Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)
behängt. Er lief zwischen den Autos auf dem Parkplatz herum, gab sich gutgelaunt und gesellig, hatte eine Pappschale mit Pommes frites in der einen und eine eiskalte Flasche Cola in der anderen Hand. Er mischte sich unter die grüppchenweise beisammenstehenden Teenager, als wäre er ein alter Freund, und erzählte schmutzige Witze, bis sie sich angewidert abwandten.
Dann tauchte Bunny Vogel mit seinem 55er Chevy auf. Ein Mädchen saß neben ihm, ein weiteres neben Darl Vanzandt auf dem Rücksitz. Er fuhr an den anderen Autos vorbei und parkte rund fünf Meter von Moon entfernt rückwärts ein.
Moon ging zu dem Wagen, beugte sich grinsend zum Fenster hinunter und strahlte sie an wie ein guter Bekannter.
»Wer ist denn da alles drin?« sagte er.
Die vier Insassen schauten einander an.
»Wie wär’s, wenn wir uns ein paar Bier besorgen? Vielleicht treib ich auch ein bißchen Gras auf«, sagte er.
»Wir kennen dich nicht, Mann«, sagte Darl.
»Jungs, ich seh euch doch an den Augen an, daß es euch scheißegal is, ob ihr in der Gosse landet oder nicht ... Ich schau mir die Menschen genau an. Ich möchte wissen, woher ihr den Blick draufhabt. Los, wir gehn zu mir und lassen die Sau raus.«
»Mein Auto ist frisch gewaschen. Nimm die dreckigen Pfoten runter«, sagte Bunny.
Ein paar Minuten später waren sämtliche Autos mit quietschenden Reifen davongerast, und Garland T. Moon stand allein mit seinen Pommes und der eisgekühlten Cola auf dem mit Müll übersäten Parkplatz.
Tags darauf spielte Jack Vanzandt eine Viererpartie Golf im Country Club. Beim neunten Grün kam ein Mann, der einen cremefarbenen Anzug, ein mit roten, wie Einschußlöcher wirkenden Blumen bedrucktes Hawaiihemd und nagelneue Kmart-Tennisschuhe trug, auf denen das Wort JOX prangte, vom Wasserhindernis zu ihnen hochspaziert. Die dünnen roten Haare klebten wie eingeölt am Schädel. »Entschuldigen Sie, Sir«, sagte er, »aber ich würde mit Ihnen gern eine Sache bereden, die uns beide angeht... Ich muß schon sagen, daß is ne richtig feine Golfanlage hier, nicht wahr? Ich hab auch schon überlegt, ob ich dem Club beitreten soll.«
Garland T. Moon war in der großen Arrestzelle im Erdgeschoß, unmittelbar neben dem Fahrstuhlschacht. Er hatte Hemd und Jacke ausgezogen, stand mit nacktem Oberkörper da und hatte die Finger in den Maschendraht gehakt.
»Was soll der Blödsinn, Moon?« fragte ich.
»Ich hab sie am Wickel.«
»Aha?«
»Der kleine Pisser, dieser Darl Vanzandt, der hat Jimmy Cole kaltgemacht. Der meint, er wär ein Satansjünger. Ich will euch mal was sagen ... Es gibt Leute, die das wirklich sind, die von Geburt an anders sind ... steht schon in der Bibel, können Sie nachschlagen. Kommen Sie mit, mein Junge?«
»Weshalb wollten Sie mich sprechen?«
»Bestellen Sie seinem Vater, daß ich hunderttausend Dollar will.«
»Sagen Sie’s ihm selber.«
»Bleiben Sie da ... Sie machen das, was ich Ihnen sage, ob es Ihnen paßt oder nicht. Immerhin kann ich bezeugen, daß ich gehört hab, wie Lucas zugegeben hat, daß er das Mädchen vergewaltigt und umgebracht hat.«
»Sind Sie schon mal in der Irrenanstalt gewesen?«
»Ich bin in ner Wanne voller Niggerpisse gewesen, als ich fünfzehn war.« Er spitzte den Mund und grinste mich dann anzüglich an.
»Sie wollen es der ganzen Stadt zeigen, nicht wahr? Mit mir und Lucas oder dem Bauernpack, das Sie mißhandelt hat, hat das gar nichts zu tun«, sagte ich.
»Kennen Sie das alte Bezirksgefängnis, kurz hinter dem Drive-in-Restaurant? Vor einundvierzig Jahren haben mich da zwei Wachmänner jeden Sonntag vormittag über ein Ölfaß gelegt und mich nacheinander rangenommen. Die haben mir das Innerste nach außen gekehrt und sich dabei krank gelacht... Mich werdet ihr erst los, wenn ihr kapiert habt, daß ihr euren eigenen Mist auskehren müßt.«
Ich drehte mich um und ging zur Tür.
»Sie rühren keine Knarre mehr an, weil Sie Ihren besten Freund umgebracht haben! Sie tanzen nach meiner Pfeife, mein Junge!« rief er mir hinterher.
Marvin Pomroy wartete draußen vor der Tür auf mich. Er war Trainer der Baseballjunioren, und am Samstag trug er wie üblich kein Sakko, nur eine helle Leinenhose und ein verwaschenes Golfhemd. Aber seine Haare waren wie immer tadellos gekämmt, und er wirkte wie der typische Puritaner – heiter, abgeklärt, so als betrachte er die böse Welt durch ein Panzerglas.
Ich berichtete ihm, was Moon gesagt hatte.
»Warum ist der ausgerechnet so auf Sie
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