Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)
heißen?«
»Garland Moon, Jimmy Cole und diesen mexikanischen Drogenfahnder, die wirst du nicht per Gerichtsbeschluß los, Billy Bob.«
Er zog den Revolver wieder aus dem Holster und warf ihn von einer Hand in die andere, so daß der Lauf, die Trommel und die mondweißen Griffschalen gegen seine Haut klatschten.
Autoscheinwerferlicht fiel auf meine Auffahrt, und als ich aus dem Fenster schaute, sah ich, wie Mary Beth Sweeney mit ihrem Streifenwagen hinter dem Haus hielt.
Ich ging auf die Veranda und öffnete die Fliegengittertür. Sie hatte ihr Sprechfunkgerät am Gürtel hängen.
»Sind Sie im Dienst?« fragte ich.
»Noch eine Stunde. Ich muß mit Ihnen reden«, sagte sie. Sie stieg zur Veranda hoch, nahm ihren Diensthut ab und schüttelte die Haare aus. »Sie können nicht die Leute scheu machen und sich dann einfach empfehlen.«
»Geht’s um gestern abend?«
»Genau, es geht um gestern abend. Ich möchte nicht, daß jemand seine Schuld auf mich ablädt, weil ich ihm grade gelegen komme.«
»Das war nicht meine Absicht.«
»Ach nein? Wie wär’s dann mit: ›Hey, ich habe meinen besten Freund umgebracht, und Sie erinnern mich an ihn. Also bis bald und danke für den schönen Abend.‹«
»Woher kommt denn plötzlich diese Feindseligkeit?« fragte ich.
»Ich wußte, daß es ein Fehler war hierherzukommen.«
»Nein, keineswegs«, sagte ich. Ich schaute sie an, und mit einemmal wurde mir klar, was mich an ihr faszinierte. Die hellen Sommersprossen, die dunkelbraunen, seidig glänzenden Locken, dazu ihr Mut und ihr Sinn für Gerechtigkeit – Eigenschaften, die sie vermutlich schon in jungen Jahren ausgezeichnet hatten und die sie sich bis heute bewahrt hatte. Aber man sah ihr an den Augen an, daß sie schon manches Leid erlebt hatte, auch wenn sie es zu kaschieren versuchte, einen keck und herausfordernd anschaute.
Sie wandte den Blick ab.
»Kommen Sie rein. Ich habe gerade einen Pecankuchen gebacken«, sagte ich.
»Lieber nicht.«
Ich schob die Hand unter ihren Unterarm.
»Sie müssen einfach«, sagte ich.
Sie biß sich auf die Unterlippe.
»Sie müssen mir bei diesem mexikanischen Drogenfahnder weiterhelfen«, sagte ich.
»Aber nur einen Moment.« Sie ging vor mir her, setzte sich an den Küchentisch und legte ihren Diensthut vor sich hin.
»Felix Ringo hat mir erzählt, daß er in Fort Benning gewesen ist, auf der School of the Americas. Fragen Sie doch einfach mal Ihren Computer.«
»Meinen Sie damit die Datenbank der Bundesregierung?«
»Ganz genau.«
»Was hat es mit dieser Schule auf sich?«
»Dort wird einem beigebracht, wie man gegen Aufrührer vorgeht. Aber es läuft darauf hinaus, daß die Absolventen mit Vorliebe Befreiungstheologen und Gewerkschaftsfunktionäre umbringen – und jeden anderen, der ihnen nicht paßt.«
Ich stellte den Kuchenteller und die Kaffeetasse vor sie hin. Sie rührte um, legte den kleinen Silberlöffel dann hin und starrte aus dem Fenster.
»Ich kann nicht versprechen, daß ich da rankomme. Aber ich werde tun, was ich kann«, sagte sie. Es knackte und rauschte in ihrem Funkgerät, dann ertönte die quäkende Stimme des Einsatzleiters. »Den Kuchen muß ich mir wohl verkneifen.«
Sie ging hinaus auf die Veranda, hielt ihren Diensthut mit beiden Händen.
Ich ergriff eine Hand, strich an der Unterseite ihres Arms entlang, bis zu den Nägeln, und über den Handrücken zurück zum Gelenk und schloß dann ihre Finger um meine.
»Sie sind eine sehr sympathische Frau«, sagte ich.
Der Wind plusterte die Bäume draußen auf und blies durch das Fliegengitter, und eine lose Haarsträhne verfing sich in ihrem Mundwinkel. Ich strich sie mit den Fingerspitzen weg, schaute ihr in die Augen und sah, daß sie einverstanden war; ich legte ihr die Hände auf den Arm und küßte sie auf den Mund. Dann schlang ich die Arme um sie und berührte ihre Haare und die harten Muskeln an ihrem Rücken.
Ich spürte ihren warmen Atem an der Wange, dann drückte sie die Hände an meine Brust, und ich schaute ihr wieder ins Gesicht, auf die hellbraunen Sommersprossen und die strahlenden Augen. Sie schürzte die Lippen, zwinkerte und war im nächsten Moment draußen auf dem Hof, im Schatten, bei dem im Mondlicht stehenden Streifenwagen.
Ich stand in der Auffahrt und sah zu, wie sie zur Straße zurücksetzte und dann hinter den Pappeln und Lorbeerbüschen verschwand, die meinen Vorgarten umgrenzten.
Ich hörte, wie unten auf der Straße ein Motor angelassen wurde, dann flammte
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