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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Taille reichte, stand Garland T. Moon in seinem blauen Sergeanzug, aber ohne Hemd. Er hatte eine billige Rute in der Hand und warf gerade den Angelhaken in die Strömung.
    Ich stieg aus dem Avalon und schaute vom Steilufer aus zu ihm hinab. In der untergehenden Sonne wirkte seine Haut wie in Jod getaucht.
    »Das ist ein öffentliches Gewässer. Jedenfalls laut der Gesetze des Staates Texas«, sagte er. An seiner Unterlippe, dort, wo ich ihn getroffen hatte, war ein brauner, dreieckiger Grind.
    »Ich lasse Sie trotzdem festnehmen.«
    Er leckte über die verschorfte Stelle, ehe er antwortete. »Ich dachte, es interessiert Sie vielleicht, daß ich mir einen Anwalt aus Dallas besorgt habe, einen Bürgerrechtler.«
    »Wissen Sie, wer Sammy Mace ist?« fragte ich.
    »Ein Schmalzkopf aus Houston?«
    »Er ist hier in der Stadt. Ich glaube, Sie sind ihm geschäftlich in die Quere gekommen. Aber vielleicht irre ich mich auch.«
    Er holte den Haken aus dem Wasser und warf ihn in hohem Bogen wieder in die Strömung.
    »Bevor Sie mir eine geknallt haben, haben Sie gesagt, Ihr Vater wär ein anständiger Mann gewesen. Dieser ›anständige‹ Mann hat mich von der Arbeitsstelle davongejagt. Sechzehn Jahre war ich alt, als er mich mit seinem Pickup raus zum Highway gebracht und mir gesagt hat, ich soll aussteigen. Ich hatte keine Unterkunft, kein Essen, keine Angehörigen, rein gar nix.«
    »Wenn er Sie davongejagt hat, haben Sie ihn vermutlich bestohlen oder etwas noch Schlimmeres angestellt. Vermutlich war es etwas Schlimmeres.«
    Er schwieg eine ganze Weile, lächelte nur vor sich hin. »Haben Sie sich schon mal gefragt, warum Ihr Vater einem straffälligen Jungen wie mir geholfen hat?«
    »Er war gut zu Tieren und allerlei Lumpenpack. Das war so seine Art, Moon.«
    »Ich hab rötere Haare als Sie, aber das kommt vielleicht daher, daß meine Mutter rothaarig war. Denken Sie mal nach, mein Junge. Hat Ihr Papa zirka fünfzehn Jahre vor Ihrer Geburt an einer Pipeline in der Nähe von Waco gearbeitet?«
    Ich stieg in den Avalon, fuhr zum Haus zurück und rief die Polizei. Mittlerweile war mir speiübel.
    Als ein Streifenwagen mit einem Deputy am Steuer eintraf und ich mit ihm zum Fluß fuhr, war Moon verschwunden.
    »Stimmt was nicht, Billy Bob?« fragte Pete, als ich in die Küche kam.
    »Nein, mein Freund. Alles in bester Ordnung.«
    Laß dir von Moon keinen Tort antun, sagte ich mir. Damit macht er sich die Menschen gefügig. Er sorgt dafür, daß sie sich selber hassen.
    »Willst du ein Eis?« fragte Pete.
    »Heute nicht.«
    Er schaute mich nach wie vor verwundert an. Dann hörte ich Temples Wagen in der Auffahrt, und im nächsten Moment stürmte Pete durch die Fliegengittertür hinaus und ließ sich wieder zu ihr nach Hause bringen.
    Es ist eine Situation, vor der sich jeder anständige Polizist fürchtet. Sie kommt unerwartet, wie aus heiterem Himmel, und plötzlich steckt man mittendrin. Später, wenn man das ganze Geschehen noch einmal vor seinem inneren Auge ablaufen läßt, sich zu rechtfertigen versucht, sich fragt, ob es Alternativen gegeben hätte, bleibt man immer wieder beim letzten Bild hängen, dem einzigen, das zählt und bei dem einem klar wird, wozu man wirklich fähig ist.
    Mary Beth trat nach nur zweitägiger Pause wieder zum Dienst an.
    In dem Anruf, der bei der Polizei einging, war von einem Ruhestörer die Rede, der sich unbefugt auf dem Gelände des Skeet-Clubs herumtrieb – ein Vorfall, bei dem es normalerweise genügte, wenn man einen Streifenwagen hinschickte, dem Betreffenden gut zuredete, ihn möglicherweise vom Grundstück geleitete und allenfalls vierundzwanzig Stunden lang einsperrte.
    Vernon Smothers suchte Jack Vanzandt zunächst in seinem Büro, dann zu Hause, am Jachthafen und im Country Club. Am späten Nachmittag traf er beim Skeet-Club ein und parkte bei dem Pavillon, vor einer Reihe von Wurfgeräten, mit denen die Tontauben in Richtung der Bäume im Hintergrund geschleudert wurden.
    Bunny Vogel sah ihn zuerst, sah seine wild entschlossene Miene, aus der Wut und Angst zugleich sprachen, und ging ihm vom Pavillon aus entgegen.
    »Sind Sie heute abend hier zu Gast, Mister Smothers?« fragte Bunny.
    Vernons Khakihose und sein Drillichhemd waren sauber und frisch gebügelt. Er hatte seinen weißen Strohhut schief nach hinten geschoben und schaute Bunny mit starrem Blick an. Ein heißer trockener Geruch schien von seiner Haut und Kleidung aufzusteigen.
    »Sie müssen Mitglied oder geladener Gast

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