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Dunkler Zwilling

Dunkler Zwilling

Titel: Dunkler Zwilling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Bezler
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dann auch, wer Hunde vergiftet oder Selbstmorde inszeniert.«
    Sie waren am Ende des Wäldchens angekommen. Ein grauer Himmel sandte spärliches Licht. Die Schneeflocken fielen dichter und hatten schon eine neue Schicht über die Fahrspuren auf dem Weg und die Halme der angrenzenden Wiesen gelegt. Weiter weg waren im nebligen Dunst die Umrisse von Gebäuden zu erkennen. Das größte davon war die Reithalle. Gelbliches Licht fiel durch schmale Fensterscheiben.
    Schorsch stob wie befreit über eine Wiese, pflügte mit der Schnauze durch den Neuschnee und stieß sie tief zwischen die Grasbüschel, wenn er schnaubend der Witterung einer Maus nachging. Linkerhand, gleich an den Waldrand angrenzend, bot sich ihnen ein anderes Bild. Verwitterte, teilweise eingestürzte Zäune umgrenzten ein verlassenes Schrebergartengelände. Auch von den Hütten waren nur Ruinen übrig geblieben. Einige wiesen deutliche Brandspuren auf.
    »Die Jugendfeuerwehr übt hier manchmal«, erklärte Chiara.
    »Es sieht schrecklich aus«, kommentierte Max. »Immer, wenn ich hier vorbeikomme, frage ich mich, warum die Leute ihre Gärten verlassen haben. Meine Oma meint, daran sei von Bentheim schuld. Er habe das Land gekauft, die Leute vertrieben und darauf spekuliert, dass es Bauland wird.«
    »Ja, das stimmt. Gero hat das alles vor ein paar Jahren gekauft. Michelle glaubte damals, dass er es als Weide für Artos wollte. Aber mit der Vertreibung der Leute aus den Gärten hatte er nichts zu tun. Die hätte Gero sogar gerne geduldet, weil er dann noch eine Pacht hätte kassieren können, bis das Gebiet zu Bauland erklärt worden wäre. Die Naturschutzbehörde hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die haben alles hier unter Schutz gestellt und Gero konnte sein Bauland abschreiben. Die vom Naturschutz haben angeordnet, dass alle Gärten und Hütten und Zäune verschwinden müssen.«
    »Eine Naturschutzbehörde, die etwas gegen Gärten hat?«
    »Ja, es soll eben alles wieder wild überwuchern. Gärten sind für die keine Natur.«
    »Da müssten die aber mal zu meiner Oma kommen. Die Artenvielfalt bei ihr im Garten übertrifft so ein brachliegendes Ödland aber um einiges.«
    »Letztes Jahr gab es eine Bürgerinitiative. Bestimmt war deine Oma mit dabei.«
    »Ich glaube nicht. Der grausige Tod ihrer Freundin, mit der sie solche Sachen unternommen hat, hat sie schwer mitgenommen.«
    »Grausiger Tod?«
    »Sie ist in ihrem Haus verbrannt.«
    »Ich erinnere mich an einen Hausbrand. Alle haben darüber geredet. Es war zu Beginn des Sommers, in dem Maurice starb. Und die Frau war die Freundin deiner Oma? Wie hieß sie?«
    Max dachte einen Augenblick angestrengt nach.
    »Brigitte. Brigitte Wiesner.«
    »Brigitte Wiesner?«, rief Chiara und legte sofort die Stirn in Falten.
    »Kanntest du sie?«, fragte Max.
    Chiara schüttelte den Kopf. »Irgendwo habe ich den Namen in der letzten Zeit gehört. Warte. Ja, jetzt weiß ich es wieder!« Erschrocken starrte sie Max an. »Onkel Ernst hat ihren Namen genannt. Sie war die Hebamme, die bei Maurice’ Hausgeburt dabei war.«
    »Ja, ich weiß«, bestätigte Max. »Meine Oma hat mir das erzählt, als ich noch der Meinung war, Maurice wäre mein Zwillingsbruder. Dabei fiel der Name von der Wiesner und Oma hat gesagt, dass sie Freundinnen waren und die Wiesner ihr nie etwas von Zwillingen berichtet hätte.«
    »Meinst du, da gibt es trotzdem einen Zusammenhang?«
    »Du meinst, dass jemand sie umgebracht hat? Aber warum?«
    Chiara schloss die Augen. »Was, wenn sie etwas wusste, was sie nicht sagen durfte?«
    »Aber warum hat sie dann so viele Jahre geschwiegen und will plötzlich raus damit? Ich glaube, wir fangen langsam an, uns zu verrennen. Meine Oma hat gesagt, dass das Haus der Wiesner ziemlich alt und die Elektrogeräte schlecht gewartet waren. Es war vermutlich Zufall.«
    Chiara nickte und biss sich auf die Unterlippe. So ganz überzeugt schien sie nicht. Sie sah hinüber zur Reithalle und folgte mit den Blicken dem Weg, der sich daran vorbeischlängelte und im Nebel verlor. »Eigentlich ist es eine Schnapsidee, hier bei diesem Wetter herumzustapfen und zu glauben, noch etwas finden zu können, das uns einen Hinweis darauf gibt, wohin Maurice damals verschwunden ist. Lass uns abbrechen. Ich bin für Kino. Ich lade dich ein.«
    Max nickte zögerlich. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und legte den Arm um Chiaras Schultern, um sie mit sich zu ziehen. »Okay, aber bezahlen will ich selbst.«
    Sie stieß ihm

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