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Dunkler Spiegel

Titel: Dunkler Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Duane
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hatte nie einen solchen Kern aus unterdrücktem Zorn in sich gehabt. Und darüber lag eine Verbitterung, der schreckliche Eindruck eines Verrats und ein brodelnder Rachewunsch – aber alles stark blockiert, überaus frustriert, weil die Person, die diese Gefühle hatte, genau wußte, daß sie nichts daran ändern konnte. Der Mann saß in der Falle, er hatte irgendwie versagt, und er hatte Angst um sich selbst. Sie nahm wahr, daß sein Verstand sich ruhelos bewegte, wie der eines Tiers im Käfig, das nach einem Ausweg suchte und keinen fand, woraufhin es seine Bewegungen wiederholte, weil es keine Hoffnung gab, es aber nichts anderes tun konnte.
    Na schön , sagte sie sich, das ist ein Ausgangspunkt. Worauf wartest du? Doch Deanna brauchte noch ein paar Sekunden, bevor sie es über sich brachte, den Raum zu betreten.
    Ryder und Detaith sahen sie an, als sie hereinkam, lächelten ihr zu und traten beiseite, damit sie ungehindert zum Diagnosebett gehen konnte. Der Mann, der darauf lag, bewegte sich nicht, hielt die Augen geschlossen – oder versuchte zumindest, diesen Eindruck zu erwecken. Als die Tür sich geöffnet hatte, war er innerlich zusammengefahren – doch als er dann hörte, daß die Schritte neben seinem Bett endeten, blieb er ganz ruhig liegen und wartete.
    Deanna entschloß sich, die Initiative zu übernehmen: »Hallo, Mr. Stewart. Oder sind Sie gar nicht Stewart?«
    Aus dem Augenwinkel sah sie, daß Picard, Crusher und Geordi sie durch die Glastür des Büros der Ärztin beobachteten, sah sie reagieren, als der Mann die Augen aufriß. Doch sie konnte ihnen nur wenig Aufmerksamkeit schenken. Sie war zu sehr damit beschäftigt, sich gegen die abrupte, verzweifelte Sturzflut der Furcht zu wappnen, die aus dem Mann hinausschoß und direkt auf sie gerichtet war. Körperlich blieb er völlig ruhig, und bei Deanna stellte sich ein Gefühl ein, das sich in das Bild eines kleinen Tiers verwandelte, das unter den gnadenlosen Augen eines Raubtiers ganz still dalag, um nicht bemerkt und ge fressen zu werden. Er starrte sie an, öffnete den Mund und schloß ihn wieder. In ihm kämpften absolutes Entsetzen und Qualen miteinander. Wären die Gefühle Worte gewesen, hätten sie so ähnlich gelautet wie: O Gott, nein, sie haben mir nichts davon gesagt.
    Deanna kämpfte um ihr eigenes Gleichgewicht. Sie beherrschte die primitive Technik, etwas zu sagen, nur um die Gefühle, die ihr Gegenüber ihr entgegenbrachte, zu ihren Gunsten zu verändern. Sie verspürte die Versuchung, schob den Drang aber entschlossen beiseite. »Ich glaube, Sie müssen uns einiges erklären«, sagte sie und bewahrte absichtlich eine nicht drohende Körperhaltung, hielt die Arme locker an ihrer Seite, als wolle sie ihn nicht zu einer Antwort drängen, die er von sich aus nicht geben wollte. Sie verzichtete auf jede Einschüchterung, eine gute Methode, um ihm die Chance zu geben, die Sorgen auszudrücken, die ihn plagten.
    »Als bräuchten Sie noch Erklärungen«, sagte Stewart. Er bemühte sich, mutig zu klingen, doch es gelang ihm nicht; seine Angst schwang deutlich mit. Er versuchte verzweifelt, sie zu überzeugen, doch er selbst war alles andere als überzeugt.
    »Warum sagen Sie mir nicht, weshalb Sie versucht haben, in den Computerkern zu gelangen?«
    Stewart starrte sie an. Er zitterte nun. Aus dem Augenwinkel sah sie, daß Picard im Nebenraum aufstand und verständnislos von ihr zu dem Mann auf dem Diagnosebett schaute. Stewart setzte sich auf. Ryder und Detaith traten näher heran. Deanna winkte sie zurück. »Nein, es ist schon in Ordnung. Ich will hören, was er zu sagen hat.«
    »Dann war also alles nur ein Trick«, sagte Stewart. »Die ganze Sache. Eine Holodeck-Simulation?« Er schaute sich um, sah dann wieder Troi an, zuckte zusammen, als bereitete es ihm fürchterliche Angst, sie direkt anzusehen. »Warum ich?« platzte er heraus. »Was habe ich falsch gemacht? Ich war immer loyal.«
    »Was glauben Sie, wie man Sie hereingelegt hat?« Deanna fiel es nun schwer, nicht ebenfalls zu zittern. Die Furcht des Mannes galt nur teilweise seiner Lage, diesem Ort; hauptsächlich hatte er vor ihr Angst. Sie verstand nicht genau, warum er solche Angst verspürte, doch in seinem Hinterkopf bewegten sich Gestalten, duckten sich; da war etwas Schlimmeres als der Tod, etwas Schlimmeres als bloße Folter, etwas Schlimmeres als... Deanna schirmte sich vor den unausgereiften Bildern ab, so angsteinflößend waren sie. Auf jeden Fall konnte sie sie

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