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Dunkler Wahn

Dunkler Wahn

Titel: Dunkler Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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den geringsten Verdacht bei ihm zu erregen.
    Schließlich war ihm der Gedanke gekommen, dass es sich bei der Frau tatsächlich um eine Unbekannte handelte. Eine Person, die er nicht kannte, die aber ihn zu kennen glaubte. Vielleicht durch Carlas Buch.
    Dieser Gedanke hatte ihn fast verzweifeln lassen. Denn wenn es wirklich so war, hatte er nichts in der Hand, womit er sich gegen diese Frau zur Wehr setzen konnte. Er war ihr schutzlos ausgeliefert, während sie ihr Spiel mit ihm trieb.
    Das alles wäre nicht weiter schlimm gewesen – er hätte abwarten können, bis sie sich eines Tages aus irgendeiner Unachtsamkeit heraus selbst verriet –, aber gestern Abend
hatte sie ihm zum ersten Mal Angst gemacht. Sie hatte ihm ihre unberechenbare Seite gezeigt. Eine gefährliche Seite, die ihn in seinem Verdacht bestärkte, sie könnte tatsächlich die Mörderin von Volker Nowak sein. Und dass sie gegebenenfalls zu weiteren Morden in der Lage war, sofern ihr kranker Geist dies für nötig hielt.
    Diese Angst hatte ihn angetrieben, gewissenhaft nachzuforschen, ob es nicht vielleicht doch einen Anhaltspunkt gab. Irgendetwas, das er bisher übersehen hatte. Einen Strohhalm, an den er sich klammern konnte.
    Doch er hatte nichts gefunden.
    Ich weiß nicht, wer sie ist , lautete das frustrierende Resultat seiner Nachtaktion.
    Irgendwann gegen Morgen musste er schließlich am Küchentisch eingenickt sein, und als er sich jetzt aufrichtete, gab sein Rücken einen unguten Knacklaut von sich. Jans Nacken schmerzte von der unbequemen Haltung, aber noch mehr setzten ihm seine Kopfschmerzen zu. Sein Puls pochte in den Schläfen, als wollte sich das Blut jeden Augenblick den Weg ins Freie sprengen.
    Kein Wunder, dachte er und schob die Flasche Single Malt von sich, die direkt neben dem Notizblock aufragte. Gestern war ihm in seiner Verzweiflung sehr nach einem Schluck zumute gewesen, doch heute Morgen reichte allein der Anblick der Flasche aus, dass sich sein Magen verkrampfte.
    Wieder klingelte das Telefon. Ein penetranter Laut. Der Anrufer hatte es durchläuten lassen, bis sich der Anrufbeantworter zugeschaltet hatte. Dann hatte er aufgelegt, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, nur um gleich darauf wieder anzurufen. Wer immer es auch war, er war beharrlich. Er – oder sie .
    Jan wankte durch das Esszimmer zur Theke in der
Küche, auf der das Mobilteil lag. Das Display zeigte Externer Anruf . Keine Rufnummer.
    »Hallo?« Seine Stimme klang vom Schlaf belegt, und der Whisky hatte seine Zunge in ein trockenes, pelziges Etwas verwandelt.
    Jan hörte ein Rascheln am anderen Ende der Leitung, dann ein zögerlich leises »Habe ich dich geweckt?«.
    »Carla? Bist du das?«
    Die Antwort war ein entnervtes Seufzen. »Nein, ich bin nicht Carla«, zischte die Frauenstimme, und Jan spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten.
    Sie ist es!
    Schlagartig war er stocknüchtern, und auch die Nackenschmerzen waren vergessen. Diese Stimme hatte eine weitaus höhere Wirkung als jede Kanne starker Kaffee und alle Aspirin in seinem Medizinschrank zusammen.
    »Das Miststück hat dich verlassen, schon vergessen? Sie macht jetzt Karriere mit deiner Geschichte, das weißt du doch. Sicherlich vögelt sie schon längst mit einem anderen, und auch das weißt du. Nein, mein Lieber, die ruft dich bestimmt nicht mehr an.«
    Jans Hand krampfte sich um das Telefon. »Wer sind Sie?«
    »Ach, Schatz, nun lass doch diese albernen Spielchen. Ich bin heute wirklich nicht in der Laune dafür.«
    Er presste die freie Hand auf seine pochende Schläfe und musste sich zusammennehmen, nicht zu schreien. Sie durfte diesmal nicht auflegen. Nicht, bevor er nicht wusste, wer sie war. Dennoch wurde seine Stimme laut.
    »Sag mir deinen Namen!«
    »Also gut.« Wieder das Seufzen, doch diesmal klang es, als hielte sie Jans Frage tatsächlich für einen Scherz. Sie war überzeugt, dass er sie kannte. Aber er konnte diese
Stimme beim besten Willen niemandem in seinem Bekanntenkreis zuordnen. Diese heisere, mal hell, mal dunkel schwankende Stimme passte zu keiner der Frauen, die er kannte.
    »Nenn mich Jana.«
    »Jana«, echote Jan. »Ist das dein richtiger Name?«
    »Spielt das eine Rolle? Jan und Jana«, sie kicherte. »Uns verbindet das A, der erste Buchstabe. Der wichtigste. Das ist doch passend, findest du nicht? Schließlich bist du mir der Wichtigste von allen. Ich habe doch nur dich.«
    Das war ein Anfang, dachte er. Hier konnte er ansetzen.
    »Nur mich? Was ist mit anderen

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