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Dunkler Zwilling

Dunkler Zwilling

Titel: Dunkler Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Bezler
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zu sein. Max bemerkte, dass Chiaras Wangen rot glühten. »Kommt dir die Schrift bekannt vor?«, fragte er.
    Chiara schüttelte den Kopf. Es war nur eine angedeutete Bewegung. In ihrem Gesicht las er leichte Bestürzung.
    »Hast du einen Verdacht?«, hakte er nach.
    »Nein«, sagte Chiara mit spröder Stimme, schob den Brief zur Seite und zog den nächsten heran. Max betrachtete sie misstrauisch.
    »Der ist mit dem PC geschrieben«, stellte sie mit belegter Stimme fest und las vor:
    Hör auf mit der erbärmlichen Show! Du bist nicht Maurice, sondern nur ein verkleideter Emo! Bald bist du dran!
    Chiara tippte mit dem Finger auf ein Wort. »Er beschimpft dich als Emo. Das machen wohl in der Regel Typen, die sich selbst für coole Macker halten. Da fallen mir eine Menge ein.«
    Max hob die Brauen. »Meinst du jemanden aus unserer Klasse?«
    Chiara runzelte die Stirn. »Möglich. Aber es kann auch ganz woanders herkommen.«
    Max nickte. »Kommen die Briefe jetzt von ein und derselben Person oder haben sie unterschiedliche Absender?«
    Chiara hatte plötzlich eine Miene, wie eine Schülerin, die ihre Hausaufgaben vorträgt. »Ich denke, es waren verschiedene Personen. Nur die ersten beiden sind eindeutig vom selben Verfasser. Die anderen Briefe haben nur scheinbar die gleiche Botschaft. Wenn man genauer hinschaut, steckt bei jedem etwas anderes dahinter. Die ersten beiden kommen von jemandem, der fürchtet, du kommst auch ihm zu nahe, wenn du Maurice kopierst. Der vierte klingt neidisch. Er will dich klein machen und dir eins auswischen.«
    »Und der dritte?«, fragte Max und beobachtete Chiara aufmerksam.
    Chiara zuckte mit den Schultern. »Der fällt eigentlich ganz aus der Reihe. Er bezieht sich ja gar nicht nur auf Maurice, sondern auf die ganze Familie.«
    Max sah Chiara herausfordernd an. »Auf deine Familie!«, betonte er.
    In Chiaras Augen schimmerten Tränen. Sie starrte auf die Briefe und zuckte mit den Schultern. »Wer von denen ist denn überhaupt meine Familie? Gero ist nicht mein Vater, auch wenn er mich verwöhnt, wo er kann. Mit Geld, Geld, Geld. Franca ist meine echte Mutter, aber sie zieht ihre kleine, süße, schlanke Michelle der hässlichen, runden Chiara eindeutig vor. Ist ja auch klar. Michelle ist das Kind, mit dem sie alle Zeit der Welt verbringen konnte. Als ich klein war, hat sie studiert und gearbeitet und von mir eigentlich gar nichts mitbekommen. Ich war hauptsächlich bei meiner Oma in Monza.«
    Max nickte. Vorsichtig fragte er: »Und Maurice?«
    Chiara lachte bitter auf. »Maurice war der große Familienstar. Für Gero war er der Firmenerbe. Für Franca und Michelle war er Geros Sohn, der Kronprinz, auf den man nichts kommen lassen durfte. Manchmal denke ich, es wäre besser, ich würde von hier weggehen. Mich will hier eh keiner.«
    »Das stimmt nicht!«, protestierte Max leise und sein Gesicht übergoss sich sofort mit brennender Röte.
    Chiara betrachtete ihn lächelnd. In ihren Wimpern schimmerten Tränen. Sie beugte sich vor, schlang die Arme um seinen Hals und drückte ihm einen Kuss auf den Mund. Max erstarrte und war nicht in der Lage, ihren Kuss zu erwidern. Chiara löste sich wieder von ihm und sah ihn an. Max räusperte sich. Scheu begegnete er ihrem Blick. »Ich bin nicht so der Knutsch-Profi«, erklärte er.
    Chiara kicherte. Max grinste wie ein Schüler, der sich für die nicht erledigten Hausaufgaben entschuldigt. »Ich möchte, dass du hier bleibst, damit wir oft zusammen sein können. Mit dir ist es nämlich, äh, ehem …« Als ihm nichts mehr einfiel, schlang er die Arme um sie und zog sie fest an sich. Er spürte ihr Gesicht in seiner Halsbeuge. Dort wurde es feucht und warm.
    »Wo sollte ich auch hingehen?«, vibrierte ihre Stimme unterhalb seines Ohres. »Ich hatte mir so sehr gewünscht, dass mein leiblicher Vater eine echte Alternative wäre. Ich hatte mir ausgemalt, wie er mich aufnimmt in seiner Familie und froh ist, mich zurückzuhaben. Er hat sich ja auch echt Mühe gegeben, aber … ich gehöre da einfach nicht hin.«
    Max schluckte und flüsterte: »Das kann ich gut verstehen. Ich weiß plötzlich auch nicht mehr, wohin ich gehöre.«
    Chiara hob den Kopf und löste sich ein wenig aus seiner Umarmung, sodass sie Max in die Augen schauen konnte: »Maurice hat mal gesagt, wohin man gehört, hat nichts damit zu tun, woher man kommt, sondern damit, wohin man selber gehen möchte.«
    Max runzelte die Stirn. »Wann hat er das gesagt?«
    Um Chiaras Mundwinkel zuckte

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