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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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sie.
    »Mein Urgroßvater ... Er war ein Revolverheld und wurde dann Prediger, aber er hat sich in eine Banditenbraut verliebt, die man die Rose vom Cimarron nannte. Sie gehörte zur Dalton-Doolin-Gang. In seinem Tagebuch hat er geschrieben, daß ihm die bezauberndste und gefährlichste Frau im ganzen Oklahoma-Territorium den Kopf verdreht habe.«
    »Tut mir leid, aber ich komm da nicht ganz mit«, sagte sie.
    Ich lachte auf. »Sie stehen in Diensten des Bundes. In diesem Bezirk ist die Politik seit jeher korrupt. Einige Leute hier schrecken auch vor Gewalt nicht zurück.«
    »Was ist mit dem Staatsanwalt, diesem Marvin Pomroy?«
    »Der ist ein ehrenwerter Mann. Meiner Ansicht nach jedenfalls. Sind Sie beim FBI?«
    »Könnten wir das Thema sein lassen?« sagte sie.
    Ich antwortete nicht. Wir hielten vor dem mexikanischen Restaurant, einem Blockhaus mit verschnörkelter Neonschrift. Ich ging um den Wagen herum, aber sie war bereits ausgestiegen, bevor ich die Beifahrertür öffnen konnte.
    Die Hügelkämme im Westen glühten purpurrot, als ich sie nach Hause fuhr. Irgendwie hatte ich es fertiggebracht, daß so gut wie alles, was ich an diesem Abend von mir gab, linkisch und unpassend klang. Ich bog in die Auffahrt zu ihrem Apartmentgebäude ein und parkte neben der Ziegelmauer, die an den Swimmingpool grenzte.
    »Vielleicht sollte ich mich jetzt lieber verabschieden«, sagte ich.
    »Nein, kommen Sie noch auf einen Drink mit rein.«
    »Ich habe Ihnen schon genüg zugesetzt. Ich will es nicht noch verschlimmern.«
    »Tun Sie nicht so gönnerhaft... Ich verstehe Sie nicht, Billy Bob. Sie waren Ordnungshüter und danach Bundesanwalt und haben beides aufgegeben, um Strafverteidiger zu werden. Macht es Ihnen denn Spaß, Drogendealer wieder rauszupauken?«
    »Ich vertrete keine Drogenhändler.«
    »Weil Sie Polizist gewesen sind. Sie denken wie einer.«
    Ich hörte Autos hinter mir auf der Straße, auf derselben zweispurigen Strecke, die mich, wenn ich wollte, in den Bezirk Val Verde führte und darüber hinaus, über den Fluß, in ein Arroyo, in dem sich Pferde im Kugelhagel aufbäumen und ein Mann in einem Nadelstreifenanzug mit aschgrauem Stetson und mexikanischen Sporen sich plötzlich an die Brust greift und laut zum Himmel aufschreit.
    Wir standen jetzt neben dem Auto. In meinen Ohren knackte es, als säße ich in einem Flugzeug, das plötzlich an Höhe verliert.
    Ich hörte mich etwas sagen.
    »Wie bitte?« sagte Mary Beth, deren Mund leicht geöffnet war.
    Mein Gesicht war eiskalt, straff und gefühllos. Ich kam mir vor wie in einem Traum, der nicht enden will, spürte, daß ich einmal mehr die Worte aussprechen mußte, wie ein Büßer im Beichtstuhl, der sich vom Priester keine Absolution erteilen lassen will.
    »Ich habe meinen besten Freund getötet. Er hieß L. Q. Navarro. Er war Texas Ranger«, sagte ich.
    Sie bewegte lautlos die Lippen, schaute mich fassungslos an, wie ein Kind, das zum erstenmal in ein Kaleidoskop blickt.
    Am nächsten Mittag ging ich von meiner Kanzlei aus zu dem Pfandleihhaus in der Nähe des Fitneßstudios. Ella Mae, die drei Zentner schwere Schwarze, der der Laden gehörte, hatte Perlen in den Haaren und trug ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift Für nix gibt’s nix – geh nie ohne American Express aus.
    An der Wand hinter dem Ladentisch hingen jede Menge Waffen und Musikinstrumente. Ich deutete auf eins.
    »Können Sie mir dafür einen guten Preis machen, Ella Mae?« fragte ich.
    »Schätzchen, wenn’s noch wie früher war, würd ich was dafür geben, wenn ich bei Ihnen Baumwolle pflücken dürft. Wirklich wahr. Ich würd Sie doch nicht übers Ohr haun«, sagte sie.
    Doch nachdem sie abkassiert hatte, schlug ihre Stimmung um, so als überschreite sie eine Grenze, die sie zwischen sich und den Weißen gezogen hatte.
    »Wissen Sie noch, wie Sie neulich hiergewesen sind? Sie sind zu Ihrem Auto gegangen, aber der rothaarige Mann hat Sie beobachtet. Er hat kein Hemd unter der Jacke angehabt«, sagte sie.
    »Was ist mit ihm?«
    »Dem seinen Gesichtsausdruck hätten Sie sehn sollen, Schätzchen. Der wollt hier rein, aber ich hab gleich die Tür zugesperrt.« Sie schüttelte den Kopf, als habe sie Angst weiterzusprechen, weil ihre Phantasie sonst Wirklichkeit werden könnte.
    An diesem Abend fuhr ich zu Lucas Smothers nach Hause. Vernon saß auf der Treppe und hatte eine Flasche Erdbeerlimonade neben sich stehen. Er trug noch seine Arbeitskleidung, und sein Gesicht war schmutzig und mit

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