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Dunkler Winter

Dunkler Winter

Titel: Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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sie mir. Silvus saß da, hatte die Hände um ein angezogenes Knie gelegt und schien zu meditieren. Ich be schloss, ihn aus seiner Ruhe aufzurütteln. »Weißt du, die ser Haufen wird den erstbesten Vorwand benutzen, um kehrtzumachen«, sagte ich und versuchte es halb scherzhaft herauszubringen. »Das muss dir auch klar sein.«
    Silvus hob den Kopf und blinzelte mich an. Er glich einer Eidechse, die sich noch einmal von der Herbstsonne aufwärmen lässt. »Hm? Ach ja, das bezweifle ich keinen Augenblick. Aber wenn Ruane mit den anderen deser tiert, wird Nathan ihn kurzerhand absetzen, als Feigling und Verräter brandmarken und seines Lehens für verlustig erklären, alles im Namen der Ehre. Das wäre eine Gelegenheit, die er sich schon lange wünscht.«
    Ich war ernüchtert. Das kam unerwartet. Ich begriff, dass er es ernst gemeint hatte. »Aber warum, bei allen Göttern?«, fragte ich. »Ruane ist die Willfährigkeit selbst. Nathan könnte sich keine bessere Marionette wünschen.«
    Silvus zog eine Braue hoch. Er mahnte mich, leiser zu sprechen. Dann fuhr er in unverändertem Ton fort: »Ja, aber Ruane ist vom alten Haus. Es gibt da noch immer eine gefühlsmäßige Anhänglichkeit, und Nathan muss als Emporkömmling vorsichtig agieren; eine Revolte seiner Lehensträger wäre etwas, was er zur Zeit wirklich nicht brauchen kann. Er kann nicht über Tenabra herrschen, als wäre es sein Eigen, und er kann sich Ruane nicht ohne einen Grund vom Hals schaffen, den die alten Familien und das Volk als triftig ansehen würden. Vorläufig nicht. Wenn diese Gelegenheit nicht gekommen wäre, müsste er vielleicht noch Jahre auf eine Chance warten, Tenabra ganz an sich zu reißen.«
    »Warum? Welchen Unterschied würde es machen?«
    »Es würde den Zwischenhandel ausschalten, sozusagen. Tenabra hat in den letzten Jahren hohe Steuereinnahmen gebracht, aber ein großer Anteil fließt dem Grafen zu. Wenn er ihn los wird, kann Nathan alles einstecken. Da hast du unseren Oberlehnsherrn. Er will alles für sich.«
    Meine Miene musste meine Gefühle verraten haben. Silvus lächelte, und sein Lächeln war eine bittere Heraus forderung des Schicksals. Ich mochte es nicht, wenn er seinem Schicksal mit diesem edlen Fatalismus begegnete. Selbstmitleid wäre natürlich noch schlimmer gewesen.
    »Also will Nathan den Grafen vom Hals haben«, sagte ich, um Silvus daran zu erinnern, dass andere auch ihre Probleme hatten.
    »Falsch. Er will Ruane tot sehen und Tenabra für sich selbst. Und er wird es tun, früher oder später. Nathan ist ein geduldiger Mann, und er wird abwarten, bis der pas sende Zeitpunkt da ist. Aber inzwischen ist Ruane machtlos, und sein Leben besteht hauptsächlich daraus, zu war ten, dass Nathan es auslöscht und die Grafschaft an sich reißt.«
    Himmel. Kein Wunder, dass er so fröhlich wirkte, als ich meinen Eid leistete.
    »Und ich gab ihm seine Chance. Ich und Schwester Winterridge«, sagte Silvus.
    Seine Miene blieb unbewegt. Er machte nie Ausflüchte oder Entschuldigungen. Darum nahm ich es in Kauf, dass er von Zeit zu Zeit grüblerisch und schwermütig wurde.
    »Du siehst, wie es ausgegangen ist«, fuhr er fort. »Ruane muss die Expedition machen, weil er andernfalls ein Eidbrüchiger, ein Feigling und ein Verräter an seinem eigenen Haus sein würde – eben die Dinge, die ihn in den Augen der Traditionalisten entehren würden. Wenn er aber geht, wird er sich mit einer so jämmerlichen Streitmacht höchstwahrscheinlich blamieren, und Nathan wird dafür sorgen, dass sie jämmerlich bleibt. Ruane könnte sogar ums Leben kommen und er hat keinen Erben. Min destens wird Nathan die Einkünfte für den Rest dieses Jahres kassieren.«
    »Sorgt er sich nicht wegen des Dunkels?«
    »Sicher tut er es. Aber so lange es ihn nicht behelligt, wird er es nicht behelligen. Nathan denkt praktisch. Viel leicht glaubt er sogar, er könne mit dem Magier einen Handel machen.«
    Politik ist mir zuwider. Es war schlimmer als ich dachte. Ruane kam vom Regen in die Traufe und wir hatten es bewerkstelligt.
    Silvus beobachtete mich eine Weile ruhig, dann stand er auf. »Nun, wie auch immer«, sagte er zum Zeichen, dass das Thema abgeschlossen sei. »Zur Sache. Du kannst die ersten Pflichten eines Knappen lernen, indem du mir in meinen Harnisch hilfst. Dabei kannst du sehen, was eine gute Rüstung ausmacht. Und danach werde ich dir etwas über den Umgang mit einem Pferd zeigen…«
    Drei Tage später waren wir marschbereit. Wir hatten un sere

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