Dunkler Spiegel
eines Betazoiden ständig mit dem gefühlsmäßigen Gepäck anderer Leute verschmutzt wird, hatte Deanna einen dieser lächerlichen Fehler begangen, mit dem Familienangehörige einen noch jahrelang aufziehen. Als sie den Begriff mentaler Block gehört hatte, hatte sie sich vorgestellt, ihre Barrieren wären genau das – Blöcke, bunt und zu einer Mauer zwischen ihr und dem aufgeschichtet, was sie aussperren wollte. Nun stapelte sie sie so schnell wie möglich in ihrem Verstand auf, die mit den Buchstaben und Zahlen darauf, und die mit den gemalten Bildern von Tieren, deren Farben schon ein wenig abblätterten und verblichen waren. Doch diese Blöcke waren absolut zuverlässig – sobald sie erst einmal errichtet waren. Wenn sie nervös war, nestelte sie manchmal ein wenig an ihnen herum. Doch nun rammte sie sie mit hektischer Schnelligkeit an Ort und Stelle und sah, wie die Wand wuchs, zwang sie, schier undurchdringlich zu werden, denn heute stand mehr auf dem Spiel als nur ihr Leben. Geordi war im Augenblick noch sehr verwundbar, und sie durfte nicht zulassen...
»Ich hab's«, sagte Geordi leise und drückte einen weiteren isolinearen Chip ins Leselaufwerk der Konsole. »Ich fahre mit dem Kopieren fort.«
Der Kern des verlegenen Zorns kam schnell näher. Troi hob ihren Phaser, stellte ihn auf volle Betäubung ein und wartete. »Sie kommt«, flüsterte sie Geordi zu.
Sie sah, daß er erschauerte und gleich wieder aufstöhnte, weil die Bewegung ihm Schmerzen bereitete. Dennoch zog er den Chip aus dem Leselaufwerk der Konsole und ersetzte ihn durch einen anderen. »Ein Drittel habe ich, Counselor.« Mehr sagte er nicht.
Troi biß auf ihre Lippe, baute sich hinter der Tür auf und wartete.
Direkt vor der Tür erklang das Geräusch von Phaserfeuer. Aus dem Kontrollschalter der Tür sprühten Funken. Die Tür flog auf.
Natürlich stürzte zuerst einer der Sicherheitswächter herein; es bestand nicht die geringste Chance, daß sie den Raum zuerst betreten hätte, schon weil es unter ihrer Würde war. Deanna betäubte den Mann augenblicklich.
Der draußen lauernde Geist fiel über den ihren her. Seine Macht war schrecklich; sie wurde von irgendeiner unglaublichen Ausbildung verstärkt. Genauso schrecklich war, daß Deanna diese Ausbildung begehrte. Ich könnte auch so eine Macht haben , dachte sie.
Der Wall aus Blöcken zitterte. O nein , dachte Deanna, wütend darüber, daß sie sich so leicht in Versuchung führen ließ. Aber jetzt wollte sie nichts mehr davon wissen. Sie griff nach dem anderen Geist, rang mit ihm. Dann kam der Schock der Befriedigung, als sie durch die mittlerweile wiederhergestellte Verbindung zwischen ihnen die Beunruhigung der anderen wahrnahm. Die andere mochte mehr rohe Kraft haben, aber Deanna hatte Finesse. Die andere schlug auf ihre Blöcke ein und stellte fest, daß sie zu stabil errichtet worden waren: Immer wieder hämmerte sie darauf ein, und vor Zorn und Verachtung wurde sie immer aufgebrachter.
Aber ihr Gegenstück hatte keinerlei Blöcke errichtet – offensichtlich war sie der Meinung, daß sie keine benötigte. In gewisser Hinsicht war es urkomisch, denn sie weigerte sich, Deanna als eine zweite Version ihres Ichs zu akzeptieren – denn hätte sie dies getan, hätte sie mit Deannas Blöcken umgehen können, als wären es ihre eigenen, und sie von innen heraus niederreißen können.
Doch Deanna wußte genau, daß sie mehr oder weniger ein und dieselbe Person waren – ganz gleich, wie verabscheuungswürdig die Vorstellung war – und sie den anderen Geist beeinflussen konnte, als wäre es ihr eigener. Sie lachte lautlos auf und ließ die andere ungerührt auf ihre Schutzwälle einhämmern, während sie hinter einem davon hervorglitt und sich dem Geist der anderen Counselor unbemerkt von hinten näherte und dann tief mit einem weißglühenden Messer der Wut zustach, wie die Counselor es bei Geordi gemacht hatte.
Die Counselor reagierte auf die Verletzung mit einem lautlosen Schrei der Qual und Überraschung. Deanna genoß das Gefühl, und während die andere wie erstarrt dastand, trat sie einfach um den Türpfosten herum und auf den Gang. Dort stand die Counselor, allein, nicht imstande, sich zu bewegen, unfähig, dem eisernen Griff zu entkommen, mit dem Deanna sie gepackt hielt. Deanna trat ganz ruhig zu ihr und schlug ihr mit dem Phaser gegen die Schläfe.
Die Counselor stürzte wie ein gefällter Baum. »Man kann sich auch zu sehr auf die Kräfte des Geistes verlassen«,
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