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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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sein Vater nach draußen kamen, war die Karawane bereits unten auf der Straße, und kurz darauf verschwanden die Scheinwerfer hinter einer Hügelkuppe.
    Lucas sah die Fußspuren des Mädchens neben dem Wasserhahn unter seinem Schlafzimmerfenster. Der Boden war hier weich und matschig, und die kleinen, nach vorn schmal zulaufenden Abdrücke zeichneten sich gestochen scharf ab. Offensichtlich hatte sie sich auf einen Pappkarton gestellt, damit ihre Schuhe nicht schmutzig wurden, als sie mit einer Spraydose ans Werk ging. Es war nur ein Wort, das dort in krakeliger roter Schrift stand: FLASCHE.
    Am gleichen Tag fuhr ich hinaus zum Green Parrot Motel, einem scheußlichen rosa Bimssteinbau, der mit exotischen Vögeln und Palmen bemalt war und mit Wasserbetten und Pornofilmen um Gäste buhlte. An der Rezeption teilte man mir mit, daß Garland T. Moon in der Schweißerei nebenan sei.
    Der Blechschuppen hatte nur ein Fenster, das zugenagelt und übermalt worden war. Garland T. Moon stand mit nacktem Oberkörper da, hatte eine schwarze Schutzbrille auf und schweißte die Eisenschaufel einer Grabmaschine. Die Funken fielen wie ein Schwall Feuer auf seine Füße. Er schob die Schutzbrille auf die Stirn und wischte sich mit dem Unterarm über die Augen. Als er lächelte, mußte ich an eine Tonbüste denken, die zerquetscht und eingedellt war.
    »Waren Sie vorgestern nacht draußen bei meinem Haus?« fragte ich.
    »Ich hab n Halbtagsjob gekriegt. Ich treib mich nachts nicht in der Gegend rum.«
    »Ich glaube, daß entweder Sie oder Jimmy Cole draußen bei mir waren und mein Pferd verletzt haben.«
    »Ich war zwei, drei Nächte draußen. Auf der andern Seite von den Hügeln. Dort sieht man allerlei Lichter hinter den Wolken. Schon mal was von den Lichtern von Lubbock gehört, den UFOs, die man fotografiert hat? Hier in der Gegend geht irgendwas Irres vor sich.«
    »Ich habe zwei Schrotflinten aufgestellt. Ich hoffe, Sie stolpern nicht drüber.«
    »Sie haben keine Waffen. Ich hab mich genau mit Ihnen befaßt, Mister Holland. Ich kann mir den Jungen vornehmen, und ich komm auch an Sie ran. Schön, wenn man so was weiß, aber momentan is mir nich danach zumute.«
    »Jimmy Cole ist tot, stimmt’s?« sagte ich.
    Er zog den rußgeschwärzten Handschuh aus, Finger für Finger.
    »Wie kommen Sie denn auf so was?« fragte er.
    »Sie räumen hinter sich auf.«
    »Wenn ich es ernst meinen und zu Ihnen oder dem Kleinen rauskommen sollte, wär euch gleich klar, wer euch da aufsucht ... Sie können gar nix gegen mich machen, Mister Holland. Keiner schert sich drum, was mit Irren passiert. Ich weiß Bescheid. Mit Irrsinn kenn ich mich aus.«
    »Welche Irren?«
    »Ich hab’s von der Wachtel im Knast gehört. Sie haben da was mit nem Toten laufen. Mann, Sie sind echt durchgeknallt und wissen’s bloß noch nicht.«
    Er lachte laut auf. Seine flache Brust bebte, Schweißtropfen rannen durch die Schmutzringe an seinem Hals, und in seinen dünnen roten Haaren hingen schwarze Ascheflocken.
    An diesem Abend holte ich Mary Beth Sweeney zu Hause ab und fuhr mit ihr auf der alten zweispurigen Straße in Richtung Bezirksgrenze. Sie trug ein helles Musselinkleid, weiße Pumps und Ohrringe mit blauen Steinen, und ich konnte den Babypuder riechen, mit dem sie die Sommersprossen an Schulter und Hals überschminkt hatte.
    Sie drehte sich zweimal um und warf einen Blick nach hinten.
    »Bereuen Sie es etwa schon?« fragte ich.
    Sie schaute mich nachdenklich an.
    »Ich glaube nicht, daß man Ihnen auf die Schliche kommt. Der Sheriff ist zwar korrupt, aber er ist nicht der Intelligenteste«, sagte ich.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Meiner Meinung nach arbeiten Sie für Vater Staat«, erwiderte ich.
    »Vater Staat? Meinen Sie damit die Bundesregierung?«
    »Genau so seh ich das.«
    »Allmählich wird mir das Ganze ein bißchen unheimlich, Billy Bob«, sagte sie.
    Sie blickte aus dem Seitenfenster, so daß ich ihr Gesicht nicht sehen konnte. Dann fuhren wir über die polternden Holzplanken auf der Brücke, die den Fluß überspannte.
    »Hier hatte mein Urgroßvater früher seine Ranch, genau sechs Meilen am Ufer entlang«, sagte ich. »Er hat zweitausend Stück Vieh auf einmal zu den Verladebahnhöfen in Kansas getrieben. Dann hat er seine Revolver abgelegt, dem Whiskey abgeschworen und wurde Wanderprediger. Die einzige Versuchung, der er hinterher noch erlegen ist, war die Rose vom Cimarron.«
    »’tschuldigung, ich hab nicht zugehört«, sagte

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