Dunkles Begehren
an und sah Gabriel mit ihren großen Augen an. »Geht
es dir gut?« Blitzschnell stand sie vor ihm. Sie griff nach seiner Hand und
verschränkte ihre Finger mit den seinen.
Gabriel spürte, wie
sich Frieden in seiner gequälten Seele ausbreitete. Francesca verfügte über
erstaunliche Heilkräfte, die er nie zuvor erlebt hatte. Einmal mehr hatte
Gabriel getötet. Er hatte den Rest seines Lebens der Jagd nach seinem Zwillingsbruder
gewidmet. Im Laufe der Zeit war Lucian der Einzige gewesen, den er verfolgte.
Nur sehr selten fand er sich in der Lage, einen anderen Vampir vernichten zu
müssen. Und dieser Vampir war der erste, seit Gabriel seine Gefährtin gefunden
hatte. Er empfand keine Schuldgefühle. Längst hatte Gabriel akzeptiert, dass
es seine heilige Pflicht war, die Untoten zu vernichten. Doch es bekümmerte
ihn, diese grausame Tat vor Francescas Augen begehen zu müssen. Sie war so
rein, so mitfühlend und gütig. Während er die Jahrhunderte damit verbracht
hatte zu töten, hatte Francesca andere geheilt.
Gabriel wich dem
Blick ihrer großen dunklen Augen aus. Ohne Gefühle zu empfinden, war es viel
leichter für ihn gewesen, denen zu begegnen, die sich vor ihm fürchteten.
Normalerweise flüsterte man hinter seinem Rücken und ging ihm nach Möglichkeit
aus dem Weg. Er war daran gewöhnt, in den Herzen und Seelen der anderen Furcht
zu spüren. Man brauchte ihn, doch man liebte ihn nicht.
Francesca strich
ihm zärtlich über den Arm. Die sanfte Liebkosung erfüllte Gabriel mit Wärme
und einer eigenartigen Schwäche. Francesca bahnte sich einen Weg tief in seine
Seele. Darauf war Gabriel nicht vorbereitet gewesen. Doch nun verstand er, was
eine wahre Gefährtin ausmachte und wie wichtig sie war. Natürlich hatte er immer
gewusst, dass eine karpatianische Frau das Licht in der Finsternis eines Mannes
war. Er akzeptierte Francesca und die Verbindung, die zwischen ihnen bestand.
Diese Verbindung sicherte nicht nur Gabriels Überleben, sondern sie bedeutete
auch, dass er sich niemals Lucian anschließen und auf die Seite der Finsternis
überlaufen würde.
Allein dafür hatte
er Francesca respektiert und sich nach ihr gesehnt. Die Eifersucht allerdings
hatte ihn gänzlich unerwartet getroffen, und er musste sich große Mühe geben,
der Versuchung zu widerstehen, Brice zu beseitigen. Außerdem erstaunte ihn
die heftige Sehnsucht, das drängende Verlangen, das er empfand, wenn er bei ihr
war. Doch vor allem erstaunte es ihn, wie sein Herz zu schmelzen schien, wenn
Francesca traurig oder erschöpft war. Überhaupt reagierte er mit verblüffender
Heftigkeit auf sie. Er wollte immerzu ihre Stimme hören und ihr Lächeln
betrachten. Und sich in ihren sanften, wunderschönen Augen verlieren. Darüber
dachte er viel zu häufig nach.
»Gabriel.«
Francescas Stimme war wie eine leichte Sommerbrise. Sofort spürte er, dass sein
Körper auf sie reagierte. »Du hast mich darum gebeten, diesen Ort zu verlassen.
Ich hätte dir gehorchen sollen, doch schäme dich bitte nicht dafür, dass du
deine wichtige Aufgabe vor meinen Augen erledigt hast. Du glaubst, deine Gabe
sei weniger wichtig als die meine.«
»Du rettest Leben,
ich vernichte sie.« Allein die Berührung ihrer Fingerspitzen war wie ein Wunder
für ihn. Ihr Duft, rein und frisch und überaus weiblich, betörte ihn. Nie zuvor
hatte er den Duft einer Frau bemerkt, doch nun erfüllte Francescas Duft seine
Sinne, und Gabriel wollte ihn nie wieder verlieren. »Ich weiß nicht, ob man das
Töten als eine Gabe bezeichnen kann.«
»Die Untoten sind
nicht mehr am Leben. Das weißt du. Sie haben die Entscheidung getroffen, ihre
Seele zu verlieren. Vampire sind schreckliche Ungeheuer, gnadenlos, immer auf
der Suche nach dem nächsten Opfer, das sie quälen und auf grauenhafte Weise
umbringen können. Ohne dich, Gabriel, hätte unser Volk nicht überlebt. Selbst
jetzt gibt es noch einige wenige Menschen, die uns abgrundtief hassen. Sie
haben einen Geheimbund gegründet, um uns zu jagen und zu töten. Doch ohne dich
wäre unser Volk schon längst diesen Jägern zum Opfer gefallen.«
Ein zufriedenes
Lächeln umspielte Gabriels Lippen, ehe er es unterdrücken konnte. Francesca war
einzigartig, und es wunderte ihn nicht, dass auch Brice sie begehrte. Ihre
Schönheit zog Männer magisch an, aber es war nicht nur das. Es ging um ihre
ganze Person. Francesca. Seine Francesca. »Du hältst zu viel von mir«,
erwiderte Gabriel leise. »Ich danke dir dafür. Danke, dass du mir
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