Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis
Als er sie wieder öffnete, erblickte er vor sich mitten auf der Straße einen hellen Schemen. Beinahe unbewusst registrierte er die undeutlichen Umrisse einer menschlichen Gestalt. Und das Auto raste genau darauf zu.
Himmel! Diese verdammten Idioten, die in ihren dunkelsten Kleidern nachts zu Fuß auf der Straße herumlaufen, dachte er noch. Dann riss er hastig das Steuer herum und trat mit voller Kraft die Bremse durch. Die Räder blockierten, das Wagenheck brach aus. Das Fahrzeug schleuderte unkontrolliert und mit quietschenden Reifen über den Straßenrand auf eine Baumreihe zu. Das Lenkrad bohrte sich schmerzhaft in Lucas Rippen und Seamus wurde brutal gegen die Seitenscheibe geschleudert. Wie durch ein Wunder kam das Auto kurz vor dem drohenden Zusammenstoß mit einem der Bäume zum Stehen. «Oh mein Gott, oh mein Gott, Scheiße!», keuchte Lucas. Mit bebenden Händen löste er den Sicherheitsgurt und drehte den Zündschlüssel rum.
«Willst du uns umbringen, verdammt?», kreischte Seamus völlig außer sich.
«Da war jemand auf der Straße!», schrie Lucas zurück. Er packte den Türgriff und sprang aus dem Wagen.
«Wo?», fragte Seamus.
«Da hinten. Mitten auf der Straße. Ich hätte ihn beinahe überfahren.»
Das Herz klopfte ihm so wild, als wollte es zum Hals heraus.
«Los, setz dich sofort wieder ins Auto! Ich geh hin und seh nach», befahl Seamus, und kletterte aus dem Auto. Lucas sah nicht so aus, als wäre er in der Lage, jetzt auch nur halbwegs vernünftig zu reagieren.
«Ja, das ist doch ...?» Seamus Blick ging an Lucas vorbei. «Dieser dumme Junge!»
Was meinte er damit? Lucas wirbelte herum. Keine fünf Meter von ihnen entfernt sah er in der Dunkelheit einen taumelnden Schatten die Straße überqueren. Und als er genauer hinsah, erkannte er den lebensmüden Nachtwanderer ebenfalls.
Das war Denis. Wild gestikulierend kam er auf sie zugelaufen.
«Lucas! Seamus!», rief er laut.
«Na warte, du ...», knurrte Seamus. Wie oft hatte er Lucas gewarnt, dass er dem Jungen zu viel durchgehen ließ. Diesmal war das Maß endgültig voll. Wenn Lucas ihn diesmal nicht gehörig zurechtstutzte, dann ...
«Was hast du armer Irrer dir eigentlich dabei gedacht, he!», brüllte er und stürmte auf Denis zu.
Erschrocken blieb er stehen und hob abwehrend die Hände. «Seam! Ich ...», japste er, doch Seamus wartete seinen hilflosen Erklärungsversuch nicht ab.
«Setz dich sofort in den Wagen!», schrie er. «Und dann wirst du uns gefälligst erklären, was dieser Blödsinn bedeutet.» Seamus packte erbarmungslos Denis Arm und schleifte ihn zum Auto.
Denis winselte wie ein verschrecktes Tier. «Nein! Nicht!»
«Seam», fuhr Lucas dazwischen, «das reicht! Lass ihn los!»
Schnell langte er nach Seamus Hand und löste sie von Denis Hemd. Mit zornigem Blick funkelte Seamus ihn an, doch Lucas dachte nicht daran, nachzugeben.
«Geh, Denis, setz dich rein!», sagte Lucas leise. «Und du auch, Seamus. Wir werden uns jetzt alle beruhigen und dann sehen wir weiter.»
Mit dankbarem Blick, aber am ganzen Körper schlotternd, schlüpfte Denis auf die Rückbank.
Seamus riss sich von Lucas, der seine Hand immer noch festhielt, los. «Du wirst schon sehen, was du davon hast, wenn dir das hier noch nicht reicht», fauchte er.
Wütend stapfte er zum Auto, setzte sich wieder auf dem Beifahrersitz und schlug die Tür so heftig zu, dass der ganze Wagen bebte. Lucas folgte ihm kopfschüttelnd. Jetzt, wo der größte Schreck vorbei war, war er nur mehr erleichtert, dass sie alle unversehrt waren. Ärger über Denis dummes Verhalten war da doch wirklich nebensächlich.
Als er sich zu den beiden in den Wagen setzte, spürte er Denis Angst. Wie eine fast greifbare, vierte Person, stand sie zwischen ihnen.
«Es tut mir ja so leid, Lucas, Seamus, ich ... », stotterte er völlig aufgelöst.
Auch Lucas wünschte, er würde nicht so herumstammeln. Aber er wusste auch, dass Seamus Reaktion von eben nicht gerade zu seiner Beruhigung beitrug.
«Jetzt ist es ja wieder gut. Es ist nichts passiert und uns allen geht es gut, Denis», sagte er. Dabei bemühte er sich, seine Stimme ruhig klingen zu lassen, obwohl ihm der Schrecken noch immer in den Knochen steckte.
«Bitte, du darfst nicht, ich meine, du musst, Lucas. Sie ist deinetwegen gekommen. Jarout brachte sie mit. Ich weiß nicht, er weiß nicht, oder nein, ich glaube, sie ist gefährlich. Sie will etwas von dir», brach es aus Denis heraus.
«Schcht», zischte
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