Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkler Schnee (German Edition)

Dunkler Schnee (German Edition)

Titel: Dunkler Schnee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Klein
Vom Netzwerk:
erzählen.
    „Also, ab diesem Zeitpunkt habt ihr die Polizei eingeschaltet?“, stellt Adam eine Zwischenfrage.
    „Ab da ging es nicht mehr anders. Als ich ohnmächtig in meiner Wohnung lag, lag mein Vater einen Absatz tiefer im Treppenhaus und war schwer verletzt. Laurens hat ihn die Treppe hinuntergestoßen. Eine Nachbarin, die den Krach mitbekommen hat, hat die Polizei gerufen. Jetzt konnten wir nichts mehr verheimlichen. Aber bevor die Polizei Fragen stellen konnte, vergingen ein paar Stunden. Mein Vater war nicht vernehmungsfähig, meine Mutter hat zusätzlich so viel Wirbel im Krankenhaus gemacht, um diesen Journalisten abzuwimmeln, dass ein ruhiges Gespräch sowieso nicht möglich war. Und ich selber habe mich ja stundenlang übergeben.“ Marisa schüttelt sich bei dieser Erinnerung.
    „Und Laurens? Oder sollte ich lieber Marco sagen? Was ist mit ihm geschehen?“
    „Ja, warte, es geht noch weiter. Als mein Vater der Polizei berichten konnte, was sein Freund Herbert herausgefunden hatte, ging die Fahndung nach Marco gleich raus, aber er hatte ja alle Zeit der Welt, um zu verschwinden.“
    „Ist er vorbestraft?“, fragt Adam.
    „Oh ja, er hat eine Menge Vorstrafen! Es handelt sich in allen Fällen um Körperverletzung. Und so einer ist Masseur – ich kann es immer noch nicht begreifen.“ Sie lacht seelenlos.
    Adam fasst zusammen, wie um die Angelegenheit in ihrer Gesamtheit zu verstehen: „Ein Mann, ein Kollege, kommt dir nahe, ihr verliebt euch. Also, du verliebst dich in ihn. Er bemüht sich um dich, weil er weiß, dass deine Eltern reich sind, und er hofft, mit deinem Geld eine eigene Praxis aufzumachen.“ Marisa nickt und ergänzt: „Eine Praxis oder irgendein anderes Geschäft. Dazu kam, dass er alleine niemals einen Kredit bekommen hätte, weil er Schulden hatte. Ich wusste nie, wie hoch die Schulden waren, aber heute vermute ich, er hatte rein gar nichts, im Gegenteil, er wird hoch verschuldet sein. Er hoffte wohl mit unserer Hochzeit einen Neuanfang zu schaffen.“
    Der Kanadier fährt fort: „Okay, dann kam die Sache mit dem Ehevertrag, die seine Pläne durchkreuzte. Wenn er diesen Vertrag eingegangen wäre, hätte er – nach deutschem Recht – keinen Anspruch auf dein Geld gehabt. Du meinst also, er hätte auch deinen …“ Er zögert.
    Marisa fällt ihm ins Wort: „Meinen Tod? Ja, er hätte vermutlich auch meinen Tod in Kauf genommen, um mich zu beerben. Davon müssen wir ausgehen.“
    „Er konnte also seinen Plan nicht durchführen. Dann kam der andere Mann, Volker, ins Spiel.“
    „Richtig.“
    „Volker und Marco kannten sich von der Schule. Volker sollte dich verführen, was er auch geschafft hat.“
    Marisa wird rot. So nüchtern ausgesprochen macht es sie immer noch verlegen.
    Adam redet unbeirrt weiter: „Deine Affäre war dann der Grund, dich und deine Eltern zu erpressen. Wenn ich das richtig verstehe, ging es hauptsächlich um die Reputation deines Vaters.“
    „Ja, das war ein wichtiger Punkt. Damit hatte Marco einen Trumpf in der Hand.“
    „Dann kam der Angriff in der Wohnung, nachdem ihr die Wahrheit über Laurens/Marco herausgefunden habt. Und wie ging es dann weiter? Was war mit Volker?“
    Marisa ist tief in die Couch gesunken. Sie hätte niemals gedacht, dass der Albtraum von damals noch einmal ihr Leben so durcheinanderwerfen würde.
    Der Versuch, das Auto mit ihr und Adam auf die Schienen zu drängen, hat sie wieder bis in ihre Grundfesten erschüttert. Es tut ihr gut, sich Adam anvertrauen zu können, aber sie merkt, wie ihr die Puste ausgeht. Sie ist keine Langstreckenläuferin, aber diese Geschichte droht zum Marathon zu werden. „Lass uns eine Pause machen, ja?“, fragt sie leise. Adam sieht sie aufmerksam an, dann verwandelt sich seine nachdenkliche Miene in eine mitleidvolle. „Oh, Marisa, Schatz, das tut mir alles so leid!“ Er setzt sich zu ihr und nimmt sie in den Arm. Sie lässt es sich gefallen, fühlt sich einen Moment lang geborgen und wohlig behütet. Ihr geht durch den Kopf, dass jede Frau einen schwulen Freund haben sollte, und muss darüber innerlich lächeln. Es hilft, die Wut über die Vergangenheit im Zaum zu halten. Sie schließt die Augen. Mehrere Minuten lang sagen beide kein Wort. Erst jetzt hört sie, dass im Hintergrund leise Musik dudelt. Adam hat sie wohl angestellt, als er Kaffee gemacht hat. Sie genießt das Schweigen und die Klänge irischer Volksmusik. Plötzlich hört sie Adams Magen knurren. „Oh mein Gott, ich wollte

Weitere Kostenlose Bücher