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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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fixiert?« fragte er.
    »Keine Ahnung.«
    »Sind Sie ihm früher mal über den Weg gelaufen, als Sie noch bei den Texas Rangers waren – oder als Anklagevertreter vielleicht?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    Ein paar Häuser weiter paßte ein Bautrupp eine Querstrebe in das Stahlbetongerüst eines Hochhauses ein. Funken stoben auf, als ein Mann mit einer schwarzen Schutzbrille die Träger verschweißte.
    »Welchen Beruf hat Moon im Gefängnis gelernt?« fragte ich.
    »Der hat Baumwolle gepflückt. Das heißt, wenn er nicht im Bunker war ... Wieso?«
    »Moon ist gelernter Schweißer. Genau wie mein Vater.«
    »Ziemlich weit hergeholt.«
    »Fällt Ihnen was Besseres ein?« fragte ich.
    An diesem Abend fuhr der Sheriff mit seinem neuen Ford-Pickup zu seiner Jagdhütte am Fluß. Er war stolz auf dieses Anwesen. Das Blockhaus war groß und dennoch gemütlich -hohe Decken, mit gelb lackiertem Kiefernholz getäfelt, ein offener Kamin aus Flußsteinen und mit Tomahawks und indianischen Speerspitzen verziert, die aus einem alten Grabhügel stammten, an den Wänden ein präparierter Tarpon und allerlei Luchs- und Hirschköpfe; ein mit grünem Filz bespannter Pokertisch samt Plastikschalen für die Chips, dazu die Glasvitrinen, in denen er seine Jagdgewehre aufbewahrte, eine Tiefkühltruhe voller Enten und Fasane und im Kühlschrank eisgekühlter Wodka und importiertes Bier.
    Er duschte und trocknete sich im Badezimmer ab, ging dann nackt in die Küche, machte eine Flasche deutsches Bier auf, schaltete den Fernseher über der Bar ein und rief mit seinem Funktelefon bei einer Hostessen-Vermittlung in San Antonio an.
    Vom Küchenfenster konnte er die letzten glutroten Strahlen der untergehenden Sonne zwischen den Bäumen oben auf der Anhöhe über dem Fluß sehen, die grauen Felsen, die aus dem Wasser ragten, den Bootsanleger und das gelbe, mit einer Persenning abgedeckte Sportboot, die mit Feldsteinen gepflasterte Terrasse, auf der er ganze Schweine grillte und die hiesigen Politiker bewirtete, die ihn voller Stolz ihren Parteifreunden aus dem Norden vorstellten, so als verkörpere er ihr eigenes Idealbild vom alten Westen.
    Nicht schlecht für einen Jungen, der nur vier Jahre zur Schule gegangen war und jederzeit auf die schiefe Bahn hätte geraten können.
    »Wir arbeiten alle für den weißen Mann«, hatte der Sheriff immer gesagt. »Entweder oben im Sattel mit der Schrotflinte in der Hand oder drunten auf dem Feld mit den Niggern. Aber es führt kein Weg dran vorbei.«
    Die Frau in San Antonio, die seinen Anruf entgegennahm, sagte, daß in zwei Stunden jemand kommen werde.
    Der Sheriff trank sein Bier aus, ließ den letzten Schluck genüßlich durch die Kehle rinnen. Seine massige Brust war dicht behaart, Rücken und Hintern waren voller Narben – lauter Abdrücke von den alten Eisenstollen, die man seinerzeit an den Schuhen hatte, als er mit neunzehn Innenverteidiger bei den Halbprofis gewesen war. Er pellte eine Zigarre aus der Cellophanhülle, zündete sie an, hielt das Streichholz unter den Wasserhahn und warf es in den Mülleimer unter der Anrichte. Dann hatte er sich offenbar umgedreht, vermutlich als er den Schatten hinter sich wahrnahm.
    Er kannte die Axt. Sie hing normalerweise über dem Holzstapel im Schuppen. Er hatte sie eigenhändig geschliffen, bis die Schneide glänzte wie blankes Eis.
    Der erste Schlag traf ihn von schräg oben, knapp unter dem linken Auge, und riß ihm das Gesicht bis zum rechten Mundwinkel auf.
    Was danach kam, konnte man anhand der Blutspur nachvollziehen, die von der Küche bis zu den Glasvitrinen ihit den Gewehren im Wohnzimmer führte, vor denen der Sheriff schließlich liegengeblieben war – unter den präparierten Tierköpfen, die er sich so gern angeschaut hatte, weil er sich dabei immer vorgekommen war wie der Herr über Leben und Tod.

16
    Die Sonne war noch nicht über den Hügeln aufgegangen, als ich am Sonntagmorgen hinter dem polizeilichen Absperrband stand und zusah, wie die Sanitäter die Leiche des Sheriffs auf einer Bahre zum Heck eines Notarztwagens rollten. Marvin Pomroy stupste mich am Arm und ging dann mit mir zu meinem Avalon.
    »Fällt Ihnen dazu was ein?« fragte er.
    »Nein.«
    »Als die Nutte herkam, war er schon mindestens zwei Stunden tot. Der Eindringling hatte das Haus ausräumen können. Hat er aber nicht. Es muß sich also um einen Racheakt handeln, stimmt’s?«
    »In Texas gibt’s viele Sträflinge, die ihn bis aufs Blut gehaßt haben«, sagte

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