Dunkler Winter
sich höher, und seine Haube blähte sich wie eine Halskrause. Silvus zuckte im Schlaf und meine Hände waren unter den Decken wie gefesselt. Bis ich sie befreit hätte, konnte das Tier zustoßen oder Silvus’ Hals im Würgegriff umschlingen.
Also warf ich mich mit den Decken auf sie. Sie biss in den Stoff, aber die dicken Falten hemmten die scharfen Zähne, und dann lag ich auf ihr und drückte sie zu Boden.
Und ich schrie. Laut.
Das Tier wand sich blindlings, aber mit ungeheurer Kraft unter mir, und ich merkte, dass ich mit den Hän den den falschen Teil gepackt hatte und der Kopf frei be weglich geblieben war. Wenn die Schlange ihn aus den Decken befreien konnte…
Ich fasste wieder zu, suchte die Stelle unter dem Kopf zu packen, verfehlte sie, und sie entwand sich meinem Griff. Kaum hatte ich gedacht, dass sie loskommen würde, da war es schon geschehen.
Der dreieckige Kopf kam unter den zerwühlten Decken hervor und sie sperrte das Maul auf. Hatte aber nicht genug Raum zum Zustoßen. Ich hielt sie mit einem Stück der Decke nieder, aber sie glitt vorwärts, und ich hatte Mühe, sie überhaupt noch zu halten. Schon hatte sie den Körper ellenlang freibekommen, genug, um sich umzu drehen und die Zähne in mein Gesicht zu schlagen, als ich den muskulösen, glatten Rumpf unter den Decken zu halten suchte. Ich zog mich unwillkürlich zurück…
Und ein Hackbeil sauste darauf nieder, eine Dau mennagelbreite vor meinen Fingern. Die schwere Klinge durchschnitt das Tier unmittelbar hinter dem Kopf, der zu Boden fiel. Der dicke Körper unter mir wand und krümmte sich in krampfhaften Zuckungen.
Raol schleuderte den Kopf mit seinem Hackbeil ins Feuer. Der Körper ringelte und wand sich.
Ich wälzte mich herum und kam auf die Füße, riss die Decken von der dunkel glänzenden Blutlache am Boden zurück. Sogar das Blut dieser Tiere sollte Berichten zu folge tödlich sein.
Silvus krabbelte rückwärts aus dem Bereich des Körpers. Dieser war länger als ich und so dick wie mein Oberarm. Zu lang sogar, um im Feuer Platz zu finden. Ich hielt den allmählich erschlaffenden Rumpf in die Höhe und Silvus und ich sahen einander an.
Die Söldner hatten sich in ihren Decken aufgesetzt. De Reave und Raol waren auf der anderen Seite meine Nach barn gewesen. Es war eine kalte, klare Herbstnacht, und die Sterne brannten mit dem harten Glitzern, das sie an nehmen, wenn der Frost nicht weit ist. Wir hatten uns alle so nahe wie möglich ans Feuer gelegt.
Ich untersuchte den Boden um meine Decken und die der Nachbarn. Kein Loch.
Rennende Schritte näherten sich. Schwester Winter ridge kam von ihrer Wache talabwärts, der Graf einen Augenblick später von der anderen Seite. Das Geschrei und die Aufregung im Lager hatten sie beide angelockt. Aber es gab nichts zu tun. Schwester Winterridge nahm den langen Körper in Augenschein. »Wasserschlange«, sagte sie. »Eine große. Musste sich hierher verirrt haben, denn der Bach führt zu wenig Wasser. War vielleicht auf der Suche nach einem Winterquartier.« Sie blickte gedankenvoll zu dem kleinen Bach hinunter. »Ich habe noch nie gehört, dass sie so weit heraufkommen, in solcher Kälte. Sie hätte schon im Winterschlaf sein sollen.«
Raol reinigte die Klinge seines Hackbeils mit Sand und Wasser, trocknete sie und tat sie zu den Küchenutensilien im Fuhrwerk.
»Danke«, sagte ich.
Er nickte, dann überblickte er das Muster der ums Feuer angeordneten Schlafplätze.
»Sie kam an anderen vorbei, um zu Ihnen zu kommen«, sagte er zu Silvus. Silvus sah mich an. Ich nickte.
»Scheint so«, sagte er nur. Raol beobachtete ihn einen Augenblick lang. Und danach gab es nichts mehr zu sagen.
»Wieder unser Freund?«
»Ich glaube es. Kann nicht sicher sein. Der Traum war übel. Könnte das Dunkel gewesen sein.«
»Traum?«
»Gebunden und geknebelt irgendwo in einem Loch. Blind, taub. Schmutz und Gestank.«
»Hört sich nach ihm an.«
»Ja. Ich konnte mich nicht befreien. Dann hörte ich dich schreien und kam zu mir.«
Silvus schwang sich auf sein Pferd. Wir ließen die Tiere abwechselnd ausruhen; dies war mein Tag, zu Fuß mit den Ochsen zu gehen. Mein Pferd war mit dem Zügel ans Wagenheck gehängt, ungesattelt. Silvus würde die Spitze übernehmen.
»Ein Glück, dass er dem Reptil kein künstliches Wachs tum gegeben hat«, sagte ich. »Ein Ungeheuer hätte ich nicht niederhalten können.«
Silvus hob eine Schulter. »Ungeheuer zu schaffen kostet Zeit. Selbst der Größte kann nicht
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