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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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gar nix.«
    »Es ist zu gefährlich für ihn, Wilma.«
    »Die ham doch nix als eine Nachricht geschrieben. Sie ham sie an Sie geschickt. Sie ham sie nicht mal an uns geschickt.« In ihrem Tonfall schwang unterschwelliger Unmut mit, wie bei einem Kind, verhalten, aber auch voller Angst.
    »Ich werde Temple darum bitten, daß sie nach der Schule seine Sachen nach Hause bringt«, sagte ich.
    »Sie sind gut zu Pete gewesen und alles, aber ...« Sie brachte den Satz nicht zu Ende. Ihr Blick wirkte verhuscht, ausdruckslos. »Ich will wegziehn. »Die Stadt hier is uns nicht gut bekommen.«
    »Ich glaube nicht, daß das eine Lösung ist.«
    Ich sah, wie sie mit einemmal wütend wurde, wie sie die unterdrückte Angst überwand, die normalerweise ihr Leben beherrschte.
    »So? Tja, und warum ziehn Sie dann nicht Ihren eignen Sohn auf und lassen meinen eine Zeitlang in Ruhe?« sagte sie.
    Um sechs Uhr abends rief Mary Beth aus Denver an.
    »Seh ich dich noch mal?« fragte ich. Ich hatte einen trockenen Hals, versuchte vergebens, einen ironischen Tonfall anzuschlagen, ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen, drückte den Hörer viel zu fest ans Ohr.
    »Ich kann eine Zeitlang nicht zurückkommen.«
    »Ich könnte nach Denver fliegen ... Mary Beth? Bist du noch da?«
    »Ja ... Ich meine, ja, ich bin noch dran.«
    »Hast du gehört, was ich gesagt habe?« Aber ich kannte die Antwort bereits, und mit einemmal kam ich mir schwach und hilflos vor, wie innerlich ausgehöhlt.
    »Ein paar Leute hier sind immer noch außer sich über das, was in Deaf Smith gelaufen ist«, sagte sie.
    »Zwischen dir und mir?«
    »Unter anderem.«
    »Meiner Meinung nach ist Brian Wilcox der Knackpunkt. Es geht nicht um dich oder um mich, auch nicht um die Schüsse auf Sammy Mace und seinen Leibwächter. Meiner Meinung nach spielt Wilcox überall den Brunnenvergifter, und deine Leute sehen darüber hinweg, um die Ermittlungen nicht zu gefährden.«
    »Möglicherweise stimmt das. Aber ich kann nichts dagegen tun.«
    In der Stille konnte ich ihre Atemzüge hören.
    »Kannst du mir eine Telefonnummer geben?« fragte ich.
    »Wir brechen heute abend nach Virginia auf. Zu einer Konferenz.«
    »Nun ja, hoffentlich springt für dich was dabei raus«, sagte ich.
    »Was? Was hast du gesagt?«
    »Nichts. Mit Behördenapparaten bin ich noch nie besonders klargekommen. Du hoffentlich schon. Das ist alles, was ich damit sagen wollte.«
    Wieder hörte ich sie durchs Telefon atmen.
    »Mary Beth?«
    »Ja?«
    »Ich brauche deine Aussage im Prozeß gegen Lucas. Wegen der Dosen und Flaschen, die die anderen Deputies verschlampt oder vernichtet haben.«
    »Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für so etwas.«
    »Nicht der richtige Zeitpunkt? Ist das alles, was dir dazu ein fällt? Ob es der richtige Zeitpunkt ist oder nicht?«
    »Wiederhören, Billy Bob.«
    Nachdem ich aufgelegt hatte, starrte ich im schwindenden Licht, das durch das Fenster fiel, das Telefon an, als könnte ich es mit schierer Willenskraft dazu bewegen, daß es wieder klingelte. Dann ging ich hinaus, unter das weite gelbe Himmelszelt, in den Wind, der voller Sandkörner war und die Blätter vom Maulbeerbaum fetzte. Ich stieg in meinen Avalon, an dessen Fenstern der Wind rüttelte, und fuhr zu Pete nach Hause.
    »Bist du allein?« fragte ich.
    Er stand in einer gestreiften Latzhose und einem verwaschenen roten T-Shirt auf der Veranda.
    »Meine Mutter kommt nicht vor neun von der Arbeit weg«, erwiderte er.
    »Hast du schon was gegessen?«
    »Ein bißchen was.«
    »Zum Beispiel?«
    »Wiener und Salzkräcker.«
    »Ich glaube, wir sollten uns lieber zwei Hühnersteaks im Cafe gönnen.«
    »Ich hab gewußt, daß du das sagst.«
    Es dämmerte bereits, als wir zum Café kamen. Wir saßen unter dem großen elektrischen Ventilator am Fenster und bestellten uns etwas zu essen. Hinter den Kiefern auf dem Kirchhof am anderen Ende der Straße hing rot die Abendsonne. Pete hatte seine Haare naß gemacht und seitlich hochgekämmt, so daß sie oben flach wie ein Landedeck waren.
    »Du mußt vorsichtig sein, mein Guter. Red nicht mit Fremden. Laß dir von niemandem, den du nicht kennst, weismachen, er wäre ein Freund deiner Mutter«, sagte ich.
    »Temple hat mir das schon alles gesagt.«
    »Dann macht’s dir ja nichts aus, wenn du dir alles noch mal anhören mußt.«
    »Das ist aber noch nicht alles, was sie mir gesagt hat.«
    »Aha?«
    »Sie hat gesagt, du hast was gemacht, das jemand, der im Fluß getauft worden ist,

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