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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Wunde genäht worden war, von Einstichlöchern gesäumt.
    Ich ging in den Umkleideraum und schloß meinen Spind auf. Felix Ringo folgte mir und trocknete sich mit einem zusammengeknüllten Handtuch die Haare. Sein Körper glänzte im Schein der erleuchteten Spiegel entlang der Wand. Er rieb sich die Achselhöhlen mit einem Deostift ein.
    »Ich hab gehört, daß Ihre Privatdetektivin den Jungen überprüft hat, den ich zu Ihnen geschickt habe«, sagte er.
    »Schon möglich.«
    »Der Junge is ein guter Zeuge. Sie wittern ständig bloß Fallen. Vermasseln Sie’s nicht.«
    »Wer hat Ihnen ein Messer in die Niere gerammt?« fragte ich.
    Er schaute mich mit funkelnden Augen an, die mich an ein brennendes Streichholz hinter braunem Glas erinnerten.

22
    Am Freitag nachmittag kam Temple Carrol in die Kanzlei und bat mich, sie zu dem mexikanischen Lebensmittelladen auf der anderen Seite des Platzes zu begleiten. Der Wind war warm, selbst im Schatten der Bäume vor dem Gerichtsgebäude. Wir nahmen unter den Ventilatoren bei der alten Sodazapfsäule Platz und bestellten uns Tacos und Eistee. Während sie aß, las sie aus einem Notizbuch vor, das sie neben dem Ellbogen liegen hatte.
    »Virgil Morales hat, was seine Person angeht, die Wahrheit gesagt«, meinte sie. »Treibt sich mit einer Bande Biker rum, die sich die Purple Hearts nennen, war seit seinem dreizehnten Lebensjahr wiederholt in Jugendhaft und zweimal wegen Drogenbesitzes und Kneipenschlägereien im Bezirksgefängnis. Außerdem sind drei Vaterschaftsklagen gegen ihn anhängig. Mit anderen Worten: der typische mexikanische Gangster, der nichts in der Birne hat, aber meint, daß er jeden Moment entdeckt wird und in Hollywood große Karriere macht.«
    Der Deckenventilator blies ihr eine Haarsträhne ins Gesicht.
    »Wie würde er sich deiner Meinung nach bei einem Lügendetektortest machen?«
    »Ein Junge, der sich vermutlich einen Joint dreht, wenn die Welt untergeht? Was meinst du denn?«
    »Was ist mit dem Mädchen, das er angeblich dabeihatte?«
    »Sie wohnt in Austin, insoweit stimmt das. Aber sie ist keine Studentin, sondern Bedienung in einem Ratskeller in der Nähe der Uni. Jedenfalls war sie einmal auf Entzug, hat tätowierte Drachen auf der Schulter und fährt auf Biker ab. Du solltest eventuell einen Sprachlehrer für sie engagieren.«
    »Wieso das?«
    »Jedes dritte Wort, das sie sagt, reimt sich auf heiße. «
    »Sagt sie das gleiche aus wie Virgil?«
    »Sie sagt, Lucas hat in seinem Pickup geschlafen, und Roseanne Hazlitt hat sich im Gebüsch übergeben. Sie sagt, sie hätten versucht ihn aufzuwecken, aber es ging nicht.«
    »Lucas hat geschlafen, als der erste Streifenwagen am Tatort eintraf«, sagte ich. »Wenn man im Vollrausch ist, wacht man nicht einfach auf, bringt jemanden um und schläft anschließend weiter. Hervorragende Arbeit, Temple.«
    Sie antwortete nicht. Mit ausdrucksloser Miene schaute sie zu der mit Fliegengitter bespannten Ladentür.
    »Stimmt was nicht?« fragte ich.
    »Die Sache stinkt. Meiner Ansicht nach war das alles zu einfach.«
    »Die beiden erzählen die gleiche Geschichte. Warum sollte das Mädchen wegen Lucas einen Meineid riskieren?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Diese Sache betrifft dich persönlich, Billy Bob. Du siehst das nicht aus dem richtigen Blickwinkel. »Wie soll ich es bloß ausdrücken?«
    »Komm schon, Temple. Stell dich nicht so an.«
    »Was ist mit dieser Sweeney? Du weißt, daß sie eine Art Undercover-Agentin ist. Wenn das FBI oder wer immer auch dahintersteckt hier fertig ist, haut sie wieder ab, und du und ich und Pete und Lucas hocken nach wie vor am gleichen Ort zusammen. Bloß daß keiner von uns mehr weiß, wer wirklich seine Freunde sind.«
    »Das stimmt nicht. Du weißt, wieviel Hochachtung ich vor dir habe.«
    »Weißt du, welches Wort das Mädchen aus Austin ständig gebraucht? Scheiß. Jawoll, genau das isses, Scheiß. Wie in scheiß drauf. «
    Ich nahm die Rechnung und zahlte vorne an der Kasse. Als ich zum Tisch zurückkehrte, war Temple weg.
    Ich konnte in dieser Nacht nicht schlafen. Ich ging im Bademantel nach unten, schaltete die Schreibtischlampe in der Bibliothek an und las, während draußen Wetterleuchten über den Himmel zuckte, in Urgroßpapa Sams Tagebuch.
     
    26. August 1891
    Ich bin zu der Überzeugung gelangt, daß man der Rose vom Cimarron keine Vorwürfe wegen der Verbrechen machen sollte, die ihre Sippschaft begangen hat. Sie ist unter Menschen groß geworden, die man kaum als

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