Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis
hat dich keinen Deut geschert, mein lieber Vater.»
Mit widerlichem Quietschen kratzte der Bügel über das Metall des Schlosses.
Bestimmt war seine Tochter das Letzte, was er erwartete, wenn er sein privates, kleines Reich betrat, das er so sorgfältig vor neugierigen Blicken und Händen verbarg. Aber genau das sollte er finden. Seine peinliche Vergangenheit, die praktisch aus dem Nichts in sein geordnetes Leben einbrach und ihn aus seiner selbstzufriedenen Ruhe aufschreckte.
«Ich komm da schon rein, wart's nur ab! Und dann erlebst du die Überraschung deines Lebens, wenn du nach Hause kommst.»
20. Kapitel
«Du!», zischte Beryl, packte ihn an der Kehle und stieß ihn brutal mit dem Rücken gegen die Wand. Ihre Finger bohrten sich schmerzhaft in Jarouts Hals und schnürten ihm die Luft ab.
«Lass ihn sofort los!», schrie Blanche und riss Beryl mit aller Kraft zurück. Mit rasendem Blick fuhr Beryl zu ihr herum, ohne Jarout loszulassen.
«Er hat sie hier hergebracht, und sieh nur, was sie angerichtet hat, diese kleine Bestie!», kreischte sie.
«Sie hat sie zerstört. Unsere Statue», jammerte Eliane, über die Bruchstücke der Marmorstatue gebeugt. Ihre langen, kühlen Finger griffen nach einem faustgroßen Fragment des Kopfes. Sie presste es fest an ihre Brust und streichelte den kalten Marmor unablässig und liebkosend mit ihren dürren Händen.
«Schluss damit!» Blanche packte Beryls Handgelenk und riss ihre Hand herunter. «Du lässt ihn los, oder ich sorge dafür, dass ihr beide noch heute Nacht dieses Haus verlasst!»
«Oh, die kleine Frau fühlt sich heute ja mächtig stark!», höhnte Eliane.
«Ja, weil sie recht hat», keuchte Jarout und rieb sich die geschwollene Kehle.
Beryl stieß ein lautes Knurren aus. Oh ja, Blanche hat recht, natürlich hat sie recht. Mit einem beleidigten Schnauben drehte sie sich um, schnappte sich das steinerne Bruchstück des Statuenkopfes aus Elianes Armen und rauschte mit wallenden Kleidern in Richtung Salon davon. Mit hasserfülltem Blick auf Jarout folgte ihr Eliane.
Blanche starrte den beiden mit unnachgiebigem, eiskaltem Gesichtsausdruck nach. Erst, als beide hinter dem roten Vorhang verschwunden waren, drehte sie sich zu Jarout um. Ihre Miene wurde dabei keineswegs freundlicher. Sie musterte ihn eine Weile stumm und mit ernstem Blick.
«Versuch nicht, das hier als Unfall oder schlichtes Versehen hinzustellen, Jarout. Wir hörten, was passiert ist. Sie tat es mit Absicht und sie hat es nicht mit ihren Händen getan», sagte Blanche mit leiser, bebender Stimme.
Jarout erwiderte nichts darauf. Was sollte er leugnen? Auch er hörte Karen und spürte die Kraft, die diese Zerstörung anrichtete. Sie war so dumm, so dumm. Warum tat sie das nur? Jetzt stand er da wie ein Idiot, und Blanche musste sich ihretwegen sogar mit Beryl und Eliane anlegen. Wie sollte er ihnen erklären, dass er ein Mädchen in das Haus der Familie brachte, das in der Lage war, mittels Gedankenkraft das halbe Haus in Schutt und Asche zu legen, wenn sie wollte?
Blanche atmete tief durch. «Gut», sagte sie, «ich denke, du und deine Freundin haben uns mehr, als nur einiges zu erklären. Ich möchte, dass du sie nach unten holst. Vorausgesetzt, sie befindet sich noch im Haus. Geh und such sie, und dann kommt ihr beide in den Salon. Lucas wird bald hier sein und bis dahin will ich sie unter Beobachtung wissen. Wenn dein Vater zu Hause ist, sehen wir weiter.»
Jarout nickte bedrückt und wagte nicht, zu widersprechen. Karen hatte schon genug angerichtet. Jedes Widerwort von ihm konnte alles nur noch schlimmer machen.
«Und beeil dich! Lucas und Seamus sind sicher schon unterwegs», rief Blanche ihm nach, als er die Treppe hinauflief.
Ach halt doch die Klappe, Mutter! dachte er und rief zurück: «Ja, maman. Ich bin sofort zurück.»
Karens Wutausbruch gefährdete seinen ganzen Plan. Er hätte heulen können vor Wut. Warum konnte sie nicht einfach still in der Ecke sitzen und abwarten? Stattdessen musste sie herumschnüffeln und die Einrichtung demolieren. Und dann auch noch ausgerechnet die Marmorstatue. Beryls und Elianes Heiligtum. Verdammt, Karen, du bist so dämlich! dachte er und hätte sich selbst auch für seine Dummheit ohrfeigen können. Die Chance, sie mundtot zu machen, hatte sich nahezu perfekt geboten. Ein Tropfen seines Blutes hätte ausgereicht, sie seinem Willen zu unterwerfen. Warum war ihm das nur nicht schon zu Anfang eingefallen? Oh, wie bist du clever, Jarout!
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