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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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solche bezeichnen mag, und nur durch Gottes Gnade hat sie sich ihre Lauterkeit bewahrt. Doch das heißt nicht, daß ich Gesellen wie Blackface Charley Bryant und seinesgleichen erdulden muß, die meinen, sie müßten ihre Männlichkeit beweisen, indem sie unbewaffnete Menschen mit dem Revolver in Schach halten, nur weil vermutlich ihr Zipfel ein bißchen zu kurz geraten ist.
    Diese Horde mörderischer Spitzbuben bestiehlt sich nicht nur untereinander, was das Zeug hält, sie stecken sich durch ihre Squaws auch immer wieder gegenseitig mit ihren Krankheiten an. Manche mögen zu ihrer Verteidigung einwenden, daß sie nur Opfer der Eisenbahngesellschaften oder einer korrupten Besatzungsregierung wären. Aber ich war dabei, als die Jungs vom vierten Texas-Regiment bei Gettysburg diesen Höhenzug hinaufmarschiert sind, hinein ins Feuer der Unionsartillerie, in zerlumpten Uniformen und ohne Schuhe an den Füßen. Im Lager konnte man trotzdem seine Golduhr über Nacht an einen Baum hängen, und am nächsten Morgen hat sie über einem in der Sonne geglitzert.
    Derlei Gedanken treiben mich um. Sie haben sich in mir aufgestaut wie der Dampf in einer Teekanne, in deren Schnabel ein Korken steckt.
    Der Gestank von dieser Bande hat sämtliches Wild vertrieben, und die Schweine sind ihnen mittlerweile davongelaufen, weil es ihnen zu lästig war, sie im Pferch zu halten. Daher stehlen sie fremde Rinder, und wenn sie keine finden, schießen sie wilde Pferde und essen das Fleisch. Sie legen sich mit einer alten Sharp-Büffelbüchse mit hochklappbarem Visier oben am Steilufer auf die Lauer und bringen sie um, wenn sie am frühen Abend zur Tränke am Cimarron kommen. Für jemanden, der Pferde liebt und ihnen gern zuschaut, ist das ein herzzerreißender und ekelerregender Anblick.
    Endgültig aber hat es mir gereicht, als ich eines Tages aus dem Fenster unserer Hütte geschaut habe und da draußen die größte Sau stand, die ich je gesehen habe, eine Schulterbreite von anderthalb Ellen, und sämtliche Kartoffeln ausgegraben und unsere Tomatenstauden zertrampelt hat. Ich habe ihr ein Seil übergeworfen, sie hinter meinem Pferd her zu Blackface Charleys Höhle geführt und ihm und den drei anderen erklärt, daß sie mir eine ganze Gemüseernte schulden, und die sollten sie mir besser aus ihrem eigenen Garten ersetzen, statt sie irgendwo zu stehlen.
    Charley sagte, da ich das Schwein gefüttert hätte, gehöre es jetzt mir, und damit wären wir quitt. Auf der einen Seite, dort wo er sich verbrannt hat, als sein Revolver nach hinten losgegangen ist, runzelt sich sein Gesicht wie trockene Schlangenhaut, wenn er lächelt.
    Gestern abend sind zirka acht von ihnen zu Pearl Youngers Freudenhaus nach Fort Smith geritten. Ich habe fortwährend auf die Erdlöcher geschaut, zu dem Unrat am Flußufer, auf die Squaws, die lange Flechsen vom Kadaver eines gehäuteten Pferdes geschält haben, und zu guter Letzt habe ich meine 36er Navy-Colts umgeschnallt und bin mit einem großen Kanister voller Petroleum hinabgestiegen. Einer der Doolin-Jungs hat gemeint, er müßte mir Einhalt gebieten, so daß ich ihm einen Hieb mit dem Revolver verpassen mußte und ihn dann auf dem Hosenboden die Böschung hinabgezerrt und in den Fluß geschmissen habe, gleichwohl ich das nicht beabsichtigt hatte. Die Squaws saßen die ganze Zeit da, schauten sich alles an und hatten ihren Spaß dabei. Binnen zehn Minuten quoll aus vier der Höhlen schwarzer Qualm und stieg in dichten Säulen zum Himmel auf. Das Sackleinen, die Decken und das Stroh wurden von der Hitze verzehrt, man konnte hören, wie drinnen die Munition hochging, wie Whiskeyflaschen und Einmachgläser zerplatzten. Jennie stand in einem Hirschlederkleid oben auf dem Hügel und schaute mir zu, als ob ich den Verstand verloren hätte.
    Als ich wieder nach oben kam, war sie nirgendwo zu sehen. Ich konnte mir denken, daß es nicht leicht für sie gewesen ist, als sie zusehen mußte, wie ich ihre Sippschaft ausgeräuchert habe. Aber ich wollte ihr erklären, daß ich nicht einen einzigen Schuß aus meinen Navy-Colts abgefeuert hatte, was vor meiner Berufung gewiß nicht der Fall gewesen wäre. Doch dann sah ich sie ohne Sattel durch ein Sonnenblumenfeld reiten, in ihrem alten Hirschlederkleid, unter dem sie nichts anhatte. Ihre Haut schimmerte im Zwielicht wie eine frische Rose, und sie lächelte mir zu, und einmal mehr wurde mir bewußt, daß sie die schönste Frau war, die einem Mann jemals zuteil werden

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