Dunkles Begehren
be- wusst. Da waren sein Duft, sein
Geschmack. Am liebsten hätte Francesca laut aufgestöhnt, blickte jedoch nur
angestrengt auf den See hinaus, um Gabriel nicht zu verraten, wie sehr seine
Nähe sie durcheinanderbrachte.
Der Stein verließ
Gabriels Hand so schnell, dass Francesca ihn pfeifen hören konnte. Er berührte
die Wasseroberfläche mit einem Hüpfer nach dem anderen. Immer weiter hüpfte der
Stein, bis er schließlich den See überquert und das andere Ufer erreicht hatte.
»Nun«, meinte Gabriel amüsiert, »damit ist die
Angelegenheit wohl
erledigt. Zweiundzwanzig Hüpfer bis ans andere Ufer.« Er klang sehr
selbstzufrieden. »Nun wirst du also jeden Abend mein Haar bürsten.«
Francesca
schüttelte den Kopf. »Ich glaube, du hast diese Wette manipuliert.«
»Man nennt es
Übung. Ich habe viel Zeit damit verbracht, Steine über einen See hüpfen zu
lassen.«
Francesca lachte
leise. »Du sagst nicht die Wahrheit, Gabriel. Ich glaube nicht, dass du es
überhaupt jemals versucht hast. Du hast mich ausgetrickst.«
»Meinst du?«,
entgegnete er in einem viel zu unschuldigen Tonfall.
»Du weißt, dass es
so ist. Nur um eine alberne Wette zu gewinnen. Ich kann es kaum glauben.«
Gabriel streckte
die Hand aus, um Francesca eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen. Ihr
Herz klopfte schneller. »Es ging nicht nur um eine alberne Wette, Liebste,
sondern darum, dass du mein Haar bürstest. Niemand hat je so etwas für mich
getan. Ich glaube, dass ich mich nach deiner Aufmerksamkeit sehne.« Wieder
rieb er sich den Nasenrücken. Dann trat ein geradezu jungenhaftes Lächeln in
sein Gesicht. »Einmal bat ich Lucian darum, mein Haar zu bürsten, und er
drohte damit, mich windelweich zu schlagen.« Er zuckte die Schultern. »Aber
das war es nicht wert, weißt du.«
»Du bist verrückt«,
erklärte Francesca, musste jedoch unwillkürlich lachen. »Also schön, ich werde
dein Haar bürsten«, versprach sie ihm. Sie sehnte sich danach, ihre Finger in
sein dichtes, dunkles Haar zu tauchen. Dabei hatte sie nicht bemerkt, dass sie
tatsächlich in viel mehr einwilligte. Er würde die Tage mit ihr in der
Schlafkammer verbringen. Sie würden sich gemeinsam zur Ruhe legen.
Gabriel dagegen war
sich dieser Tatsache durchaus bewusst.
Er machte
Fortschritte. »Was willst du nun mit unserer jungen Dame anfangen, Francesca?
Der kleinen Miss Skyler. Wir können zwar dafür sorgen, dass ihre Seele wieder
gesund wird, jedoch können wir ihr die Erinnerungen nicht nehmen, ohne sie
gänzlich auszulöschen. Vermutlich wird es uns nur gelingen, den Schmerz zu
lindern. Wir können dafür sorgen, dass sie auf eine gute Schule geht und dass
sie alles hat, was sie braucht, doch tagsüber können wir nicht bei ihr sein.
Hast du darüber nachgedacht, wie wir dieses Problem lösen?«
Francesca griff
nach dem Brückengeländer, um sich hochzustemmen und darauf zu setzen. Doch
sofort legte Gabriel seine großen Hände um ihre Taille und hob sie mühelos
hoch. Es erstaunte Francesca immer wieder, dass er im Voraus zu wissen schien,
was sie zu tun beabsichtigte. Der Gedanke war aufregend und beängstigend
zugleich. Es war so lange her, dass sie zum letzten Mal ihre Gedanken mit einem
anderen geteilt hatte. Sie wusste schon gar nicht mehr, wie es sich anfühlte.
Verlockend. Die Versuchung strich wie ein leises Flüstern über ihren Körper
und rührte ihr Herz.
»Ich weiß, ich
weiß. Es war falsch von mir, ihr so überstürzt zu versprechen, für sie da zu
sein, doch ich bin so lange in der Lage gewesen, mich tagsüber in der Sonne
aufzuhalten, dass ich vergessen hatte, es nun nicht mehr zu können. Ich konnte
den Gedanken nicht ertragen, dass Skyler an einen Ort geschickt wird, wo man
ihr nicht mit Liebe und Aufmerksamkeit begegnet. Sie braucht diese
Unterstützung, die sie niemals hatte. Ich habe ihr Leben nachempfunden.«
Francesca blickte auf, und in ihren Gesichtszügen lagen plötzliche Verblüffung
und Verständnis. »Wir beide haben ihr Leben geteilt. Ich spüre, wie sehr sie
sich nach Liebe sehnt. Du auch?«
Gabriel nickte
langsam. »Sie ist ein Kind, Francesca. Wir müssen ihr unsere Liebe und unseren
Schutz geben. Niemand sonst wird Skyler je verstehen oder ihr großes Leid
nachempfinden können. Wir dürfen sie nicht einfach anderen überlassen.«
Erleichtert atmete
Francesca auf. Sie hatte überhaupt nicht gemerkt, dass sie den Atem angehalten
hatte, während sie auf seine Antwort gewartet hatte. »Dann sind wir uns
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