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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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ein Scheinwerferpaar auf, und ein zweiter Streifenwagen, in dem zwei Männer saßen, fuhr vorbei und entfernte sich in der gleichen Richtung wie Mary Beth. Der Mann auf dem Beifahrersatz hatte den Arm auf den Türrahmen gestützt, als wolle er nicht, daß man von meinem Haus aus sein Gesicht erkennen konnte.
    Ich wählte den Notruf und teilte der Einsatzzentrale mit, daß sich ein Betrunkener herumtreibe, der vor meinem Haus auf vorbeifahrende Autos schieße.

11
    Eine halbe Stunde später stand ich im Vorgarten und sah zu, wie der letzte der fünf Streifenwagen der Sheriffdienststelle wegfuhr. Temple Carrol, die von ihrem Haus aus die Blaulichter gesehen hatte, war erst vor wenigen Minuten eingetroffen. »Jemand hat auf Autos geschossen? Ich habe keine Schüsse gehört«, sagte sie.
    »Ich habe gesehen, wie zwei Jungs in einem Streifenwagen bei meinem Haus gewartet und den neuen Deputy verfolgt haben. Deshalb hab ich ein bißchen Staub aufgewirbelt«, erwiderte ich.
    »Mary Beth Sweeney? Was macht die denn bei dir daheim?«
    »Ich wollte, daß sie diesen mexikanischen Drogenfahnder mal durch den Computer laufen läßt.«
    »Und dazu muß sie zu dir nach Hause kommen?« Sie schaute über die Straße, auf die Rinder meines Nachbarn, die dicht zusammengedrängt auf der Weide standen.
    »Sie war in der Gegend«, sagte ich.
    »Diese Braut hat die Angewohnheit, ständig in der Gegend zu sein.«
    »Möchtest du eine Tasse Kaffee?«
    Sie zog ein Tuch aus ihrer Jeanstasche und band es sich um die Haare. »Ich kann nicht schlafen, wenn ich Kaffee trinke. Beziehungsweise, wenn ich glaube, bei dir brennt’s«, sagte sie.
    Sie ging zu ihrem Auto.
    »Temple?« sagte ich.
    Sie antwortete nicht.
    Als ich am nächsten Morgen nach dem Frühstück das Geschirr abspülte, klopfte Vernon Smothers an die Hintertür. Er trug einen kaputten Strohhut und hatte ein Streichholz im Mund.
    »Was gibt es?« fragte ich und öffnete die Tür ein Stück, ohne ihn hereinzubitten.
    Er drehte den Ehering an seinem Zeigefinger und schaute auf seine Hand.
    »Ich habe einen Fehler gemacht. Ich brauch deinen Rat«, sagte er. Er schniefte, als sei er erkältet, und wandte den Blick zu der Windmühle hinter der Scheune.
    Ich hielt ihm die Tür auf. Er setzte sich an den Holztisch auf der Veranda. Die Absätze seiner Cowboystiefel waren abgetreten.
    »Gestern hab ich die Ölwanne von meinem Auto schweißen lassen. In der Werkstatt neben dem Green Parrot Motel«, sagte er.
    Er sah mir am Gesicht an, daß ich wußte, worum es ging.
    »Ganz genau«, sagte er. »In dem Laden, wo Garland Moon arbeitet. Bloß, daß ich das nicht gewußt hab. Und ich hab auch nicht gewußt, wie er aussieht.«
    »O Mann«, sagte ich.
    »Er bockt mein Auto auf, läßt das Öl ab, nimmt die Wanne ab, schweißt sie und baut sie wieder ein, und ich frag ihn, was ich ihm schuldig bin.
    ›Hundertfünfundzwanzig‹, sagt er.
    ›Meine Fresse‹, sag ich. ›Das macht doch allenfalls fünfundsiebzig.‹
    ›Tja, wenn das so is, hab ich ein Auto, mit dem ich zum Angeln fahren kann‹, sagt er.
    Ich geb ihm achtzig Dollar bar auf die Hand und will den Rest mit meiner MasterCard bezahlen. Er schaut auf den Namen und sagt: ›Vernon Smothers ... Vernon Smothers ... Is das kleine Miststück aus dem Knast etwa Ihr Sohn? Warum schnüffeln Sie mir nach?‹
    Ich hab ihm gesagt, daß ich ihn noch nie im Leben gesehn hab und auch nicht die Absicht habe, ihn noch mal zu sehn ... Er hat kein Wort gesagt. Er hat bloß gelächelt, meinen Beleg ausgestellt und ihn mir gegeben ... So einen Blick hab ich in meinem ganzen Leben nur einmal gesehen, bei einem andern Mann. Er war Bordschütze in einem Hubschrauber. Der hat draufgehalten, egal, ob er sie auf dem Feld erwischt hat oder in ihrem Dorf – oder wenn sie von einem Hochzeitsfest gekommen sind.«
    »Vergiß es«, sagte ich.
    »Ich glaub, der will meinem Jungen was antun.«
    »Das werden wir nicht zulassen, Vernon.«
    Er schlug sich die Hand vor den Mund. Seine Haut raspelte trocken unter den Fingern.
    Die Clique, in der Darl Vanzandt verkehrte, ließ sich ohne große Mühe ausfindig machen. Es waren reiche Kids, die im East End wohnten, sie hatten ihr Studium an der University of Texas geschmissen, besuchten ein kommunales College oder waren pro forma in den Unternehmen angestellt, die sie eines Tages erben würden. Vor allem aber zeichneten sie sich durch eine Ichbezogenheit aus, die ihresgleichen suchte. Sie waren laut, ausgelassen und dumpf,

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