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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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aneinandergeraten. Da waren Sie nicht im Knast.«
    »Ich bin grad rausgekommen. Wenn Sie nichts von mir wissen wollen, hau ich wieder ab. Wo stammen die alten Knarren her?«
    »Draußen beim Shorty’s haben Sie Bunny als Zuhälter bezeichnet. Wie kommen Sie dazu?«
    »Kann ich mich gar nicht mehr dran erinnern.«
    »Andere aber.«
    Er schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Fällt mir beim besten Willen nicht mehr ein. Vielleicht war ich bloß stinkig. Bunny und ich haben mal ein bißchen Zoff wegen Roseanne gehabt.«
    »Hat er sie Ihnen ausgespannt?«
    Virgil zuckte mit den Achseln. »Ja, so ungefähr. Ich hab aber nach wie vor auf sie gestanden. Sie war n prima Mädel. Viel zu gut für die reichen Kids.«
    Ich versuchte seine Miene zu deuten, seinen Tonfall, und stellte fest, daß die letzte Aussage offenbar ehrlich gemeint war.
    »Wie alt sind Sie, Virgil?«
    »Einundzwanzig.«
    »Ich glaube, Sie haben schon allerhand hinter sich.«
    »Bestellen Sie Mister Ringo, daß ich Ihnen weitergeholfen hab?«
    Ich schob ihm einen gelben Notizblock und einen Stift zu.
    »Schreiben Sie das alles auf, ja?« sagte ich.
    Als er aufbrach, ging ich ans Fenster und sah zu, wie er seine Harley anwarf, aufröhren ließ, daß der Lärm zwischen den Häusern widerhallte, und davondonnerte. Als ich mich umdrehte, saß L. Q. Navarro in dem Hirschledersessel, hatte sein Rangerblatt in der Hand und warf die Karten in die Krone seines Huts.
    »Glaubst du ihm?« fragte er.
    »Er kann Marvins Anklage erschüttern.«
    »Der Junge ist mit allen Wassern gewaschen, mein Guter.«
    »Ganz genau. Weshalb sollte er sich also wegen eines mickrigen Drogenvergehens auf einen Meineid in einem Mordprozeß einlassen?«
    »Im Bezirskgefängnis kann’s dir genauso dreckig gehn wie in Huntsville.«
    »L. Q.,du kannst einfach jeden in Grund und Boden reden.«
    Er senkte den Kopf und grinste, wie immer, wenn er sich entschlossen hatte nachzugeben, und schnippte mit zwei Fingern den Joker in seinen Hut.
    Die Sonne stand rot und glühend über den Hügeln vor dem Fenster in meiner Bibliothek, und die Weiden am Rand des Weihers wiegten sich im Wind. Mary Beth und Pete hatten in der Küche Sandwiches fürs Abendessen zubereitet. Ich hörte sie nicht kommen.
    Sie sah das in den Gürtel eingeschlagene Holster mit L. Q.s Revolver auf dem Schreibtisch liegen, daneben das Tagebuch von Urgroßpapa Sam. Ich hatte die alten Patronen aus den Lederschlaufen genommen und sie durch neue Remington-Munition ersetzt. Danach hatte ich den Revolver zerlegt, gereinigt, sämtliche Federn und beweglichen Teile geölt und eine Bürste durch den Lauf gezogen, bis die Züge wieder silbern schimmerten.
    »Ich dachte, du hast keine Schußwaffen im Haus«, sagte sie.
    »Der hat L. Q. Navarro gehört«, erwiderte ich.
    »Aha.«
    »Ich habe ihn in einem Schließfach aufbewahrt. Ich hatte Angst, er könnte rosten.« Ich legte ihn mitsamt dem Munitionskarton, der Laufbürste und dem Ölkännchen in die Schreibtischschublade und schloß sie ab.
    Sie ging zum Fenster und betrachtete den Sonnenuntergang.
    »Geht es um Moon?« fragte sie.
    »Es gibt manchmal Sachen, die will man gar nicht so genau wissen.«
    »Eine windelweiche Antwort.«
    Sie verzog sich wieder in die Küche.
    Anschließend gingen wir zum Weiher, breiteten ein kariertes Tischtuch im Gras aus und richteten die Sandwiches und die russischen Eier auf Papptellern an. Pete griff sich eine Handvoll Köderwürmer aus einer Kaffeedose, zog sie auf die Angelhaken und legte seine drei Ruten im. Schilf aus. Die Sonne ging hinter den Hügeln unter, und die Dämmerung brach an, doch am Wasser war es nach wie vor warm und schwül, und es wimmelte von Insekten.
    »Du mußt ein bißchen zurückstecken«, sagte sie.
    »Vor jemandem wie Moon?« fragte ich.
    »In jeder Hinsicht. Du kommst den Bundesbehörden zu sehr ins Gehege.«
    Sie blickte hinaus aufs Wasser, schaute mich nicht ein einziges Mal an. Sie schob die Daumen in die Taschen ihrer Reithose.
    Ich legte ihr die Hand auf den Rücken, spürte die Hitze, die sie ausstrahlte.
    »Diese Typen haben Pete bedroht. Sie wollten mich fertigmachen«, sagte ich.
    »Meinst du etwa, das ist mir nicht bewußt?«
    »Wir gehen miteinander, und ich habe nach wie vor keine Ahnung, wer du überhaupt bist«, sagte ich.
    Sie ging nicht darauf ein.
    »Mary Beth?« sagte ich.
    »Vielleicht weißt du selber nicht, wer du bist, Billy Bob«, erwiderte sie. Sie drehte sich um und schaute mir ins Gesicht. Ihr Hals war

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