Dunkles Erwachen
Nachtsichtgerät hochklappen, um etwas zu sehen können, und erkannte alles um sich herum trotz des dämmrigen Lichts in einer ungewohnten Klarheit.
Ein fremder Geruch lag in der Luft. Noch bevor Tyler ihn wirklich hören konnte, wusste er, dass sich ein Mann auf ihn zubewegte.
Adrian legte die Beretta an. Ein Schatten bog um die Ecke der Galerie. Der Somali öffnete beim Anblick des Eindringlings den Mund und riss seine AK-47 hoch, die er locker im Anschlag gehalten hatte.
Bevor sich ein Ton von den Lippen lösen konnte, hatte Tyler zweimal abgedrückt. Der Afrikaner prallte von den Kugeln getroffen gegen die Balustrade. Adrian war mit einem panthergleichen Satz bei ihm und fing den zuckenden Mann ab. Der Körper erschlaffte, noch ehe er den Boden berührte.
Tyler nahm den Geruch des frischen Blutes wahr. Seine Kehle schnürte sich zusammen. Entsetzt stellte er fest, dass ihn der Duft erregte. Adrian senkte den Kopf und atmete tief durch. Nach und nach beruhigten sich seine Sinne. Bergstrøm hatte von ›Nebenwirkungen‹ durch das Serum gesprochen. Aber damit hatte Adrian nicht gerechnet.
Der Agent schüttelte den Kopf und sah in seiner kauernden Haltung auf. Er warf einen Blick in den Innenhof. Die beiden Wachen dort unterhielten sich auch weiterhin lauthals miteinander. Offensichtlich hatten sie nichts von dem Vorfall mitbekommen.
Tyler stieg über den Toten hinweg und setzte seinen Weg fort. Sein Blick ging zur Uhr.
32 Minuten 04 Sekunden.
Er vergewisserte sich anhand des Lageplans auf seinem Pad kurz, dass er den kürzesten Weg wählte, und schwang sich über die Balustrade. Die einzelnen Gebäude des Wohnkomplexes waren ineinander verschachtelt und die Flachdächer gingen in Stufen ineinander über.
Tyler erreichte den oberen Treppenabsatz, der vom Hof zu Sadiqs Arbeitsbereich führte. Eine Wache verharrte dort mit starrem Blick im gedimmten Licht einer Lampe. Der breitschultrige Mann hielt eine MP5k mit beiden Händen vor der Brust. Die kompakten Maschinenpistolen von Heckler und Koch waren bei den Islamisten wegen der leicht zu beschaffenden Munition sehr beliebt.
Adrian riskierte kein offenes Feuergefecht, sondern nahm den Hinterkopf des Wächters über die Kimme seiner Automatik ins Visier. Aus seiner verdeckten Position drückte er ab. Der Kopf des Afrikaners wurde zur Seite gerissen. Wie vom Blitz getroffen knickten seine Knie ein und er kippte zur Seite. Dabei schlug die Maschinenpistole hart auf den Holzboden auf.
Tyler verlor keine Zeit. Er stieß die Tür auf und hielt die Beretta im Anschlag. In dem abgedunkelten Raum konnte er den Schatten eines Mannes vor dem hell leuchtenden Monitor erkennen.
Der Mann am Schreibtisch fuhr herum. Seine Hand zuckte über die Tischplatte und langte nach einem bereitliegenden Revolver. Adrian drückte ab. Das Projektil durchschlug den rechten Unterarm des Mannes.
Dieser schrie heiser auf und krümmte sich in seinem Ledersessel.
»Anta Sadiq, na'am?« 1 , fragte Adrian auf Arabisch.
»Man anta?«, keuchte Sadiq. »Mahboul! ... ma turidu?« 2 Er presste seine linke Hand gegen die blutende Wunde und spuckte aus.
»Ich habe leider keine Zeit für Konversation. Ich möchte nur an Ihren PC«, meinte Tyler mit gespielter Freundlichkeit, wobei er den Lauf seiner Waffe auf den Kopf des Mannes richtete.
Der Araber lachte unterdrückt auf und schnaufte.
»Wer sind Sie? CIA, Seals, SAS? Egal, wer Sie sind, Sie sind tot! Sie sind gleich verdammt tot!« Der Schweiß rann in Strömen über die dunkle Haut des Mannes. Die Schusswunde bereitete ihm Höllenqualen.
»Sehr gut möglich. Aber davon werden Sie nichts mitbekommen.«
Tyler schlug mit dem Kolben der Beretta hart gegen die Schläfe des Waffenhändlers. Dieser sackte besinnungslos in seinem Sessel zusammen. Er hatte nicht den Auftrag, den Mann zu töten, aber er war nicht bereit, das Risiko einzugehen, dass der Araber um Hilfe rief. Adrian schob den Stuhl zur Seite und beugte sich über den PC. Er öffnete den Klettverschluss an einer Tasche an der Hose und zog einen USB-Stick hervor.
Mit einem Seitenblick vergewisserte er sich, dass Sadiq sich nicht bewegte, und steckte den Speicherstick ein. Adrian sah, dass das E-Mail-Programm bereits lief. Er hatte keine Zeit, sich die Betreffzeilen durchzulesen, sondern markierte alle eingegangenen und versendeten Mails und kopierte sie samt Anhängen auf den Stick.
Das kleine Fenster für den Datentransfer erschien. Quälend langsam füllte sich der grüne Balken.
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