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Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Dunkler Schlaf: Roman (German Edition)

Titel: Dunkler Schlaf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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sprechen mit törichtem Leuchten in den Augen von Gottes vollkommener Schöpfung. Manche Menschen aber sind ungewöhnlich häßlich. Solche wie ich. Die müssen sich unendlich mehr anstrengen. Auf andere Qualitäten setzen gewissermaßen. Aber sogar ich habe einen Mann gefunden, falls nicht Henry mich gefunden hat. Ich war so überrascht, als er mir seinen Antrag machte, so maßlos gerührt, weil ihn das solchen Mut gekostet haben mußte, daß ich sofort ja sagte. Ich ging nicht davon aus, daß es noch andere Angebote geben würde. Sollte ich, Irma Funder, noch weitere Anträge erhalten? Ich mit meinen zusammengewachsenen Augenbrauen und den viel zu dicken Waden? Mit meinen Pferdeknochen? Ich dachte nicht weiter darüber nach, ob ich ihn liebte oder nicht, so viel verlangte ich gar nicht vom Leben. Ist das nicht auch nur Arbeit, die getan werden muß? Was bedeutet es schon zu lieben? Einen anderen Menschen mehr zu brauchen, als wir uns selbst brauchen? Das wunderschöne Gefühl, endlich die eigene Welt zu verlassen, loszufliegen und die Welt eines anderen zu erreichen? Ich weiß nicht, was auf dieser Welt mich von mir selbst befreien könnte, abgesehen vom Tod. Und was läßt uns trauern? Daß wir etwas nicht mehr haben? Ich betrauere nicht einmal Henry. Oder meinen Sohn, der sich nie blicken läßt. Hat überhaupt je ein Mensch einen selbstlosen Gedanken? Ich helfe Runi jetzt, weil sie mir gestern geholfen hat. Wenn ich dieses Kind innig genug liebe, wird es mich später auf Händen tragen. Wenn ich alt bin. Na ja, Ingemar tut das nicht. Aber ich habe das wohl gehofft. Gleichgewicht. Kaufen und Verkaufen. Wir müssen überleben, müssen über diese Baustelle balancieren, die die Welt darstellt und nie fertig wird. Wir bauen und bauen, wir wagen nicht innezuhalten; solange wir bauen, hoffen wir, etwas aufzutürmen, das alles andere übertreffen wird. Dann begegnen wir einem anderen Menschen und lassen uns fallen. Der Rest sind Hormone, Wärme, Körperflüssigkeiten, ein pochendes Herz. Das ist alles, was uns durchströmt. Biochemie. Verstehen Sie? Henry und ich, wir haben sogar ein Kind bekommen. Lebten wie alle anderen – das glaubte ich zumindest. Als er verschwunden war, fand ich es zunächst sehr still im Haus, aber ich habe mich schnell daran gewöhnt. Ich fühlte mich wohl allein. Brauchte nicht die ganze Zeit zu fragen, was er meinte und glaubte. Natürlich bin ich einsam, wer ist das nicht? Andere Dinge sind schlimmer. Krankheit und Schmerz. Erniedrigung. So wie Andreas mich erniedrigt hat. Er war gedankenlos, vor allem aber jung. So gesehen, hatte er wohl Anspruch auf Verständnis. Haben das alle? Ich weiß nicht, warum er sich für mich entschieden hatte, vielleicht war das ein Zufall, so wie das Leben auf widerliche Weise vom Zufall bestimmt ist.
    Runi rief an und wollte mit mir ins Theater gehen. Es ist nach dem Brand frisch renoviert. Der König persönlich hat es eingeweiht, allein der Kronleuchter gilt als Erlebnis, Runi wußte das alles aus dem Fernsehen. Das Stück hieß »Zufällige Verbindungen«. Ich sagte zu, als sie anrief; ich hätte absagen sollen. Ich habe es immer gefährlich gefunden, nachts in der Stadt unterwegs zu sein. Auf dem Marktplatz wird Heroin verkauft. Aber sie durfte nicht den Verdacht schöpfen, ich sei eigenbrötlerisch, deshalb sagte ich zu. Sie ist mein Alibi. Ich muß ab und zu ein wenig Interesse zeigen, wenn ich im großen und ganzen meine Ruhe haben will. Ich machte mich zurecht. Es war noch hell, und ich kam nicht einmal auf die Idee, mich vor den zwanzig Minuten Fußweg in die Innenstadt zu fürchten. Ich entschied mich für ein marineblaues Kleid mit weißem Kragen. Darunter trug ich feine Wäsche, eine Seidenhose und ein enges Hemd, das alles an Ort und Stelle hielt. Ich ging in hochhackigen Schuhen, es war ja nicht weit. Wir hatten Zeit genug. Wir setzten uns ins Foyer und tranken ein Glas Portwein. Ich prägte mir ein, wo es zur Damentoilette ging, das mache ich immer. Runi plapperte und lachte die ganze Zeit, und ab und zu beklagte sie sich, wie üblich, über die Jugend und was ihr sonst noch einfiel. Über das Leben ganz allgemein. Ich stimmte ihr hier und da zu, denn Menschen, die sich nie beklagen, wirken auf irgendeine Weise verdächtig. Runi jedenfalls hätte Verdacht geschöpft, und deshalb klagte ich ein wenig über den Bus, obwohl ich doch zu Fuß bekommen war. Daß der nie pünktlich ist. Und über die Fernsehprogramme. Über die ständig wachsende

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