Dunkler Sturm - Roman
was immer es war, ich hatte nichts damit zu tun.«
Lydia runzelte die Stirn. »Sie hat Sie nicht mitgenommen?«
»Nein, warum?«, erkundigte sich De Mona.
»Weil alle Valkrin gezwungen sind zu kämpfen; das ist die älteste Tradition ihrer Kultur. Wenn Mercy Sie nicht mitgenommen hat, dann muss sie Sie vor den Ältesten geheim gehalten haben. Nicht neben den eigenen Schwestern in der Schlacht zu stehen wird mit dem Tod bestraft. Es tut mir leid. Ich dachte, Sie wüssten das alles.«
De Mona schüttelte den Kopf. Jedes Mal, wenn sie glaubte, sie wäre endlich aus ihrer Mutter schlau geworden, erfuhr sie etwas Neues über sie. Als sie jetzt all die neuen Informationen über Mercy und ihre Sippe erfuhr, dachte De Mona an den Tag zurück, an dem sie dieWahrheit über sich selbst erfahren hatte. In ihren ersten elf Jahren war sie ein glückliches kleines Mädchen gewesen, das ein scheinbar normales Leben mit ihren liebevollen Eltern führte. Ihre Mutter war trotz ihrer Kraft und Willensstärke die perfekteVerkörperung der amerikanischen Hausfrau. Sie kümmerte sich um alles im und um das Haus, während De Monas Vater die Familie ernährte. Eines Tages hatte De Mona in dem Park in der Nähe ihres Hauses gespielt, als ein streunender Pitbull in ihre Nähe kam. Sie wusste es nicht besser und versuchte, den Hund zu streicheln. Er biss sie. Als De Mona das Blut auf ihrem neuen weißen Kleid sah, bekam sie einen Schock.
Die nächsten Augenblicke waren in ihrer Erinnerung etwas verschwommen, aber sie wusste noch, dass es nach brennendem Holz gerochen und sie ein Wimmern gehört hatte. Als sie aus ihrer Benommenheit hochfuhr, lag der Hund zu ihren Füßen. Sein Kopf war in einem seltsamen Winkel zur Seite geneigt. Als sie die Stelle auf ihrem Arm berührte, wo er sie gebissen hatte, stellte sie nicht nur fest, dass die Wunde heilte, sondern auch, dass sie sich veränderte. Ihre zierlichen Hände waren jetzt gekrümmte Klauen, und ihre Haut war so glatt wie Leder. Als sie die Klauen vor ihr Gesicht hob, spürte sie Knorpel unter ihrer Stirnhaut. De Mona rannte davon und schrie nach ihrer Mutter, in der Hoffnung, dass sie alles wieder in Ordnung bringen könnte. Doch als sie ihre Mutter erreichte, war sie entsetzt. Mercys Gesicht war nicht mehr das der liebenden Mutter, die De Mona bis dahin gekannt hatte, sondern das des Dämons, den sie soeben entdeckt hatte. Nachdem Mercy De Mona beruhigt hatte, brachte sie sie nach Hause. Dort erzählten ihre Eltern ihr dieWahrheit über das, was sie in Wirklichkeit war.
Als Mercy verschwand, hatte De Monas Vater sie in dem Glauben gelassen, dass ihre Mutter einfach nur durchgebrannt war. Aber ihre Verfehlungen reichten viel tiefer. In De Monas Herz hatte Mercy nicht nur sie selbst, sondern auch die Welt im Stich gelassen, die Mercy aufgenommen hatte. De Mona war immer wütend auf ihre Mutter gewesen, weil sie sie im Stich gelassen hatte, aber dass sie ihr Schicksal mit dem der Armeen der Finsternis verknüpft hatte? Es war kein Wunder, dass Akbar De Mona hasste, denn im Augenblick wusste sie nicht einmal selbst genau, wie sie zu sich stand.
»Als wäre ich nicht ohnehin schon ein Loser …« De Mona sackte in sich zusammen.
»So wie wir hier lehren, darf niemand nach den Handlungen seiner Familie beurteilt werden, sondern nur nach seinen eigenen Taten.« Bruder Angelo betrat mit Akbar auf den Fersen den Raum. Er war ein gutaussehender Mann mit einer geraden, stolzen Haltung. Sein Haar war immer noch so dicht und lockig, wie Redfeather es in Erinnerung hatte, obwohl sich bereits graue Strähnen darin mischten. Angelo trug ein enges schwarzes Hemd, das seinen muskulösen Körper betonte. Seine kräftigen Arme waren mit Tätowierungen bedeckt, die denen auf Akbars Gesicht ähnelten. Obwohl Bruder Angelo ganz normal wirkte, spürte De Mona die Macht, die ihn umgab.
Bruder Angelo Annapolis war ein Hoher Bruder oder, wie man es auch nannte, die Essenz. Er war die lebende Verkörperung der Macht, die in den Großen Hallen des Allerheiligsten pulsierte, und er war der Leiter ihres Ordens. Jedes Haus hatte einen Hohen Bruder, aber selbst unter den anderen Brüdern war Bruder Angelo der am meisten respektierte. Seit seiner Geburt war er dazu erzogen worden, eines Tages dem Orden zu dienen, wie es Tradition war. Als Angelo in sein Amt gewählt wurde, wurde er durch einen Eid an den Orden gebunden und mit der Magie ausgestattet, die in den Wänden des Allerheiligsten gefangen war. Wegen der
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