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Dunkler Schnee (German Edition)

Dunkler Schnee (German Edition)

Titel: Dunkler Schnee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Klein
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warteten, war sie es, die sich bald verabschiedete. Claus blieb bei seiner Tochter in der Wohnung; er hatte einige Aufgaben an Alexander Rose abgetreten immer mit der Ausrede, die Hochzeit stünde kurz bevor. Die Versuche, Laurens persönlich zu erreichen, waren ergebnislos. Sie konnten nur auf seine Abwesenheit hoffen und bauten darauf, dass er die hinterlassene Nachricht zeitlich passend abhören würde.
    Marisa bat den Vater, ihren Koffer aus dem Keller zu holen. Sie selber begann aus dem Kleiderschrank ihre Sachen zusammenzustellen. Wenig später hörte sie ein Geräusch im Flur und rief: „Ich bin hier! Du kannst mir den Koffer gleich reinbringen!“ Doch Claus erschien nicht. Stattdessen kam Laurens ins Zimmer. „Du?“, fragte Marisa erstaunter, als es gut für sie war. Sogleich besann sie sich, ging auf ihn zu und küsste ihn leicht auf den Mund, so sehr es ihr auch widerstrebte. „Da bist du ja“, versuchte sie eine Entschärfung ihres Erstaunens, aber in ihrem Kopf schrillten zehn Alarmglocken auf einmal. Hatte sie das Jahrbuch wieder zurückgelegt? Wo war ihr Vater? Hatte Laurens was bemerkt? Hatte sie den Computer wieder abgeschaltet? Und da hakte es; die Website von der Schule war bestimmt noch online. Der Bildschirmschoner würde sie verdecken, aber Laurens brauchte nur eine Taste zu drücken oder die Maus zu bewegen, und er würde den Namen Marco Schueler lesen und ihr auf die Schliche kommen! Also, Ruhe bewahren, harmlos scheinen.
    „Was machst du?“ Den misstrauischen Unterton konnte Laurens nicht verbergen.
    „Ich packe!“
    „Warum?“
    „Oh, ich hatte versucht, dich zu erreichen, du warst ja nahezu verschollen …“, sie lachte albern, „meine Eltern möchten mich gerne noch mal für sich haben, weißt schon – einzige Tochter bald verheiratet und so.“ Sie wedelte unbeholfen mit der rechten Hand in der Luft. „Wir müssen noch das Brautkleid anpassen und ändern lassen, die Menüfolge steht noch nicht. Es gibt noch so wahnsinnig viel zu tun! Das interessiert dich ja auch nicht so, oder? Wir wollen einfach noch ein bisschen Zeit zu dritt haben, so wie früher.“ Sie schaute ihn bange an, ob er ihren harmlosen Tonfall schlucken würde. Er blickte zweifelnd, nickte aber schließlich und sagte nur: „Dachte, du bist auf der Arbeit.“
    „Oh, Georg hat mir freigegeben. Ich sah ihm zu schlecht aus.“ Sie versuchte ein Grinsen und fügte noch an: „Das Wochenende mit Yvonne steckt mir noch ein bisschen in den Knochen und die Geschichte mit dem Auto.“
    „Ach so, ja, wie war denn das eigentlich?“ Er tat neugierig, trat aber von einem Fuß auf den anderen und Marisa sah ihm an, dass er sich sehr zusammenriss. Dass sie hier aufeinanderstießen, war nicht in seinem Plan vorhanden gewesen. Nun mussten sie beide flexibel sein. Wenn es nicht so ernst wäre, wäre das echt zum Lachen, dachte sie bitter. Wo nur ihr Vater blieb? Sie unterdrückte den Impuls zu rufen und flehte innerlich, Laurens respektive Marco möge schnell verschwinden.
    Wie absurd das Ganze ist, da stehe ich hier mit meinem Verlobten, weiß genau, dass er mich reinlegen will, und tu so, als sei alles in Ordnung. Ich muss pervers sein oder verrückt oder beides … bevor sie den Gedanken zu Ende denken konnte, schrillte das Telefon. Marisa zuckte zusammen. Laurens, der gerade Anstalten machte, ein paar frische Sachen aus seiner Kommode zu holen, fragte nur: „Gehst du ran?“
    „Ach nee, lass mal klingeln, ich muss schnell machen, meine Mutter wartet.“ Sie nahm ein paar T-Shirts aus dem Schrank. Das Läuten hörte auf, der Anrufbeantworter sprang an. „Marisa?“, ertönte eine etwas knatschig klingende Stimme. „Marisa? Hallo? Hier spricht deine Tante Renate. Wieso ist die Hochzeit abgesagt? Deine Mutter rief eben an, sie klang sehr unglücklich! Kind, sag, Bescheid, wenn ich dir helfen kann.“
    Erstarrt stand Marisa am Schrank. Aus den Augenwinkeln heraus sah sie die gleiche Reaktion bei Laurens. Dann drehte er sich langsam zu ihr um, blickte sie ausdruckslos an. Sie sammelte sich einen kurzen Augenblick, dann packte sie alles an Mut, was sie besaß, in einen Satz: „Ich weiß Bescheid, Marco!“
    Mit zwei Schritten war er bei ihr, presste sie mit seinem ganzen Gewicht an den offenen Kleiderschrank. Die Kanten der Einlegeböden drückten sich an ihre Rippen und in den Nacken, sie fühlte seinen Arm an ihrem Hals, dann packte er sie und drückte sie an die geschlossene Seite des Schranks. Wieder legte er seinen

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