Dunkler Spiegel
dann lediglich mit Starfleet Command Kontakt. Irgendwann würde das Spiel auffliegen – man würde das Schiff in Gefilde zurückbeordern, in denen Einzelheiten über die Crew bekannt waren, zurück zu einer Starbase oder sogar zur Erde, zu Wartungszwecken oder der Einsatzbesprechung für eine neue Mission. Früher oder später würde jemand herausfinden, daß die Besatzungsmitglieder sich nicht so benahmen, wie es eigentlich der Fall sein sollte. Und diese Schauspielerei würde für eine Crew aus diesem Universum das schwierigste Problem sein. Spocks Nachtrag zu seinem Bericht entsprach vollauf den Tatsachen: Sein Captain und dessen Kameraden hatten diesen Zwischenfall lediglich überlebt, weil ein zivilisierter Mensch leichter vorgeben konnte, ein Barbar zu sein, als ein Barbar vorgeben konnte, zivilisiert zu sein. Doch trotzdem würden sie das Spiel eine geraume Weile durchhalten können. Und während dieses Zeitraums konnte jemand, der mit aller Kraft daran arbeitete, aus den Computern der Enterprise und den normalen Datenübertragungen von Starfleet Command sehr viel über die Föderation in Erfahrung bringen. Und was mit einem Schiff geschehen konnte...
... konnte auch mit mehreren geschehen. Hinter ihrem Plan mußte wesentlich mehr stecken. Allein diese Erkenntnis genügte, um Picard zu überzeugen, daß man sie aufhalten mußte, selbst wenn man dazu das Schiff vernichten mußte, auf dem er sich gerade befand, und er selbst mit ihm untergehen würde.
Aber das genügte vielleicht nicht. Wenn es der Enterprise nicht gelang, dem Heimatuniversum eine Warnung zukommen zu lassen, würde es erneut geschehen, zu einer anderen Zeit, mit einem anderen Schiff, und weiß der Himmel, wie es dann ausgehen würde.
Er verließ die Dusche, legte eine andere Uniform an, die der entsprach, die er getragen hatte, befestigte daran den Kommunikator und die Orden, kehrte dann in den Raum zurück und blieb einen Moment lang stehen, versuchte, sich zu beruhigen. Wenn er nur die Ruhe bewahrte, würde ihm schon etwas einfallen. Ihm fiel immer etwas ein.
Er schaute sich um und versuchte, kleine Unterschiede zwischen seinem Quartier und diesem auszumachen. Doch alles schien genauso zu sein, wie es sein sollte, ein Umstand, der ihm an die Nerven ging. Das Bett war gemacht, die Einrichtung sah genauso aus wie in seinem Quartier, nichts wirkte ungewöhnlich.
Sein Blick fiel auf das Bücherregal. Seine alten Freunde zu Hause hatten ihn gewarnt, und genauso war es gekommen: Es war unmöglich, »nur ein paar Bücher zu haben«, selbst hier auf einem Raumschiff, einer Umgebung mit gravierenden Raum- und Gewichtsbeschränkungen. Doch die Bücher schienen sich einfach zu vermehren, ganz gleich, wie sorgfältig er bei ihrer Auswahl vorging. Man machte ihm Bücher zum Geschenk, oder sie sprangen ihm einfach in die Hände, wenn er sich auf fremden Welten befand, als würden sie ihn als wohlwollenden Leser erkennen. Nun betrachtete er die Bücher argwöhnisch – aber es waren dieselben, genau dieselben.
Das dachte er zumindest. Er ging hinüber und sah sie sich genauer an. Einige von ihnen entsprachen denen, die man in der begrenzten Sammlung eines Erdenmenschen erwarten konnte: Shakespeares vollständige Werke und die uralte King-James-Bibel, die, wie er bereitwillig eingestand, sich eher wegen der antiken Schönheit ihrer Sprache als wegen ihres Inhalts dort befand, eine Mischung, über die Admirälin Parry-Smyth gelacht hatte, als sie ihn zum letztenmal auf der Enterprise besucht hatte; dann hatte sie noch eine obskure Bemerkung über »Disketten für die einsame Insel« gemacht. Der Rest der Sammlung war entsprechend – vielleicht schon krankhaft, wie die Admirälin gemeint hatte – eklektisch. Natürlich die drei Dixon Hill-Romane in Originalausgaben: Mord in der Kamera , Der wissende Blick und Unter der Sonne. Dann zwei ehrwürdige gebundene Ausgaben von Kipling, Kasernen-Balladen und Kim . Eine der ersten Ausgaben der Centauri Press, ein Nachdruck von Glockens Die Sterne aus den Fugen ; zahlreiche andere – ein Buch über Dichter der Restauration, Sun Tzus Die Kunst des Krieges in der lange verschollenen Übersetzung von Cordwainer Smith, daneben die Ilias und die Odyssee in der Übertragung von Rouse, und Hamiltons beispiellose Übersetzungen von Aristoteles und der großen Komödien des Aristophanes. Die gebundene Ausgabe der Oxford University Press von Eddisons Eriks Saga neben einem müden Paperback mit gebrochenem Buchrücken von
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