Dunkles Begehren
jedem einzelnen Wort
steckte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich dem Jäger zu nähern.
Gabriels Worte erschütterten sein Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten. Wer
könnte schon diesen großen Jäger besiegen? Wie viele andere waren ihm im Laufe
der Jahrhunderte zum Opfer gefallen?
Immer wieder
schüttelte der Vampir den Kopf und versuchte, den Bann zu brechen, mit dem der
Jäger ihn belegt hatte. Doch so sehr er sich auch bemühte, sich von Gabriel zu
befreien, seine Füße setzten unaufhaltsam einen Schritt vor den andern. Noch
immer war die schreckliche Stimme des Jägers zu hören, tief und rein und sehr
sanft.
»Du bist nicht in
der Lage, mir zu widerstehen. Ich verbiete dir, deine Gestalt zu wandeln. Du
wirst zu mir kommen und die gerechte Strafe unseres Herrschers empfangen.«
Gabriel regte sich
nicht. Er stand still da, und seine Züge verrieten nicht, was in ihm vorging.
Es gab keinen Zorn und keine Reue. Nur Gabriels Augen funkelten unerbittlich,
ja gnadenlos. Und dennoch vermochte der Vampir nicht, stehen zu bleiben. Er
knurrte und fauchte, während er verzweifelt versuchte, sich dem Willen dieser
leisen, sanften Stimme zu widersetzen. Es war die Stimme des Todes - sanft,
unerbittlich, hypnotisierend.
Francesca wusste,
dass sie Gabriel gehorchen musste. Schnell löste sie sich in einen feinen Nebel
auf und zog sich vom Ort des Kampfes zurück. Nie zuvor war ihr ein so
grauenhaftes Wesen begegnet. Eine Aura des Bösen umgab den Vampir, doch Gabriel
trat ihm ruhig entgegen, groß und stark und unendlich schön, da er das Licht
der Wahrheit und Gerechtigkeit in sich trug. Francesca sah ihn als Engel mit
einem Schwert, als dunklen Wächter und Beschützer der Schwachen. Er nahm ihr
den Atem. Und sie war unendlich stolz auf ihn und die vielen Opfer, die er
gebracht hatte.
Auch der Vampir
versuchte, sich in Nebel aufzulösen, fand jedoch schnell heraus, dass es nicht
möglich war. Es schien, als gehorchte sein Körper nicht mehr seinen Befehlen.
Es war dem Jäger gelungen, ihn in eine Falle zu locken und mit seiner beschwörenden
Stimme zu fesseln, sodass sein Körper nur noch auf die Reinheit dieser Klänge
reagierte.
Außer sich vor Zorn
wand sich das Ungeheuer, und sein Kopf bewegte sich hin und her wie der einer Schlange,
während der Zorn in seinen Augen glühte. Der Vampir stieß ein hässliches
Zischen aus. Über Gabriels Kopf brach ein dicker Ast von einem Baum und fiel
zu Boden.
Francescas
Herzschlag beschleunigte sich. Ihr stockte der Atem, doch Gabriel hob nur die
Hand, sodass der Ast von ihm fortgeschleudert wurde. Er blieb ungerührt stehen.
»Du bist noch sehr jung, um bereits der Finsternis anheimgefallen zu sein.
Eigentlich verlieren nur die Alten und Schwachen ihre Seele, doch du hast diese
Entscheidung schon sehr früh getroffen. Warum?«
»Wir können nur
erlöst werden, wenn wir eine Frau finden. Der Prinz der Kaipatianer hat seine
Favoriten unter den Männern, denen er die Frauen zuteilt. Für uns andere gibt
es keine Hoffnung. Wir müssen für uns selbst sorgen.« Unauffällig ließ der
Untote seine Hand sinken, um auszuprobieren, ob er seine Gestalt wandeln
konnte, wenn er sich auf ein Körperteil konzentrierte. Fell wuchs auf seinem
Arm, und seine Fingernägel verlängerten sich.
Ein plötzlicher
Windstoß erhob sich über dem See und traf den Untoten an der Brust, obwohl er
den Aufprall eher hörte als spürte. Verwirrt blinzelte er und starrte Gabriel
an, der plötzlich direkt vor ihm stand, den Arm in voller Länge ausgestreckt.
Das Gesicht des Untoten verzerrte sich zu einer Grimasse des Schreckens. Er
blickte an sich hinunter und fragte sich, warum er Gabriels Hand nicht sehen
konnte. Diese hatte sich tief in seine Brust gesenkt.
Blitzschnell zog
Gabriel die Hand zurück, und riss dem Vampir das Herz aus dem Leib. Der Untote
stieß einen entsetzlichen Schrei aus, dann sank er zu Boden, die Arme nach Gabriel
ausgestreckt. Plötzlich zuckten Blitze durch die Wolken, die sich sammelten und
als glühender Strahl zu Boden schlugen. Die Energie der Blitze verbrannte das
Herz des Vampirs zu Asche, während sie gleichzeitig Gabriels Hand von dem giftigen
Blut reinigte.
Mit kraftvollen,
anmutigen Bewegungen hob Gabriel die Hand und zielte mit dem nächsten Blitz auf
die Leiche des Untoten.
Dann drehte er sich
langsam um. Einsam stand er in der Dunkelheit und betrachtete die Stelle, an
der Francesca sich noch immer aufhielt.
Sie nahm wieder
ihre menschliche Gestalt
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