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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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den grinsenden Mienen der anderen paßte.
    Am nächsten Morgen suchte ich Marvin Pomroy in seinem Büro auf und ließ mir Garland T. Moons Akte vorlegen. Das erste von etlichen erkennungsdienstlichen Fotos war mit einer Büroklammer an das zweite Blatt geheftet. Ich zog es heraus und legte es mitsamt den beiden Fotos aus dem Album meiner Mutter auf Marvins Schreibtisch.
    »Dieses Polizeifoto wurde aufgenommen, als Moon siebzehn war. Schaun Sie sich mal den Jungen auf den Aufnahmen von meinem Vater an«, sagte ich.
    Marvih stützte sich mit den Ellbogen auf die Schreibunterlage, rückte seine Brille zurecht, legte die Finger an die Schläfen und betrachtete die Bilder.
    »Sie haben’s auf den Punkt getroffen. Er hat Ihren alten Herrn gekannt. Aber ich weiß nicht, inwiefern das eine Rolle spielt«, sagte er.
    »Meiner Meinung nach ist er irgendwie zwanghaft auf meinen Vater fixiert.«
    »Na und? Jack the Ripper war möglicherweise Chirurg oder Freimaurer, vielleicht sogar ein Enkel der Königin. Entscheidend ist doch, daß er Huren umgebracht und ausgeweidet hat.«
    »Sie können einen wirklich aufmuntern, Marvin. Sie sollten sich einen weißen Stehkragen besorgen und den Anwalt der kleinen Leute spielen«, sagte ich.
    »Wir sind hier nicht in Mexiko. Halten Sie sich von Moon fern, Billy Bob.«
    »Könnten Sie sich etwas deutlicher äußern?«
    »In Deaf Smith wird nicht Wilder Westen gespielt. Wenn Sie hier ihre tolldreisten Rangermethoden durchziehen, landen Sie selber vor Gericht.«
    Ich nahm die Fotos meines Vaters von seinem Schreibtisch und steckte sie in die Brusttasche meines Hemds.
    »Sammy Mace ist in der Stadt. Gluckt mit Jack Vanzandt und Felix Ringo zusammen. Ich würde da ein Auge drauf haben«, sagte ich und ging, ohne die Tür zu schließen.
    Als ich an diesem Nachmittag vom Fenster meiner Kanzlei auf die Straße schaute und mich fragte, wie ich Lucas vor den Mühlen der Justiz bewahren könnte, hielt unten am Straßenrand ein junger Mexikaner mit seiner Harley und ging durch den Torbogen in das Gebäude. Eine Minute später summte mich meine Sekretärin an, worauf ich die Tür zu meinem Büro öffnete.
    »Sie sind Virgil Morales?« sagte ich.
    Er war groß, hatte keinerlei Knast- oder Bikertätowierungen auf den Armen. Die schwarzen Indianerhaare waren im Nacken leicht gelockt. Er hatte ein Gesicht wie ein Fotomodell, wenn man von dem leicht herabhängenden Lid am einen Auge absah.
    »Woher wissen Sie das?« fragte er.
    »Ach, man hört dies und das.« Ich grinste. »Was hat Sie dazu bewogen, mich aufzusuchen?«
    Er schaute auf die Glasvitrinen mit den Schußwaffen meines Urgroßvaters.
    »Ich will der Gerechtigkeit dienen«, erwiderte er.
    »Gut fürs Gewissen, nehme ich an.«
    »Drunten in San Antonio sind ein paar alte Verfahren gegen mich wieder aufgerollt worden. Mister Ringo sagt, er kann das regeln.«
    »Was für Verfahren?«
    »Wegen Besitz von Marihuana und ein bißchen Koks. Ich bin auf Bewährung, und mein Bewährungshelfer kann mich jederzeit wieder in den Knast bringen. Womöglich krieg ich auch noch was extra draufgebrummt.«
    »Durchaus nachvollziehbar«, sagte ich.
    »Wenn die einen mal am Wickel haben, setzen sie einem ständig zu. Das is, als ob sie bloß so und so viele Namen in ihrem Computer haben und deshalb die Jungs, die sie haben, immer wieder durch die Mangel drehn.«
    »Was haben Sie mir zu bieten, Virgil?«
    Er trug ein ärmelloses rotes T-Shirt, Jeans und auf Hochglanz polierte halbhohe Lederstiefel. Er setzte sich hin und rieb sich die Unterarme.
    »Zu dem Abend, an dem Roseanne umgebracht worden ist? Ich hab auf dem Picknickplatz haltgemacht«, sagte er. »Lucas war so besoffen, daß er in seinem Pickup eingeknackt is. Roseanne wollte, daß ich sie heimbringe. Ich wünschte, ich hätt’s getan. Aber Lucas hat sie nie und nimmer umgebracht.«
    »Hat das sonst noch jemand gesehen?«
    »Ja, ein Mädchen aus Austin, vom College. Sie is auf meiner Maschine mitgefahren. Deswegen konnt ich ja Roseanne nicht mitnehmen. Vielleicht können Sie die ausfindig machen.«
    Ich nickte, während er erzählte. Er ließ den Blick durch mein Büro schweifen und kniff sich ab und zu in den Oberschenkel, knapp unterhalb des Schritts. Ich hatte das Gefühl, daß er auch eine glühende Zigarette vertilgen könnte, ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Warum haben Sie das nicht längst jemandem erzählt?« fragte ich.
    »Weil ich im Knast gewesen bin.«
    »Sie sind doch neulich mit Bunny Vogel

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