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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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scherten sich nicht darum, ob sie Außenstehenden mit ihren Sprüchen weh taten. Sie fuhren zu schnell, achteten weder auf Halteschilder noch auf rote Ampeln und kamen gar nicht auf die Idee, daß sie mit ihrer Rücksichtslosigkeit andere Menschen mutwillig in Lebensgefahr brachten.
    Sie sprachen den Dialekt aus der Gegend, doch sie waren zum Skifahren in Colorado und zum Surfen in Kalifornien gewesen, spielten Golf und Tennis im Country Club, wo die Schwarzen und die Mexikaner den Müll und die verschwitzten Handtücher hinter ihnen auflasen, als wäre das der natürliche Daseinszweck der Armen. Ihre Gefühllosigkeit hatte beinahe etwas Unschuldiges an sich. Wenn man sie zur Rede gestellt hätte, hätten sie vermutlich überhaupt nicht verstanden, was man gegen sie einzuwenden hatte.
    Doch es gab einen in dieser Clique, der anders war. Bunny Vogel stammte aus kleinen Verhältnissen; seine Eltern waren einfache Fabrikarbeiter, in deren Vorgarten immer irgendwelche rostigen Waschmaschinen und allerlei Autoteile herumlagen. Aber Bunny konnte Football spielen. Als Runningback auf der High-School war er wie ein Panzer durch die gegnerische Abwehr gebrochen. Danach hatte er zwei Jahre lang für die Texas A & M gespielt, wo man ihm ein Sportstipendium plus Zeitvertrag geboten hatte, dazu die Aussicht auf einen ordentlichen Abschluß und eine Profilaufbahn. Bis er dabei ertappt wurde, als er einen Tudor und Mannschaftskameraden bestach, damit er das Prüfungsergebnis eines Erstsemesters namens Darl Vanzandt fälschte.
    Kurz nachdem er von der Universität geflogen war, stürzte er mit dem Motorrad und zog eine gut dreißig Meter lange Schleif spur aus Chrom, Lack, Leder und Knochen auf dem Highway nach Austin.
    Ich traf ihn an seiner Arbeitsstelle draußen beim Skeet-Club an. Mit seinem rötlichen, großporigen Gesicht, den schulterlangen kupferroten Haaren und der tiefen rosigen Narbe am Unterkiefer wirkte er wie ein alter Wikinger. Bunny war höflich und umgänglich, beinahe liebenswürdig, aber ich hatte ständig das Gefühl, daß er jede Sekunde mitzählte, so als warte er nur darauf, daß ihn die Alten endlich in Ruhe ließen mit ihrem ewigen Hin und Her zwischen Vorhaltungen und Lobhudeleien.
    Hinter ihm knallten Schrotflinten im warmen Wind, und über den rechteckigen grünen Fangnetzen zerbarsten die Tontauben in bunten Rauchwölkchen.
    »Ich würde Ihnen ja gern weiterhelfen, Mister Holland, aber soweit ich weiß ist Lucas der einzige gewesen, mit dem sich Roseanne Hazlitt eingelassen hat. Tut mir leid«, sagte er.
    »Sind Sie an dem Abend, als sie überfallen wurde, draußen beim Shorty’s gewesen?« fragte ich.
    »Könnte schon sein. Aber ich hab sie nicht gesehen ... Lucas schon ... Das hilft Ihnen aber nicht weiter, stimmt’s?« Er lächelte spitzbübisch und streifte den Schuh am Rasen ab.
    »Trauen Sie Lucas zu, daß er ein Mädchen vergewaltigt?«
    »Lucas?« Er dachte darüber nach. »Sieht ihm eigentlich nicht ähnlich. Aber wenn jemand was intus hat, wer weiß?«
    »Woher wollen Sie wissen, daß er was intus hatte, Bunny?«
    Er schaute mich verschmitzt an. »Ohne was hab ich ihn da draußen nie gesehn.«
    »Bis bald.«
    »Ja, jederzeit, Mister Holland. Ich hoffe, Lucas kommt da raus.« Nachdenklich biß er sich auf die Unterlippe.
    Auf dem Weg zum Auto sah ich Emma Vanzandt, die aus einem Pavillon auf mich zukam. Sie trug maßgeschneiderte braune Reitjeans, Stiefel aus Eidechsenleder und eine rotbraune Seidenbluse, die sich im Wind bauschte.
    »Wollen Sie nicht wenigstens hallo sagen?« fragte sie.
    »Wie geht’s, Emma?«
    »Sie sind umtriebig gewesen. Darls Freunde fragen sich schon, was Sie vorhaben.«
    »Da sind sie noch nicht dahintergekommen, was?«
    »Billy Bob«, sagte sie, und ihre Stimme wurde eine Tonlage schriller. »Seien Sie ein bißchen netter. Darl ist kein übler Junge.«
    »Das habe ich auch nicht gesagt.«
    Sie schaute zu dem Pavillon zurück. »Kommen Sie, setzen wir uns in Ihr Auto, dann erklär ich Ihnen was ... Darl hat eine –«
    »Fetale Alkoholschädigung. Jack hat es mir erzählt...«
    »Ich habe so was vorher noch nie gehört. Aber der Psychiater, bei dem wir zuletzt waren, hat ihn sich nur einmal angeschaut, dann wußte er Bescheid ... Sie sehen alle gleich aus. Die Augen stehen zu weit auseinander, die Oberlippe ist zu dicht an der Nase.« Dann schaute sie ins Leere. »Was für eine feine Gesellschaft«, sagte sie und lachte. Es klang beinahe anzüglich, so als dringe da

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