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Dunkler Zwilling

Dunkler Zwilling

Titel: Dunkler Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Bezler
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»Wenn ich den erwische!«
    Chiara schüttelte unmerklich den Kopf und schaute mit besorgter Miene auf das zitternde Fellbündel neben Max. »Kannst du nicht noch ein bisschen schneller fahren, Onkel Ernst?«, drängte Chiara.
    Köhler brummte. »Ich fahre so schnell ich kann und darf. Es würde nichts nutzen, wenn uns noch die Polizei anhält. Diese Klinik ist am anderen Ende der Stadt.« Dennoch schien er Gas zu geben und sich noch ein wenig zügiger als vorher durch den Verkehr zu schlängeln. Max hatte das Gefühl, sie seien bereits eine Ewigkeit unterwegs, dabei zeigte ihm der Blick auf sein Handy, dass es erst zwanzig Minuten waren. Schorsch lag regungslos. Max’ Hände zitterten so sehr, dass er nicht in der Lage war, festzustellen, ob sein Hund noch atmete oder nicht. Wir schaffen es nicht, dachte er plötzlich. Es ist vorbei! Ein Verlierergefühl, wie er es noch nie in seinem Leben empfunden hatte, kroch bleischwer durch seine Adern. Jetzt wünschte er sich, dass sie alle weg wären um ihn herum, dass er nur noch alleine wäre in einer dunklen Höhle mit Schorsch neben sich. Für alle Ewigkeit. Halt die Welt an , da gab es doch so ein Lied. Das wünschte er sich jetzt, die Welt anzuhalten, weil er alles Weitere, was jetzt kommen würde, nicht mehr ertragen wollte.
    »Wir sind da!«, sagte Köhler und bog auf einen Parkplatz ein.
    Chiara betrachtete Max, der starr wie eine Statue mit glasigen Augen hinter ihr saß. Sie sprang aus dem Auto, lief um das Fahrzeug herum und öffnete die hintere Seitentür, wo Schorsch lag. Vorsichtig nahm sie den Hund mitsamt der Decke heraus und drückte ihn der Helferin in den Arm, die bereits zum Auto gekommen war. Beide junge Frauen verschwanden hinter einer Glastür.
    Köhler stieg aus, beugte sich hinab und rief durch die offene Tür. »Wollen Sie nicht aussteigen, junger Mann?«
    Max bewegte sich nicht.
    Köhler schüttelte den Kopf. Er schlug die Tür zu, lehnte sich gegen das Auto und steckte sich eine Zigarette an.
    Irgendwann öffnete jemand die Tür an Max’ Seite. Chiaras Stimme sagte: »Du bist ja immer noch hier! Du musst mit hereinkommen, der Tierarzt will mit dir sprechen.«
    »Ich will aber nicht mit ihm sprechen«, sagte Max mit spröder Stimme und starrte vor sich ins Leere.
    Chiara stampfte mit dem Fuß auf. »Oh, Max, was soll das? Komm heraus!«
    Im Zeitlupentempo wandte Max den Kopf zu Chiara. »Er ist tot, nicht wahr?«, flüsterte er.
    Chiara stöhnte leise. »Nein, er lebt noch. Aber es ist kritisch, haben sie gesagt. Sie wissen vermutlich, was es für ein Gift ist und können ihn vielleicht retten. Aber das müssen sie mit dir besprechen.«
    »Warum?«, fragte Max. Er wirkte immer noch wie im Stand-by-Modus.
    »Ob du der Behandlung zustimmst. Schließlich kostet das ja auch was.«
    »Egal, was es kostet«, flüsterte Max.
    »Ja, das finde ich auch«, sagte Chiara. »Die dumme Tante da drin am Empfang sagte zu mir, ein neuer Hund wäre billiger.«
    Max zuckte zusammen, als habe ihm jemand ein Glas kaltes Wasser ins Gesicht geschüttet. »Wie schräg drauf ist die denn?«
    Chiara lächelte zufrieden. »Endlich reagierst du wieder normal. Komm, wir gehen rein!«
    Max bekam Schorsch gar nicht mehr zu Gesicht. Eine freundliche, junge Frau mit blonder Pferdeschwanzfrisur stellte sich als Studentin der Veterinärmedizin vor und befragte Max zu der möglichen Giftaufnahme. Auch wollte sie wissen, welches Futter Schorsch bekam und wie die Symptome sich entwickelt hatten. Max gab Auskunft und nannte seinen Verdacht. Dann verschwand die junge Frau im Behandlungsraum. Chiara und Max blieben in einem kleinen Nebenzimmer sitzen.
    An der Wand hingen Fotos von verschiedenen Tieren und Dankesbriefe ihrer Besitzer an das Klinikpersonal. Chiara griff nach Max’ Hand. »Alles wird gut«, sagte sie leise.
    Max spürte, dass ihm wieder die Tränen über das Gesicht liefen. Chiara wühlte in ihrem Beutel nach einem Papiertaschentuch und reichte es ihm. »Ich halt das nicht aus, wenn er stirbt«, flüsterte Max.
    Chiaras Hand umschloss die seine mit festem Druck. »Das wird er nicht«, sagte sie.
    Max hätte ihr gerne geglaubt.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen die Studentin und der Tierarzt, der sich als Dr. Vogel vorstellte, aus dem Behandlungsraum. »Sie sind das Herrchen von dem Cocker?«, fragte er.
    Max nickte und blickte angstvoll in das Gesicht des Arztes. »Wie geht es Schorsch?«, flüsterte er.
    Der Arzt schien sich über den Hundenamen zu amüsieren und

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