würde alles vorüber sein. In Gedanken sah ich das Haus vor mir, mein Haus mit den grünen Fensterrahmen und der Lampe über der Tür, die ich eingeschaltet hatte, die mich willkommen hieß. Nach wie vor war mir, als hörte ich etwas, leichte Schritte, keine klappernden wie meine, und ich konnte mich nicht länger beherrschen. Da sah ich sie! Zwei junge Männer. Ich rief mich energisch zur Ordnung. Auf der Straße waren Leute, sie

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