Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis
und fand wie gewöhnlich die unverschlossene Haustür vor.
Au, verdammt, welcher Idiot hat seinen Müll in den Gang gestellt?
Blind tastete er nach dem Hindernis, gegen das er gelaufen war. Ein Fahrrad. Dieser verfluchte Junge. Warte, eines Tages ...
Doch im nächsten Moment war der kleine Freak vergessen. Der vertraute Geruch des Treppenhauses war so ungemein tröstlich. Turner fühlte sich, als käme er von einer langen Reise endlich zurück an den Ort seiner Sehnsucht. There is no place like home, zwitscherte Judy Garland in seinem Kopf.
Der Schlüssel war ja auch noch da, wo er ihn immer versteckte. Unter der ausgetretenen Fußmatte. Altmodisch und gar nicht originell. Im Grunde kein wirklich gutes Versteck, aber leicht zu merken. Er fühlte schon immer Angst davor, etwas Wichtiges zu vergessen. Schnell schloss er auf und schlüpfte kichernd durch die Tür. Vergessen, Angst vorm Vergessen, haha. Wirklich halb so wild, oder? Jetzt hatte er wirklich jede Menge vergessen. Und? Kam er etwa um vor Angst? Nein, dafür war er viel zu müde.
Alles, was er jetzt wollte, war schlafen. Schlafen und noch mal schlafen. Er wollte sich erholen von dem, an das er sich nicht mehr erinnern konnte. Er machte kein Licht an. Geschickt fand er im Dunkeln den Weg ins Schlafzimmer. Endlich. Kaum, dass sein verkommener, armer Leib in die muffigen Laken fiel, löschte erlösender Schlaf alle ungeduldigen Gedanken aus.
~ 4. Kapitel ~
In dem die sich Leute nach zwei seltsamen
Gestalten umdrehen
Kaum hatte sie an Arweths Seite das Flughafengebäude mit seinen grellen Neonlichtern betreten, fühlte sie sich wie eine Laborratte im Käfig. Das schrille Stimmengewirr der vorübereilenden Menschen löschte jeden klaren Gedanken aus. Blicke, die sie mit kalter Neugierde taxierten, brannten auf ihrer Haut. Das Lärmen tausender Schuhe auf dem Steinboden der Halle, gepaart mit dem mächtigen Echo der Lautsprecheransagen, die wie eine göttliche Verkündung durch die Terminalhalle donnerten, dröhnte ihr schmerzhaft in den Ohren.
Am schlimmsten jedoch war das Licht. Grell und erbarmungslos stachen die neonbeleuchteten Farben in ihre empfindlichen Augen. Hilflos schnappte Serena nach Luft, die sich zäh in ihre Lungen quälte. Sie roch Schweiß und Tränen, Aftershaves und widerliches Parfüm, das nach Seife stank.
Tränen der Verzweiflung brannten heiß in ihren Augen und verwischten ihr die Sicht. Fest krallte sie sich an Arweths Arm. Wie konnte er nur von ihr verlangen, das hier zu tun? Er wusste doch, wie sehr sie in solchen Situationen litt. Sie fühlte sich nackt und schutzlos inmitten solch großer Menschenmassen.
Selbst das «porch» mied sie, wenn der Club zu gut besucht war und die schwitzenden, drängenden Leiber der Gäste aneinanderstießen und nicht einmal das gedämpfte Licht ihre Masse verbergen konnte. Serena liebte ihre Apartments, die ausgewählte Gesellschaft einiger Freunde und ihre Abgeschiedenheit. Wenn sie reiste, dann mit Arweth oder Jarout durch die Spiegel, aber niemals mit einem Flugzeug oder anderen öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Menschen darin machten sie wahnsinnig. Sie verabscheute abgrundtief die, die sie zum Leben brauchte. Oh ja, sie liebte die Jungen, die Jarout ihr manchmal brachte. Und sie mochte jene, die sie selber auswählte und mit in ihre Wohnung nahm. Doch brauchte sie weder den Gestank noch den Lärm oder die schwachsinnigen Worte, die aus ihren Mündern quollen. Nein, sie konnte die menschliche Rasse in ihrer aufdringlichen Gesamtheit nicht ausstehen. Sie waren neugierig, geschwätzig und einfach unerträglich. Sie verstand einfach nicht, warum Arweth so sehr fürchtete, dass ihnen jemand in den Spiegeln begegnen könnte. Außer ihm konnten nur Jarout und Lucas durch die Spiegel reisen und einem der beiden ausgerechnet heute zu begegnen, war sehr unwahrscheinlich. Jarout war vermutlich gar nicht unterwegs und Lucas benutzte die Spiegel so gut wie nie.
»Wartest du auf den nächsten Heiligabend oder können wir weiter?«, fragte Arweth.
»Warum können wir nicht einfach durch die Spiegel gehen, wie immer?« Ihr flehender Tonfall schien ihn nicht im Mindesten zu beeindrucken. Gott, sie hasste diese Menschen. Und sie hasste Arweth, weil er sie zwang, hier zu sein.
»Das habe ich dir doch schon erklärt, mein Schatz. Es geht einfach nicht anders und nun lass es gut sein. Wir sind ja nicht lange unterwegs.«
Dorian Prior war verwirrt. Was war nur mit dieser Nervensäge los? Nicht,
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