Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)
etwas durch, das sie ansonsten gut verbarg.
»Seine Freunde haben Lucas Smothers’ Garten verwüstet.«
»Ach, das glaub ich nicht.«
»War schön, Sie zu sehen, Emma.«
»Er hat bis zu seinem fünfzehnten Lebensjahr eingenäßt. Er ist nicht fähig, jemanden zu vergewaltigen. Meiner Meinung nach kann er noch nicht mal masturbieren«, sagte sie.
»Vielleicht sollte er allmählich damit anfangen. Er hat eine Prostituierte zusammengeschlagen.«
»Sie hätten heiraten sollen, Billy Bob. Dann wären Sie nicht so spießig.«
»Wirklich?«
Sie streckte den Arm aus und tätschelte meinen Unterarm. »Jack tut es leid, daß er Sie so angefahren hat. Kommen Sie uns mal besuchen. Wir werden die Sache schon regeln.«
»Nein, werden wir nicht.«
»Tja, Sie sind halt einfach eine taube Nuß. Aber eines Tages werden Sie einsehen, daß wir es gut mit Ihnen meinen. Bis dahin wünsche ich Ihnen alles Gute, Sir«, sagte sie und drückte mir die Hand.
Der silberne Kamm, mit dem sie ihre langen schwarzen Indianerhaare am Hinterkopf zusammengesteckt hatte, funkelte in der Sonne, als sie aus meinem Wagen stieg. Dann sah ich Darl, der ihr entgegenging, über ihre Schulter hinweg zu mir schauen. Er wirkte schmierig und aufgedunsen, teilnahmslos vom Schnaps und von den Beruhigungspillen, und der Blick, den er mir zuwarf, erinnerte mich an heißes, lehmiggelbes Sumpfwasser.
Am nächsten Tag suchte mich Marvin Pomroy, der Staatsanwalt, in meiner Kanzlei auf, berichtete mir von dem Anruf, der bei der freiwilligen Feuerwehr eingegangen war, und musterte dabei den Teppich, so als müsse er erst mit sich ins reine kommen.
Der Brand wäre vermutlich niemandem aufgefallen, wenn nicht kurz vor Morgengrauen ein Regenschauer niedergegangen wäre, nach dem zwischen zwei Hügelkuppen eine hohe, qualmende Rauchsäule zum Himmel aufgestiegen war. Die Feuerwehrmänner dachten zunächst, sie hätten es nur mit einem Haufen alter Autoreifen zu tun, die in einer tiefen Grube vor sich hin kokelten. Doch dann, als sie mit ihren Äxten zwischen dem Löschschaum und dem verbrannten Gummi am Boden der Grube herumstocherten, stießen sie auf eine verkohlte Leiche. Eine verschrumpelte Gestalt mit verkrümmten Gliedmaßen, die wie eine mißgebildete Puppe wirkte, von Kopf bis Fuß schwarz und verkrustet, mit gebleckten weißen Zähnen im weit aufgerissenen Mund.
»Sind Sie sicher, daß es sich um Jimmy Cole handelt?« fragte ich.
»Cole hatte am linken Fuß zwei Zehen zu wenig. Er hat sie sich abgehackt, damit er in Sugarland nicht mehr auf dem Feld arbeiten mußte«, sagte Marvin. Er schaute mich mit funkelnden Augen an und ließ seinen Kaugummi im Mund zerplatzen. »Aber keinerlei Hinweise am Tatort. Moon können wir das nicht anhängen.«
»Sie sehen aus, als ob bei Ihnen gleich eine Sicherung durchbrennt«, sagte ich.
»Der Gerichtsmediziner sagt, daß er woanders zu Tode gekommen ist. Mund und Nase waren voller Erde, die mit Schweinekot durchsetzt ist. Der Gerichtsmediziner meint, daß er womöglich in einem Schweinekoben verscharrt und dann, nachdem die Leichenstarre eingetreten war, wieder ausgegraben wurde.« Er sah meinen Gesichtsausdruck. »Was ist?« fragte er.
»Ich habe Garland Moon gesagt, daß Jimmy Cole meiner Meinung nach tot ist und daß er ihn umgebracht hat. Vermutlich wollte er die Leiche loswerden.«
»Was hatten Sie mit Moon zu schaffen?«
»Einer von den beiden, entweder er oder Cole, hat sich auf meinem Anwesen rumgetrieben. Ich wollte ihn lediglich davor warnen.«
»Lassen Sie sich bloß nicht mit diesem Kerl ein«, sagte er. Aber ich wußte, daß er nicht meinetwegen so aufgebracht war. Er beugte sich vor und schaute mich mit hitziger Miene an. »Sehen Sie, es gibt da etwas, das mir auf den Magen schlägt. Der Brandherd lag auf dem alten Hart-Anwesen. Dort wohnt seit dreißig Jahren niemand mehr. Aber ich hatte das Gefühl, daß die meisten Deputies schon mal dort gewesen sind. Und ich hatte das Gefühl, daß es dem Sheriff nicht paßt, wenn sich dort jemand rumtreibt.«
»Wem gehört das Anwesen jetzt?«
»Einer Firma in Kalifornien, die Immobilien an Leute verkauft, die es satt haben, in schicken Warenhäusern einkaufen zu gehen, in denen sich die Jugendbanden ständig Schießereien liefern. Aber ich wüßte nicht, was es dort zu verbergen gibt, auf einem Stück Land zwischen zwei Hügeln, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen.«
»Warum erzählen Sie mir das?«
»Das ist ja der Witz. Ich arbeite in einem Bezirk,
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