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Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Titel: Dunkler Schlaf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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die Frau Zeitungen, wie alle anderen. Schließlich drehte sie sich um. Sie starrten in das weiße Gesicht. Sofort ging die Frau schneller, doch dabei machten ihr die Absätze Probleme. Sie war erst acht oder zehn Schritte weitergekommen, als sie sich schon wieder umdrehte, die Straße überquerte und sich dem Schaukasten eines Immobilienmaklers näherte. Der Schaukasten warf einen großen Lichtkegel, vielleicht fühlte sie sich dadurch sicherer. Sie ging an einem Park vorbei, bog nach links ab, entfernte sich immer weiter von der Innenstadt. Inzwischen hatten sie die Thornegata erreicht und näherten sich einem Hang. Wieder bog die Frau nach links ab. Die Straße führte durch ein Villenviertel mit älteren Häusern. Andreas schlug vor, daß sie sich trennten.
    »Ich bleibe hinter ihr«, flüsterte er. »Sie wird sich beruhigen, wenn nur noch einer übrig ist. Du gehst durch die Gärten – so, daß sie dich von der Straße aus nicht sehen kann. Wir bringen die Alte nach Hause.«
    Zipp gehorchte. Er starrte der Frau hinterher und dachte an ihre Angst, Todesangst womöglich. Ihre Schuhe klapperten über den Asphalt. Andreas folgte ihr den Hang hinauf, Zipp verschwand in einem Garten, lief zwischen Büschen und Obstbäumen weiter, unsichtbar in der Dunkelheit. Andreas konnte ihren keuchenden Atem hören. Er bemühte sich, langsam zu gehen. Die Frau schaute sich immer wieder um, er schritt ruhig aus. Er fühlte sich eiskalt, tastete nach seinem Messer. Vielleicht betete die Frau. Mitten auf dem Hang bog sie ab. Jetzt ist sie fast in Sicherheit, dachte er. Ging weiter, warf einen Blick in ihre Richtung, hörte Schritte auf einem Kiesweg. Ein Tor fiel ins Schloß. Ein Schlüssel wurde umgedreht. Jetzt hatte er die andere Seite des Hauses erreicht, zwängte sich durch die Hecke, schlich sich in den Garten, tauchte ein in die Dunkelheit zwischen den Bäumen. Er blieb stehen und horchte. Jemand blies ihm in den Nacken.
    »Die Alte ist im Haus. Was machen wir jetzt?«
    Zipps Augen leuchteten in der Dunkelheit, wenn auch getrübt, wie Flammen hinter einem beschlagenen Fenster. Mein bester und einziger Freund.
    Andreas dachte kurz nach. Dann nahm er sein Halstuch ab und zog es zwischen seinen Fingern hindurch.
    »Scheiße. Willst du die Alte abmurksen?«
    Zipp war blaß. Im Haus wurde das Licht eingeschaltet. Ein schwacher Schein fiel nach draußen auf das Gras.
    »Hältst du mich für einen Vollidioten?«
    Andreas band sich sein Halstuch vor das Gesicht, nur seine Augen waren noch zu sehen. Danach zog er die Mütze aus der Hosentasche, setzte sie auf und verstaute seine Haare darunter. Er legte Zipp eine Hand auf die Schulter, und das Wunder geschah, sie durfte dort liegenbleiben. Einen Moment lang hatte er vor Dankbarkeit weiche Knie. Sie würden alles teilen. Das schreckliche Geheimnis, das bei der Kirche im Gras lag, und das, was sie jetzt vorhatten. Es war nichts wirklich Großes. Sie wollten einfach einer Oma Geld abnehmen. Nicht der leiseste Einwand gegen diesen Plan tauchte in ihren heißgelaufenen Gehirnen auf.
    »Du wartest hier. Ich geh rein.«
    »Die Alte hat sicher abgeschlossen«, sagte Zipp skeptisch.
    »Ich komme rein, wo ich reinwill.« Andreas’ Stimme klang tief und fest. Er wollte Buße tun für das, was geschehen war. Der Schmerz mußte von etwas überschattet werden, da war pure Angst nützlich. Spannung erfaßte seinen Körper, befreite ihn von dem lähmenden Gefühl, das bei der Kirche über ihn gekommen war.
    »Scheiße, Andreas«, murmelte Zipp. »Das ist dirty business.«
    »I am the business.« Andreas grinste und verschwand um die Ecke. Nicht das größte und gefährlichste Tier im Wald, aber das geschmeidigste, das schnellste und vielleicht das schlaueste. Kein Feind in Sicht, nur leichte Beute. Zipp drückte sich an die Hauswand. Er war nicht groß genug; durch das Fenster sah er in dem, was er für das Wohnzimmer hielt, nur die Decke und einen Kronleuchter. Ganz still stand er in der Dunkelheit. Wenn sie nur keinen Mann mit Schrotgewehr und keinen Scheißköter hatte. Ihm war klar, was passieren konnte, und zugleich war er vor Spannung außer sich. Das kam von dieser schwarzen Nacht mit den seltsamen Lichtern. Von den stummen Bäumen, dem Tau im Gras, das im Mondlicht silbrig glänzte. Er lehnte sich an die Wand und drückte sein Ohr gegen die kühlen Bretter.

 
    A ndreas mit seinem Aussehen bekam bestimmt die Mädchen, die er wollte. Es ist leicht, das Schöne zu lieben. Die Gläubigen

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