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Dunkler Spiegel

Titel: Dunkler Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Duane
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Fall der Eigentümlichkeit, die das Personal der Kommandoebene manchmal als »Ingenieurskrankheit« bezeichnete: die Neigung der Ingenieure, ihre Abteilung und irgendwann auch das gesamte Schiff als ihr persönliches Eigentum zu betrachten und jedes Eindringen in die technische Abteilung – ganz gleich, wer es beging, mochte es auch der Captain sein – als eben genau das anzusehen, als Eindringen. Doch bei diesem LaForge wirkte es überaus häßlich, und er benutzte es offensichtlich als Entschuldigung, seine persönliche Verachtung für Worf auszudrücken.
    Mit einemmal war es Picard zuviel geworden. »Mr. LaForge«, sagte er, bemüht, seine Stimme neutral zu halten und sich seine Verärgerung nicht anmerken zu lassen, »ich möchte, daß meine ranghöheren Offiziere die rangniedrigeren mit dem gebührenden Respekt behandeln.«
    LaForge lachte, ein kurzes, barsches, ungläubiges Bellen. » Ihn? Sein Volk hat doch jeden Anspruch auf Respekt verloren, den es vielleicht mal gehabt hat.«
    Picard schaute zu Worf hinüber. Er stand einfach da, betrachtete LaForge mit überraschend ruhigem Blick, und sagte nichts.
    »Wie dem auch sei«, sagte Picard, »er ist ein Offizier auf meinem Schiff.« Und er sah nachdenklich in LaForges VISOR, dann auf seinen Agoniesimulator und wieder hinauf zum VISOR.
    »Ja, Captain«, sagte LaForge, wenn auch mit zusammengebissenen Zähnen. »Sollten Sie noch etwas brauchen, rufen Sie mich. Ich habe zu arbeiten.« Und ohne die Erlaubnis zum Wegtreten bekommen zu haben, stolzierte er davon.
    Er ist sich seiner Position sehr sicher, dachte Picard, und überzeugt davon, daß es ohne ihn nicht geht. Ich muß ihn im Auge behalten.
    »Der Vorfall tut mir leid«, sagte Picard zu Worf. »Es kam mir unangebracht vor.«
    »Ganz im Gegenteil, er hat völlig recht.« Der Ruhe, mit der Worf antwortete, lag irgendeine unausgesprochene Tragödie zugrunde.
    »Begleiten Sie mich, Lieutenant«, sagte Picard. Nebeneinander machten sie sich auf den Weg aus der technischen Abteilung, während Barclay einen respektvollen Abstand hielt. Sie sagten wenig, bis sie an der Säule des Materie/Antimaterie-Wandlers vorbei waren und durch die große Haupthalle dem Ausgang entgegenstrebten.
    »Ich sehe nicht über seine Unhöflichkeit hinweg«, sagte Picard. »Wenn wir die Disziplin und Effektivität bewahren wollen...«
    Worf schüttelte den Kopf. »Captain, Sie haben nicht oft auf diese Weise zu mir gesprochen.«
    Picard schaute von rechts nach links und dann wieder zu Worf. »Vielleicht weil die Wände hier Ohren zu haben scheinen. Ich bezweifle, daß viele Leute auf diesem Schiff sagen, was sie denken.«
    »In der Tat«, sagte Worf. »Einem Vorgesetzten seine Gedanken zu enthüllen, könnte Selbstmord sein; sie einem Gleichrangigen zu verraten, könnte ihn zu früh auf eine Falle aufmerksam machen, die man ihm gestellt hat. Und was Untergebene wie zum Beispiel mich betrifft...« Er zuckte mit den Achseln, und in der Art, wie er es sagte, lag keine Verbitterung. »Das würde von Schwäche zeugen. Niemand hier verrät Schwäche und lebt dann noch sehr lange.«
    Picard erinnerte sich an das Werk eines frühen Schriftstellers, der die Hölle als Bürokratie beschrieben hatte, die ganz ähnlichen Grundsätzen gefolgt war, und unterdrückte ein Schaudern. »Mir gefällt die Vorstellung nicht, daß eines meiner Mannschaftsmitglieder sich für minderwertig hält, Mr. Worf.«
    Als sie auf den Gang traten, schüttelte Worf neben ihm leicht den Kopf. »Captain, wenn jemand einer Rasse entstammt, die unterworfen wurde, müssen einen die meisten Angehörigen von Starfleet oder Besatzungsmitglieder eines Starfleet-Schiffes einfach so sehen. Wenn man kein Mensch von der Erde oder von einer der Erdkolonien ist, oder nicht von Vulkan oder einem der vulkanischen Provinzplaneten stammt, ist man ein Bürger zweiter Klasse. Eine Spezies, die dem Empire kein Paroli bieten konnte, ist nicht dazu geschaffen, in seiner Hierarchie Führungspositionen einzunehmen. Eine Spezies, die sich unterwirft oder im Krieg besiegt wird, ist nur dazu gut, ›Holz zu hacken und Wasser zu holen‹. Schlimmstenfalls Sklaven – und bestenfalls eine lahme Kuriosität.«
    Worf verstummte kurz, als der Gang einen Bogen machte, und sowohl er als auch Barclay blickten voraus, um festzustellen, ob sich dort jemand befand. »Nach ihrem langen Krieg mit dem Empire«, fuhr Worf dann fort, »kamen die waffen- und zahlenmäßig unterlegenen Überlebenden meines Volkes zum

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