Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
rot angelaufen. »Ich weiß, was ihr in Mexiko gemacht habt. Der Mann, den du so verherrlichst, war nichts weiter als ein Henker von eigenen Gnaden. Willst du etwa auch so werden?«
    »Er war ein tapferer Mann, Mary Beth. Du solltest so was nicht einfach so dahinsagen.«
    Sie klappte den Weidenkorb auf, holte die Aluminiumbecher für die Limonade heraus und füllte einen nach dem anderen. Dann hielt sie inne und schob sich eine Haarsträhne aus den Augen.
    »Entschuldige bitte, daß ich mich über deinen Freund ausgelassen habe. Sag Pete noch gute Nacht von mir«, sagte sie und ging zu ihrem Auto.
    Am nächsten Morgen fuhr ich um halb sieben zum Fitneßstudio, legte mich auf die gekachelten Stufen im hinteren Bereich des Dampfbads und begann mit einer Reihe von Übungen, die mir der Doktor für meinen Rücken empfohlen hatte. Die Temperatur war auf vierundfünfzig Grad eingestellt, und Dampfwolken zogen durch den Raum, in dem sich außer mir niemand aufhielt.
    Dann ging die Tür auf und wieder zu, und Sammy Mace und Felix Ringo kamen herein und setzten sich nackt auf die Stufen. Sie achteten nicht auf mich. Felix Ringo erzählte eine Geschichte und fuchtelte dabei mit den Händen herum, als drehte er die Pedale eines auf dem Kopf stehenden Fahrrads.
    »Du mußt es ganz schnell machen, Mann. Die Drähte sind bereits an den Typ angeschlossen, und der Typ fängt an zu zucken und zu zappeln, und die Worte sprudeln nur so aus ihm raus. Je schneller du drehst, desto schneller bewegt er den Mund«, sagte Ringo kichernd. »Der Typ hat gesagt, daß er auf gar keinen Fall jemand verrät, hat die Leute angespuckt und so getan, als ob’s ihm wurscht is, als wir ihn in den Keller gebracht haben. Die haben das verdient, Mann, wenn du siehst, was die für Sachen gemacht haben.«
    Er fuhr mit seiner Geschichte fort, beugte sich nach vorn und schaute Sammy Mace von der Seite an, um zu sehen, wie der drauf reagierte. Sammy legte Ringo zwei Finger auf den Arm und warf einen Blick zu mir. Dann schlang er sich ein Handtuch um den Unterleib, stieg die Stufen herunter und setzte sich neben mich. Sein Gesicht war rot angelaufen, glänzte vor Schweiß, war erhitzt vom Dampf und von der Boshaftigkeit, die ihn umtrieb, kurzum, er wirkte wie jemand, für den Gefühle wie Gier, Wut oder Rachsucht jederzeit gegeneinander austauschbar sind. Er musterte mich prüfend, warf einen kurzen Blick auf meinen Unterleib, fixierte meinen Mund und schaute mir dann in die Augen.
    »Sie sind hier Anwalt, was?«
    »Sie haben’s erfaßt.«
    »Mir gefällt’s hier. Es ist so sauber. Hat Ihnen der Biker, den Felix aufgetan hat, weitergeholfen?«
    »Läßt sich jetzt noch nicht sagen, Sammy.«
    Seine Augen waren fast schwarz, die Brauen silbergrau. Er schaute mich unverwandt an, versuchte festzustellen, worauf ich hinauswollte, welche Lügen ich ihm auftischte.
    »Jack Vanzandt war im Krieg Kundschafter, ein echter Held. Er sollte längst Gouverneur von Texas sein. Warum wollen Sie seiner Familie was anhängen?« fragte Sammy.
    »Ist ein schöner Tag heute. Ich glaube, ich geh wieder raus«, meinte ich und wollte aufstehen.
    »Ich rede mit Ihnen«, sagte er und legte mir den Finger ans Brustbein. »Sie haben mich vor meinen Freunden auf diese Sache mit dem toten Polizisten angesprochen. Ich hab’s durchgehen lassen. Aber das heißt nicht, daß ich es vergessen habe.«
    »Wohnen Sie noch in River Oaks?«
    »Und wenn?«
    »Das ist vermutlich die reichste Wohngegend in den Vereinigten Staaten. Der Polizist hatte eine Frau und vier Kinder. Sorgen Sie für die, Sammy?«
    Ich ging an ihm vorbei, verließ das Dampfbad und stellte mich unter die Dusche. Ich ließ mir das heiße Wasser ins Gesicht, über den Kopf und die Schultern laufen. Doch das Zusammentreffen mit Felix Ringo und Sammy Mace war noch nicht vorüber. Sie standen am anderen Ende des Duschraums, schrubbten sich unter der Brause, während ihnen der Seifenschaum über die braungebrannte Haut rann – Männer, die genau wußten, daß die Jugend verging, nicht aber Reichtum und Macht.
    Ich wollte vorbeigehen, ohne sie eines Blickes zu würdigen oder mich noch einmal mit ihnen einzulassen. Doch aus dem Augenwinkel bemerkte ich etwas, das ein Bild heraufbeschwor, wie aus einem Traum, eine Erinnerung an etwas, das L. Q. Navarro gesagt hatte. Felix Ringo hatte auf der rechten Seite, tief unten am Rücken, eine etwa fünfzehn Zentimeter lange Narbe, dick wie ein Regenwurm, wulstig und an den Rändern, wo die

Weitere Kostenlose Bücher