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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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einem blaugrauen, neblig-kühlen Samstagmorgen, stand Mary Beth Sweeney früh um sechs an meiner Hintertür. Sie kam von der Nachtschicht, war noch in Uniform und hatte die Daumen in ihren Waffengurt gehakt.
    Ich hielt ihr die Fliegengittertür auf. »Komm rein und frühstücke mit Pete und mir. Wir wollen in ein paar Minuten runter zum Fluß gehen«, sagte ich.
    Sie nahm ihren Hut ab und lächelte mich an.
    »Tut mir leid wegen neulich abend«, sagte sie.
    »Du mußt unbedingt Petes Spiegeleier und die Schweinskoteletts probieren. Davon wird man groß und kräftig, stimmt’s, Pete?«
    Er schaute grinsend von seinem Teller auf. »Ich weiß immer ganz genau, wann er so was sagt«, meinte er.
    Wir fuhren mit meinem Wagen über den Feldweg zum Steilufer. Der Fluß führte Hochwasser, und Nebelschwaden hingen über den graugrünen Fluten, die um die abgestorbenen, im Schlick verhedderten Seidenholzbäume wirbelten.
    Anderthalb Meter unter dem Wasserspiegel befand sich das Dach eines alten Autos, das jetzt mit Schlamm und Moos bedeckt war. Im Winter 1933 hatten zwei Mitglieder der Karpis-Barker-Gang die Bank von Deaf Smith überfallen und anschließend versucht, ihre Verfolger abzuhängen, etliche Texas Rangers und Sheriff-Deputies aus insgesamt drei Bezirken. Die Kugeln der Thompson-Maschinenpistolen hatten das Blech zerfetzt, die Fenster zersplittert und den Benzintank zersägt. Mein Vater hatte gesehen, wie der Wagen von der Straße abkam, durch die Maisscheuer und den Schweinekoben brach, dann Feuer fing und mit einer derartigen Wucht explodierte, daß den Hühnern hinter der Scheune die Federn versengt wurden.
    Der in hellen Flammen stehende Wagen mit den beiden Räubern, die wie schwarze Steinfiguren im Innern saßen, war über das gelbe Gras auf der Wiese gerollt. Die Munition in den gestohlenen Browning-Maschinengewehren war hochgegangen, als der Wagen über das Steilufer gekippt und in den Fluß gestürzt war. Er hatte unter Wasser weitergebrannt wie eine Sternschnuppe, so daß riesige Karpfen, die so dick wie ein Baumstamm waren, auf dem kochenden Fluß trieben.
    Heutzutage hausten in dem Wagen Flußwelse, die einen stählernen Angelhaken aufbiegen konnten, als wäre es eine Büroklammer.
    Mary Beth stieg aus dem Avalon, reckte sich und hängte ihren Waffengurt über die offene Tür. Sie schaute Pete zu, der unten am Fluß den Köder auf seinen Haken zog, wirkte nachdenklich, so als überlege sie sich, was sie sagen sollte.
    »Der Mann, dem du vor meinem Apartment begegnet bist, heißt Brian. Ich hatte mal ein Verhältnis mit ihm. Jetzt nicht mehr. Ich meine, nicht privat«, sagte sie.
    »Ich will dir mal was sagen, Mary Beth. Die meisten Bundespolizisten sind tüchtige Jungs. Der Typ nicht. Er hat dich in Gefahr gebracht, und anschließend hat er versucht, mir zu drohen.«
    »Dir?«
    »Ich nehme an, ihr seid von der DEA. Das FBI schickt seine Leute nicht auf eigene Faust los.«
    »Brian hat dir gedroht?«
    »Er hat’s versucht. Der Typ hat nicht viel auf dem Kasten.«
    »Ich muß mal telefonieren«, sagte sie.
    »Bleib hier, Mary Beth.«
    »Ich laufe zurück.«
    Ich nahm ihren Waffengurt von der Tür.
    »Neun-Millimeter-Beretta«, sagte ich.
    »Willst du mal damit schießen?«
    »Nein.« Ich faltete den Gürtel über dem Holster zusammen und reichte ihn ihr. Die in den Lederschlaufen steckenden Neun-Millimeter-Patronen fühlten sich dick und glatt an. »Ich rühre keine Schußwaffen mehr an. Du kannst meinen Wagen nehmen. Pete und ich gehen zu Fuß.«
    Dann machte sie etwas, mit dem weder Pete noch ich gerechnet hatten. Er strahlte regelrecht vor Überraschung und Freude, als er sah, wie sie mir den Arm um den Hals schlang und mich auf den Mund küßte.
    An diesem Nachmittag rief mich Marvin Pomroy, der Staatsanwalt, zu Hause an.
    »Wir haben Garland Moon eingebuchtet. Er möchte Sie sprechen«, sagte er.
    »Weswegen sitzt er?«
    »Hausfriedensbruch, und außerdem hat er den Leuten eine Heidenangst eingejagt. Kommen Sie her?«
    »Nein.«
    »Der hat irgendwas vor. Es muß was mit der Familie Vanzandt zu tun haben. Aber in einer Stunde müssen wir ihn ohnehin wieder laufenlassen. Also machen Sie von mir aus, was Sie wollen.«
    Am Abend zuvor war Garland T. Moon zunächst beim Shorty’s aufgekreuzt und dann bei dem Drive-in-Restaurant im Norden der Stadt. Er trug Cowboystiefel aus Plastik, eine weiße Bundfaltenhose, ein eng sitzendes ärmelloses Unterhemd und hatte Hände, Hals und Unterarme mit Modeschmuck

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