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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Tröten auf der Schulter angehabt. Er war weggetreten, hatte die Unterhose runtergezogen, und sie hat ins Gebüsch gekotzt«, sagte sie.
    Lucas’ Gesicht lief dunkelrot an.
    »Ja, sie hat recht. Aber ich versteh nicht, worum es geht«, sagte er.
    Temple trat hinter Jamies Stuhl, legte ihr die Hand auf die Schulter und strich mit den Fingern über die Drachentätowierung.
    »Komm, Kleine, wir unterhalten uns mal über langärmlige Blusen. Was für welche trägst du, medium oder eher größer?« fragte sie.
    Als Jamie und Virgil weg waren, nahm Lucas vor meinem Schreibtisch Platz.
    »Es geht um meinen Vater. Normalerweise trinkt er nicht. Aber letzte Nacht hat er draußen am Wasserbecken bei der Windmühle gesessen und sich fast n halben Liter Whiskey reingekippt«, sagte er.
    »Die Sache setzt ihm ziemlich zu«, erwiderte ich.
    »Darum geht’s nicht.« Er drehte sich um und schaute Temple an.
    »Schieß los. Hier dringt nichts nach draußen«, sagte ich.
    »Er wollte nicht reinkommen. Er hat da draußen auf der Erde geschlafen. Heut morgen hat er geduscht und ein paar Aspirin geschluckt, und ich hab was zum Frühstück gemacht, und er hat sich hingesetzt und gegessen, als ob’s ein Stück Pappkarton wäre.«
    Ich wartete. Lucas zupfte an seinem Hemdsärmel und schniefte, als ob es im Zimmer zu kalt wäre.
    »Er hat gesagt, daß er mit Vanzandt abrechnen will. Ich sage: ›Meinst du Darl, wegen dem, was er im Country Club gemacht hat?‹
    Und er sagt: ›Darl macht so was bloß, weil ihn sein Vater läßt. Sein Vater kommt immer wieder davon, weil er reich is. So funktioniert das in diesem Bezirk.‹
    Ich sag: ›Es liegt an Darl. Irgendwas stimmt mit dem nicht. Sein Vater kann nichts dafür.‹
    Und er sagt: ›Du bist ein braver Junge, mein Sohn. Ich bin stolz auf dich. Jack Vanzandt kann sich auf was gefaßt machen.‹
    So was hat mein Vater noch nie gesagt, Mister Holland. Seine Pistole, die, die er vom Militär mitgebracht hat – ich hab nachgeschaut, und sie war nicht mehr in seiner Kommode.«
    »Ich glaube nicht, daß dein Vater jemanden umbringt, Lucas.«
    Wieder schaute er nach hinten.
    »Möchtest du, daß ich gehe?« fragte Temple.
    Ich hob die Hand. »Fahr fort, Lucas«, sagte ich.
    »Er hat’s im Krieg gemacht. Bei nem Lieutenant, der ständig seine Leute in den Tod geschickt hat. Mein Papa hat eine Handgranate in sein Zelt geschmissen.«
    »Wo ist dein Vater jetzt?«
    »Läßt sich drunten an der Straße die Haare schneiden.«
    Ich zwinkerte ihm zu.
    Doch meine Zuversicht war nur gespielt. Weder ich noch irgend jemand anders in Deaf Smith hatte auch nur den geringsten Einfluß auf Vernon Smothers. Seiner Meinung nach war Unversöhnlichkeit eine Tugend, barsches und rüpelhaftes Benehmen ein Zeichen von Stärke, Vernunft das Mittel, das die Reichen einsetzten, damit sich die Armen in ihr Los fügten, und Bildung bedeutete nichts anderes, als daß man Bücher las, in denen die Mächtigen und Erfolgreichen ihre historischen Lügen verbreiteten.
    Ich war regelrecht erleichtert, als ich im Friseursalon erfuhr, daß Vernon schon wieder gegangen war. Doch dann fügte der Friseur hinzu: »In die Kneipe gleich nebenan. Und bestellen Sie ihm, daß er da auch bleiben soll, ja?«
    In der Taverne war es kühl und dunkel. Ein paar Poolspieler lieferten sich lautstark einen Wettkampf, und am anderen Ende des langen Holztresens saß Vernon Smothers über einen Teller gebeugt, schälte ein hart gekochtes Ei und hatte eine Tasse Kaffee neben sich stehen.
    Betrunken wäre er mir fast lieber gewesen. Er hatte einen weißen Strohhut auf und wirkte geradezu trügerisch gelassen, so wie man vermutlich aussieht, wenn man am Rande eines Nervenzusammenbruchs steht – mit wissendem, resolutem Blick, so von seiner persönlichen Meinung überzeugt, daß nichts und niemand etwas daran ändern konnte.
    Ich winkte den Barkeeper weg und blieb neben ihm stehen.
    »Wir haben zwei Zeugen gefunden, Vernon. Ich glaube, Lucas kommt davon.«
    »Willst du ein Ei?«
    »Jack Vanzandt hat vor Gericht nichts zu melden.«
    »Hat er doch, verflucht noch mal.«
    »Vertraust du mir etwa nicht?«
    »Ich hab den Leuten vertraut, die mich nach Vietnam geschickt haben. Ich bin auf nem Truppentransporter heimgekommen, unter der Golden Gate Bridge durch. Die Leute droben auf der Brücke haben Papiertüten voll Scheiße auf uns geworfen.«
    »Ich bin, ehrlich gesagt, der Meinung, daß dir was anderes gar nicht recht gewesen wäre«, sagte ich und ging an

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