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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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ähnlich.«
    »Ich habe da drunten einen Freund verloren.«
    »Ich wollte damit auch gar nichts sagen.«
    »Das weiß ich doch. Du bist klasse, Pete.«
    Wir führten Beau über den Fahrweg, am Rand des Entwässerungsgrabens entlang, bis zu dem Cafe, in dem wir zu Abend aßen.
    Ich hatte Pete nicht die ganze Geschichte erzählt. Niemandem habe ich erzählt, wie alles ausging, jedenfalls bis jetzt nicht – erst die wochenlange Behandlung in Uvalde und Houston, dann die Operation an meinem rechten Oberarm, die Morphiumträume, die einem zunächst längst vergessene Lüste bescherten und dann Herzflattern, helle Blitze, die neben einem aufflackerten wie Mündungsfeuer, das Gefühl, daß man mitten in der Nacht Besuch hatte, daß ein unsichtbarer Eindringling im Zimmer war, der einem Böses wollte.
    Als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, zog ich wieder über den Fluß, diesmal ohne Dienstmarke, und ritt zu dem Arroyo, in dem man uns aufgelauert hatte, danach zu der Stadt im Süden, in der drei unserer Widersacher – lauter Süchtige, die sich mit Speed um den Verstand gebracht hatten und später von Federales erschossen wurden – in einem Bordell eingekehrt waren und L. Q.s Tod gefeiert hatten. Dann ins Landesinnere, durch ausgedörrte Seen und eine trostlose Mondlandschaft, in der es nichts als nackten Fels und dürre Schlacke gab, hinauf in die Berge, deren Gipfel mit Wolken verhangen waren, bis ich auf ein grünes Tal stieß, über dem der Regen niederging und auf dessen rotbraunen Feldern in Reih und Glied Avocadopflanzen wuchsen.
    Ich meinte, ich hätte den Anführer gefunden, den Mann, dem L. Q. das Gewehr abgenommen hatte.
    Der Inhaber der einzigen Bar am Ort dachte einen Moment nach, nahm dann den Fünfzigdollarschein, den ich auf den Tresen gelegt hatte, faltete ihn zusammen und steckte ihn in die Brusttasche seines Hemds. Er war groß und kräftig, hatte einen schwarzen Bart, und die eine Gesichtshälfte war rauh und schuppig wie ein getrockneter Alligatorbalg.
    »Wissen Sie, ich hab drüben in Arizona Wanderarbeiter vermittelt«, sagte er. »Dort hab ich den Kerl zum erstenmal gesehen. Ich glaub, er hat auf den Vacero-Bussen braunes Heroin rübergeschafft. Ganz schön schlau, was? Ja, Mann, ich hab mit dem Kerl nix am Hut. Kommen Sie mal mit, ich zeig Ihnen was.«
    In der Bar war es kühl und dunkel, es roch nach Bier und Steinmauern, und wenn man durch die Tür schaute, konnte man die Pferde sehen, die draußen angebunden waren, und die langen Sonnenstrahlen, die durch die Eukalyptusbäume am Straßenrand fielen.
    Wir gingen durch die Hintertür zu einer kleinen, aus aufgeschichteten Feldsteinen erbauten Hütte mit einem Dachstuhl aus Zedernholzbalken, über die eine eingeschwärzte Zelttuchplane gespannt war. Der Barkeeper stieß die Tür auf.
    »Hier hat er gelegen. Die Flecken auf dem Boden, das is sein Blut. Der Mann hat keinen Namen, aber er hat einen Haufen Geld. Puta ebenfalls. Gleich zwei«, sagte der Barkeeper. »Die haben mir erzählt, daß sie ihn nicht besonders mögen, weil er immer so grusliges Zeug erzählt und so komische Sachen von ihnen verlangt. Wissen Sie, was ich meine?«
    »Nein.«
    »Er muß beim Militär gewesen sein, drunten in Guatemala vermutlich, wo er den Indios bestimmte Sachen angetan hat... Hier.«
    Der Barkeeper nahm einen Eimer, der am Boden stand, ging nach draußen und kippte ihn aus. Eine abgebrochene Messerklinge und ein Haufen blutiges Verbandszeug fielen heraus. Er drehte die Messerklinge mit der Stiefelspitze um.
    »Die hat ihm der Doktor aus dem Leib geholt. Muß ein mächtiger Macho sein, wer so was mit sich rumschleppt und trotzdem noch an Puta denkt«, sagte er.
    »Wo ist er hin?« Ich spürte, wie mir das Herz im Halse schlug.
    »Ein Flugzeug hat ihn abgeholt. Gleich da draußen auf dem Feld... Hat er jemand umgebracht, mit dem Sie befreundet waren?«
    »Nicht unbedingt.«
    »Dann würd ich’s gut sein lassen, Mann. Den zwei Mädels, seinen Puta, hat er erzählt, daß er Menschen an elektrische Apparate angeschlossen hat... Wollen Sie Ihr Geld wiederhaben?«
    »Nein.«
    »Sie sehen gar nicht gut aus. Ich schenk Ihnen einen Rum ein, und danach gibt’s was zu essen.«
    »Von mir aus«, sagte ich. Ich schaute hinaus in den Dunst, der über den Avocadofeldern hing, dann hinauf zu dem ausgefransten, lilagelben Loch in den Wolken, durch das der Mann, der weder ein Gesicht noch einen Namen hatte, womöglich für immer entschwunden war.

15
    Am nächsten Tag,

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