Dunkles Begehren
wenn man von seinem Zwillingsbruder absah. Er hatte nur überleben
können, indem er seine Ruheplätze versteckt und sich unauffällig unter die
Sterblichen gemischt hatte. Karpatianer konnten das Verhalten der Sterblichen
kontrollieren, indem sie ein wenig Blut von ihnen nahmen, doch Aidan hatte
darum gebeten, es in diesem Fall zu unterlassen. Wenn die Sterblichen von der
Existenz der Karpatianer wussten und auch noch in ihrem Haus lebten, wurde
ihnen dadurch eine gewisse Macht verliehen. Für Gabriel hieß das, seine Familie
einem Risiko auszusetzen, indem er zwei völlig fremden Sterblichen vertraute.
»Was hältst du von
dieser eigenartigen Bitte?«
Francescas Herz
machte einen Freudensprung. »Gabriel.« Sie flüsterte seinen Namen, als wollte
sie ihn für sich behalten. Lange Zeit hatte sie allein gelebt und ihre eigenen
Entscheidungen getroffen, ebenso wie Gabriel, und doch dachte er daran, dass
es wichtig war, sie nach ihrer Meinung zu fragen, als wäre sie seine Partnerin.
Gabriel lächelte.
Francesca war seine Partnerin, seine andere Hälfte. Ihre Meinung zählte,
selbst wenn ihm alles andere gleichgültig war. Außerdem war er ungeheuer stolz
auf ihre Leistungen. Offenbar verstand sie nicht, wie viel sie ihm bedeutete.
Das erstaunte ihn. Es war an der Zeit, dass sie sich selbst einmal mit seinen
Augen sah. Seiner Meinung nach war sie einzigartig auf der Welt. »Natürlich
schätze ich deine Meinung. Ich glaube sogar, dass du viel besser geeignet bist,
diese eigenartige Bitte zu beurteilen als ich, da ich beinahe zweihundert Jahre
lang in der Erde eingeschlossen war.«
»Ich habe davon
gehört, dass Aidan die Familie, die für ihn sorgt, tatsächlich nicht
kontrolliert. Er schätzt sie sehr. Auch haben diese Leute schon anderen
Karpatianern geholfen, wenn es nötig war. Nicht alle Mitglieder dieser Familie
kennen unsere Geheimnisse, doch diejenigen, die für uns arbeiten, haben uns
niemals verraten. Da Aidan uns diese beiden Sterblichen vorgeschlagen hat,
muss er ihnen bedingungslos vertrauen. Es handelt sich offenbar um den Sohn
seines Haushälter-Ehepaars. Dieser Mann weiß schon seit einiger Zeit von den
Karpatianern. Ich glaube, seine Frau hat erst kürzlich von uns erfahren, sich
aber als ausgesprochen loyal erwiesen. Ihr Ehemann hat Aidan versichert, man
könne ihr vertrauen.«
»Der Gedanke, diese
Ehefrau nicht unter Kontrolle zu haben, gefällt mir nicht«, gab Gabriel zu.
»Offenbar hat der Mann seine Loyalität bereits unter Beweis gestellt, doch die
Frau könnte zu einer Gefahr werden, falls man uns angreift. Vielleicht würde
sie uns schaden.«
Francesca nickte.
»Du hast Recht, insbesondere jetzt, da Lucian hier ist und Jagd auf uns macht,
doch ich glaube, dass wir die Situation auch dadurch kontrollieren können, dass
wir ihre Gedanken lesen. Falls es gefährlich werden könnte, haben wir immer
noch Zeit, uns mit Aidan in Verbindung zu setzen.«
Gabriel hob die
Augenbrauen, Francesca wandte sich schnell von ihm ab, um ihr Lächeln zu
verbergen. Es gefiel ihm nicht, dass sie in Erwägung zog, Aidan Savage in einer
Angelegenheit um Rat zu fragen, die seinen Haushalt betraf. Nur mit Mühe
behielt Francesca ihren ernsten Gesichtsausdruck bei.
Gabriel legte ihr
die Hand auf die Schulter. »Lachst du mich aus ?«, fragte er sehr leise. Ein
drohender Unterton lag in seiner Stimme.
»Würde ich das
wagen?« Francescas Augen waren so dunkel, dass sie schwarz schimmerten, und in
ihnen funkelte das unterdrückte Lachen.
Gabriel legte ihr
den Arm um die Schultern und zog sie an sich. »Ja, das würdest du«, flüsterte
er, beugte sich dann vor und ließ seine Lippen über ihre seidige Haut
streichen. »Bist du so sehr mit diesen Leuten beschäftigt, dass du keine Zeit
mehr hast, dich um mein Wohlergehen zu kümmern? Ich brauche deine Heilkräfte.«
Francesca streckte
die Arme aus und umfing seinen Nacken. Dabei schmiegte sie sich an ihn, sodass
sie jeden seiner kräftigen Muskeln an ihrem zierlichen Körper spüren konnte.
Sie küsste ihn, und die Welt schien stillzustehen. Einen Augenblick lang schien
es, als wäre es nicht einmal mehr wichtig, dass sie atmete. Ihre Herzen schlugen
im Gleichklang, ihre Seelen waren miteinander verschmolzen. Sanft und zärtlich
schmiegte sich Francesca an ihn. Mit seinem Kuss konnte Gabriel einen Strom
flüssigen Feuers durch ihren Körper senden und ihre Temperatur innerhalb
weniger Sekunden um etliche Grade erhöhen.
»Wir haben eine
Tochter«, murmelte sie
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